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Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika

Titel: Boerewors und Chardonnay: Ein Jahr in Südafrika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Brühwiler
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bundesrätlichen Ansprachen, Handorgelmusik, langen lauen Sommerabenden draussen unter Lampions...
    Lukas und ich haben Glück, wir werden zur 1. August-Feier in ein kleines Stück Schweiz eingeladen: In die Residenz des Schweizer Botschafters. Wie die schweizerische Botschaft gilt auch die Residenz als schweizerisches Territorium, wo Schweizer Recht anwendbar ist. Ein Stückchen nutzloses Wissen, mit dem mich ein anderer Gast während dem Empfang füttern wird.
    Wir machen uns auf den Weg in die Hauptstadt Pretoria und haben am Ende der rund dreissigminütigen Fahrt keinen Zweifel darüber, dass wir die Residenz des Schweizer Botschafters erreicht haben: Eine grosse Villa, in einer Strasse mit eleganten schattenspendenden Bäumen, unter polizeilicher Bewachung und mit einem unmissverständlichen Duft nach geschmolzenem Käse.
    Im Entrée stehen das Botschafter-Ehepaar und einige Mitarbeiter der Botschaft samt Partner zur Begrüssung bereit, wir schütteln allen die Hände und finden uns dann wieder auf einer grosszügigen Veranda mit Blick auf den Garten: in der Mitte ein blauer, kühl aussehender Pool, daneben abfallende grüne Wiesenflächen zwischen blattlosen Jacaranda-Bäumen und rosa Bougainvilleas. Im strahlenden Sonnenschein stehen Grüppchen von formell gekleideten Menschen herum, die aber nicht alle schweizerisch aussehen. Wie wir herausfinden werden, setzt sich die Gästeschar zusammen aus Angehörigen anderer Botschaften (und somit Nationen) und Schweizern, die in Pretoria und Umgebung wohnen. Unter den Flaggen der Schweiz und Südafrikas steigen wir die Veranda-Treppe hinunter und mischen uns unter die Gäste, von denen Lukas zum Glück schon einige kennt, aus dem Swiss Business Council. Mitarbeiter von Nestlé, Swiss International Airlines, ABB... Doch, es hat durchaus ein bisschen s wissness - nebst dem Weisswein, dem Bündnerfleisch und den Blätterteig-Käsestängeln, die zum Apéro gereicht werden.
    Das vorherrschende Thema in den Gesprächen ist die Tatsache, dass sich Benin doch tatsächlich den 1. August für seine eigene Feier geschnappt hat, so dass wir armen Schweizer uns dieses Jahr am 31. Juli in Pretoria zum Feiern einfinden müssen. Prima Smalltalk-Thema, bei dem man nichts falsch machen kann.
    Im formellen Teil der Feier lauschen wir den Ansprachen des Schweizer Botschafters, eines Vertreters der südafrikanischen Regierung, und schliesslich der schweizerischen Landeshymne ab Band, in die der Botschafter mutig am Mikrofon einstimmt, während wir auf dem Rasen nach einem nervösen Blick auf unsere Nachbarn vor uns hinsummen und auf unsere Füsse starren.
    Der nächste Programmpunkt ist das Mittagessen in Form von Raclette , geschmolzenem Käse mit Pellkartoffeln, das wir uns in zwei endlosen Warteschlangen geduldig erwarten müssen. Zumindest gibt uns das Zeit, um eine Strategie zu entwerfen, wie wir nachher unser Weinglas balancieren und den geschmolzenen Raclette -Käse samt Pellkartoffeln und Silberzwiebel im Stehen vertilgen wollen. Ich empfehle, das Weinglas leer zu trinken und zu deponieren. Die perfekte Lösung, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden.

    Unseren Nationalfeiertag habe ich als Anlass genommen, um mich in die Geschichte Südafrikas einzulesen. Wie es sich gehört für die Rainbow Nation , die Regenbogen-Nation, ist auch ihre Geschichte farbig:

    Es war einmal ein Land, in dem braune Buschmänner als Jäger und Sammler durch den Busch zogen und in das schwarze Bauern mit ihrem Vieh einwanderten. Später landeten in Kapstadt weisse Siedler, die ihre gelben Sklaven aus den holländisch-malaysisch-indonesischen Kolonien mitbrachten.

    Die braunen Hottentotten und Buschmänner, heute Khoikhoi und San genannt, befinden sich seit Jahrhunderten zwangsläufig auf dem Rückzug. Die Einwanderung der Europäer beschleunigte diesen Prozess nur, denn die weisse Siedlung dehnte sich von Kapstadt immer weiter und weiter ins Land aus, und die Weissen betrachteten sich als Besitzer des von Ihnen in Anspruch genommenen Landes und duldeten keine „Landstreicher“ darauf. Zudem drängten aus der Region des heutigen Simbabwe weitere afrikanische Stämme in das Gebiet des heutigen Südafrika, worauf mehr Weideland für das Vieh in Anspruch genommen wurde, und auch diese Bauern duldeten keine Jäger und Sammler in ihrem Gebiet. Während das zahlenmässig bescheidene Volk der Khoikhoi durch Pockenepidemien, Kämpfe und gemischte Ehen mit Schwarzen praktisch verschwunden ist,

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