Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika
Lastwagenfahrer beendet.
Wir kehren erleichtert zur Normalität zurück. Und schätzen diese umso mehr.
„Ich habe in der Zeitung gelesen, dass es vorgestern eine Schiesserei gab in Johannesburg. Habt Ihr die Schüsse gehört?“ fragt meine Mutter am Telefon.
„Nein, wir haben nichts gehört. Johannesburg ist eine Millionenstadt, wenn das nicht bei uns in der Nähe war, dann können wir weder was hören noch was sehen – zum Glück!“
„Und, wie geht es den Jungs?“
„Prima! Max ist fröhlich, wie immer, und geniesst den Trubel in der Krippe richtig. Nur schläft er nicht mehr so gut, er hat sich wohl noch nicht an sein neues Bett gewöhnt.“
„Und Timmi?“
„Ihm gefällt es ausgezeichnet in der neuen Krippe, und er versteht mittlerweile schon richtig gut, wenn man englisch mit ihm spricht. Mit Clara geht das zum Beispiel bestens. Aber selber spricht er noch nicht viel. Oder ich verstehe ihn nicht, wie neulich, als er auf dem Weg zum Spielplatz „Kahkami“ rief – ich hatte keine Ahnung, was er meint!“
„Hast Du’s rausgefunden?“
„Ja, es heisst „ Car coming “, ein Auto kommt. Eigentlich ganz korrekt, aber ich war halt gar nicht gefasst darauf, dass er englische Worte benützt!“
„Spricht Lukas im Büro eigentlich immer englisch?“
„Zum grössten Teil schon. Mit den Kollegen aus der Schweiz spricht er deutsch, aber nicht mal immer, stell’ Dir vor! Manchmal, sagt er, fällt es ihm leichter, in englisch übers das Geschäft zu sprechen. Weil ihm die Fachwörter geläufiger sind in englisch als in deutsch.“
„Ich hoffe nur, dass ihr immer noch deutsch sprecht mit Tim und Max, sonst verstehen die Jungs uns am Ende gar nicht mehr! Sonst sprechen sie nur noch englisch und holländisch!“
„Nicht holländisch, afrikaans. Das hat sich aus dem Holländischen entwickelt. In der Schweiz habe ich ja jahrelang „Sky Radio“ gehört, den holländischen Sender, und mit der Zeit auch ein bisschen was verstanden. Aber wenn zwei miteinander Afrikaans sprechen, dann verstehe ich nix. Nur wenn ich einen Text in Afrikaans geschrieben sehe, dann kann ich einigermassen verstehen, worum es geht.“
„Aber Deine Maid spricht englisch, mit den Jungs und Dir, gell?“
„Oh ja, wir sprechen englisch miteinander. Sie kann aber noch ein paar andere Sprachen, wie die meisten Südafrikaner – Südafrika hat ja 11 Nationalsprachen. Und Clara kann sogar ein bisschen Schweizerdeutsch! Zumindest die wichtigen Wörter wie Nuggi , Schoppen , Zmittag , Velo ... Und Lukas und ich sprechen immer schweizerdeutsch mit den Jungs.“
„Ach, also, dass Ihr so weit weg ziehen musstet und Euch dann darüber freut, dass jemand ein bisschen deutsch spricht! Hier hat es jede Menge Leute, die prima deutsch reden!!“
„Mama, uns gefällt es hier!!“
... und dann ganz schnell tief Luft holen, „ommm“ denken, und sich auf die Zunge beissen... Ich will jetzt nicht streiten. Nur ganz schnell das Telefongespräch beenden, damit ich immer noch anständig bleibe und keine giftigen Bemerkungen mache.
Meine Mama. Jetzt fühle ich mich natürlich wieder super. Ich verstehe sie ja: Wir haben ihre Enkelkinder in das südlichste Land Afrikas entführt, 10 Flugstunden von der Schweiz entfernt, wo man höchstens einmal im Jahr hinfliegt. Wenn überhaupt.
Aber ich weiss, dass sie mich auch versteht: Dass Lukas und ich die Art Leben leben müssen, die zu uns passt.
Auch uns schmerzt, was und vor allem wen wir zurück gelassen haben.
7
Aus einer Mücke einen Elefanten gemacht
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„Mama, wann gehen wir endlich auf Safari?“
Mittlerweile sind wir schon mehr als zwei Monate in Südafrika, da brennt natürlich nicht nur unser Sohn darauf, endlich einmal in den berühmten afrikanischen Busch zu kommen. Im Nordosten Südafrikas, an der Grenze zu Mosambik und Simbabwe, befindet sich der grösste Nationalpark des Landes, der Krügerpark: Etwa so gross wie Portugal, und die afrikanischen Tiere bewegen sich völlig frei darin. Da wollen wir hin!
„An der Westgrenze des Krügerparks haben sich private Tierreservate gebildet, die gegen aussen streng eingezäunt, gegenüber dem Nationalpark aber offen sind“, doziert Joylin, die Dame vom Reisebüro, ein bisschen wie der runde Roboter bei Star Wars, und fährt fort:
„Die Eigentümer führen dort kleine Safari-Hotels, die man Game Lodge nennt.“
Ich übersetze das für mich mit Grosswild-Jagdhaus.
„Da werden die Tiere gejagt??“
„Aber nein, im
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