Böse Dinge geschehen
wirklich?«
»Natürlich stammen meine Daten nur hier aus Ann Arbor. Vielleicht werden in anderen Städten andauernd Verleger aus dem Fenster gestoßen.«
»Daran habe ich keinen Zweifel«, sagte Elizabeth. »Aber im |86| Moment interessiert mich etwas eher Prosaisches. Vandalismus, speziell gegen Autos. Aufgeschlitzte Reifen, zerkratzter Lack.«
»Das kann ich Ihnen raussuchen«, sagte Alice. »Kein Problem.«
Elizabeth gab ihr einen Stapel Unterlagen. »Was immer Sie finden, es muss mit dieser Liste abgeglichen werden. Diese Leute stehen in Verbindung mit Kristolls Zeitschrift
Gray Streets
. Sie könnten die Opfer von Vandalismus sein, aber auch die Täter.«
»Ganz egal«, sagte Alice. »Wenn sie eins von beiden sind, stehen sie in der Datenbank.«
»Meinen Sie, Sie schaffen es bis heute Nachmittag?«
»Eine Stunde genügt mir.«
|87| 10
Valerie Calnero trug eine Brille mit schwarzem Plastikgestell, die eine wirkungslose Verkleidung darstellte und lediglich ein Mittel war, um ein wunderschönes Mädchen unscheinbar erscheinen zu lassen.
Die Frau hatte die Figur eines Starlets, die Beine eines Models. Sie hatte eine sanfte hohe Stirn und lange rotbraune Locken. Ihre Nase war ein klein bisschen zu lang – eine Nase, bei der ein Schönheitschirurg vielleicht versucht gewesen wäre, korrigierend einzugreifen, nur um es hinterher ewig zu bereuen. Ihre Haut war blass und rein, ihre Lippen waren voll.
Sie empfing Elizabeth und Carter Shan an der Tür und führte sie in eine schlichte Wohnung. Sie trug einen himmelblauen Rock und eine einfache weiße Bluse.
»Ich habe Sie schon einmal gesehen«, sagte sie zu Elizabeth. »Am Samstag bei den Kristolls. Sie sind gekommen, um mit Laura zu sprechen.« Sie nahm auf einem dick gepolsterten Sofa Platz und bot Elizabeth einen Stuhl an. Shan setzte sich auf eine der Sofalehnen.
»Da waren Sie allein«, sagte Valerie Calnero. »Jetzt kommen Sie zu zweit und wollen mit mir über mein Auto reden. Ist das ein Trick?«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich Sie richtig verstehe«, erwiderte Elizabeth.
»Tom Kristoll ist tot. Aber deswegen sind Sie gar nicht hier. Sie sind hier, weil jemand vor einigen Monaten den Lack meines Autos zerkratzt hat. Also muss ich mich fragen: Ist das ein Trick? Manchmal machen Sie so etwas, oder? Sie erzählen jemandem, |88| Sie wollen mit ihm über eine bestimmte Sache reden, und in Wirklichkeit wollen Sie ihn über etwas anderes befragen.«
Shan zauberte ein entwaffnendes Lächeln auf sein Gesicht. »Wir versuchen nicht, Sie reinzulegen. Ich wäre vielleicht versucht, aber Detective Waishkey würde sich nie auf so etwas Hinterhältiges einlassen.«
»Dann sind Sie der Böse, und sie ist die Gute?«
Er lachte unbeschwert. »Da haben Sie uns aber schnell durchschaut.«
»Wir sollten ein paar Dinge klären, wenn das geht«, sagte Elizabeth. »Sie sind eine Freundin der Kristolls.«
»Ich studiere bei Laura«, sagte Valerie. »Sie ist meine Betreuerin. Aber ich sehe mich gern auch als ihre Freundin.«
»Und Sie waren Praktikantin bei
Gray Streets
.«
»Ja, letztes Frühjahr.«
»Und letztes Frühjahr hat jemand Ihr Auto beschädigt.«
»Der- oder diejenige hat ein Wort in die Kühlerhaube gekratzt. Ich glaube, es war ›Schlampe‹.«
»Hatten Sie zu dem Zeitpunkt irgendeine Vorstellung, wer das gewesen sein könnte?«
»Ich nehme doch an, dass Sie den Bericht gelesen haben. Der Beamte, mit dem ich gesprochen habe, hat mir diese Frage auch gestellt. Ich habe verneint.«
Die Frau hatte inzwischen eine abwehrende Haltung eingenommen. Sie saß mit hochgezogenen Schultern und zusammengepressten Knien da, die Hände lagen im Schoß.
»Wir glauben Folgendes, Valerie«, sagte Elizabeth. »Nehmen wir mal an, Sie wollten gar keine Anzeige erstatten. Sie wollten nur, dass Ihr Wagen neu lackiert wird. Aber die Versicherung zahlt nicht ohne eine Anzeige. Also haben Sie Anzeige erstattet. Als der Beamte Sie gefragt hat, wer das getan haben könnte, waren Sie vielleicht nicht sicher, aber Sie hatten eine Vermutung. Sie wollten aber niemanden in Schwierigkeiten bringen. Also sagten Sie, Sie wüssten es nicht.«
|89| Valeries Finger nestelten an ihrem Rocksaum herum. »Wenn das so war, warum sollte ich jetzt irgendetwas anderes sagen wollen?«
»Weil wir das wissen müssen«, sagte Elizabeth.
»Ich verstehe. Dann hat das also wirklich etwas mit dem Mord an Tom zu tun. Aber wenn ich damals niemanden in Schwierigkeiten bringen wollte, dann gilt das
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