Bodyfinder - Das Echo der Toten
er sie an.
Dann kam Violet wieder zu sich, versuchte immer noch zu verstehen, was gerade geschehen war. »Ich … äh, ich glaub, es ist nichts passiert, danke«, stammelte sie und fragte sich, warum ihr Schädel so brummte.
Vorsichtig ließ der Mann sie los, bereit sie erneut aufzufangen, falls sie sich doch nicht auf den Beinen halten konnte.
Unsicher machte sie einen Schritt zurück und sah, dass der Mann unter seiner orangefarbenen Weste die Uniform der Polizei von Buckley trug. Er war einer der Mitarbeiter ihres Onkels.
Sein Gesicht kam ihr allerdings nicht bekannt vor, und im Stillen hoffte sie, dass er auch nicht wusste, wer sie war.
»Tut mir leid«, sagte sie lahm.
»Kein Problem.« Er zog eine Augenbraue hoch. »Haben Sie etwas gefunden?«
Violet hatte plötzlich das Gefühl, dass sie diesem Mann nichts erzählen sollte, und wunderte sich über das Misstrauen,das sie ihm gegenüber empfand. »Nein, nein«, wehrte sie schnell ab, »ich wollte nur … gleich los.«
Er schaute sie an, und sie fragte sich, ob er ihr glaubte.
Sie erwiderte seinen Blick und setzte ein, wie sie hoffte, überzeugendes Lächeln auf. »Vielen Dank auch, dass Sie mich aufgefangen haben.«
Er lächelte ebenfalls und klopfte ihr auf die Schulter. Da merkte sie, woher ihr Unbehagen rührte. Das Brummen in ihrem Kopf ging von dem Polizisten aus. Er trug ein Zeichen des Todes an sich – nicht weiter ungewöhnlich für jemanden, der in seinem Job eine Waffe benutzte.
»Gern geschehen«, sagte er. »Lassen Sie es ein bisschen ruhiger angehen.«
Violet dankte ihm noch einmal und setzte so lässig wie möglich ihren Weg fort. Sie versuchte, ruhiger zu wirken, als sie sich fühlte, während sie sich darauf konzentrierte, Brookes Echo wieder aufzuspüren. Als sie sicher war, dass der Polizist sie nicht mehr sehen konnte, lief sie zügiger.
Und dann, viel schneller als erwartet, war das Echo plötzlich ohrenbetäubend laut.
Violet verlangsamte ihren Schritt. Sie fing an zu zittern. Adrenalin durchströmte ihren Körper. Sie wusste, dass der Mörder in der Nähe sein musste. Und erst jetzt fragte sie sich, was sie tun sollte, wenn sie ihm gegenüberstand.Schnell schob sie den Gedanken beiseite. Ihr würde schon etwas einfallen.
Sie schaute sich um. Ein freiwilliger Helfer eilte an ihr vorbei, aber von ihm ging das Zeichen des Todes nicht aus.
Jetzt betrat sie eine kleine Tannenschonung. Um sie herum wuchsen riesige Farne auf dem feuchten dunklen Waldboden in die Höhe.
Ihr kamen andere Helfer entgegen, denen sie nur kurz zunickte. Laute Stimmen ertönten, aber dennoch konnte Violet den Klang von Brookes Echo deutlich heraushören.
Als Erstes sah sie den ölig-schimmernden Film, der auch auf dem See ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Er schien den Körper des Mannes wie eine zweite Haut zu umgeben, sodass Violet sich zunächst geblendet abwenden musste.
Von einem Moment auf den anderen waren ihre Atemwege zugeschnürt.
Ihr wurde schwindelig.
Das war es.
Brookes Zeichen. Doch da waren noch mehr Echos, deren Intensität so stark waren, dass sie Violet zum Taumeln brachten. Es waren so viele, dass sie sie nicht auseinanderhalten konnte. Der Mann trug sie wie ein Leuchtfeuer an sich.
Sie musste sich an einem Baumstamm festhalten, um nicht zu Boden zu stürzen.
Inmitten einer Gruppe aus Freiwilligen stand er mit dem Rücken zu ihr. Wie die anderen Helfer trug er eine orangefarbene Weste. Er hatte sich der Suche nach Mackenzie Sherwin angeschlossen. Wozu?
Er drehte sich zur Seite, und jetzt sah Violet einen Teil seines Gesichts. Im Gegensatz zu allen anderen war seine Miene ausdruckslos und unbeweglich. Niemandem sonst schien das zu aufzufallen, alle waren zu beschäftigt. Und dieser Mann gehörte nicht zu den Menschen, die die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Er war weder jung noch alt, weder hübsch noch hässlich. Er ging in der Menge unter.
Violet wartete darauf, dass irgendetwas passierte. Der Mann rührte sich jedoch nicht von der Stelle. Lediglich sein Kopf bewegte sich langsam nach rechts und links.
Und plötzlich begriff Violet und sie wunderte sich, dass es ihr nicht schon vorher aufgefallen war.
Wie eine zweite Aura umgab den Mann ein stumpfes Grün, das den öligen Glanz auf seiner Haut zu durchdringen schien. Es stieg vom Boden zu ihm auf und breitete sich wie eine schillernde Wasserlache um seine Füße herum aus. Es ging von der Stelle aus, die er bewachte.
Da lag ein Mädchen.
Deshalb war er hier unter den
Weitere Kostenlose Bücher