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Böse Dinge geschehen

Böse Dinge geschehen

Titel: Böse Dinge geschehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Dolan
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sagte Loogan, »jetzt, nach allem, was geschehen ist, die Stadt zu verlassen? Das wirkt doch wie ein Schuldeingeständnis.«
    |238| »Warum sollte es das?«, erwiderte Valerie. »Wenn jemand überprüfen will, warum ich abgereist bin, wird er herausfinden, dass ich an der Universität um ein Freisemester gebeten habe. Wenn er dann mit Laura Kristoll spricht, wird er erfahren, dass ich in den letzten Monaten mit der Arbeit an meiner Dissertation unzufrieden war. Man versucht verzweifelt, seinen Enthusiasmus für die schottischen Dichter des fünfzehnten Jahrhunderts aufrechtzuerhalten. Aber nach Toms Tod und Adrians Selbstmord wurde es einfach unerträglich. Manchmal braucht man einfach eine Pause, man muss einen Schritt zurücktreten, sich wieder eine neue Perspektive verschaffen.«
    »Und was ist mit der Erpressung?«, sagte er. »Nehmen wir mal an, jemand kümmert sich darum? Nehmen wir mal, er redet mit dem Angestellten, der Ihnen ein Postfach in Chicago vermietet hat?«
    Über ihr Gesicht huschte die Andeutung eines Lächelns. »Dann wünsche ich demjenigen viel Glück. Manchmal sind diese Angestellten allzu sorglos. Ich hatte mal mit so einem zu tun – der hat sich überhaupt nicht an die Vorschriften gehalten. Sie sollen sich den Führerschein zeigen lassen und die Nummer notieren, aber ich hatte meinen an dem Tag schlicht vergessen. Also hat er mir einen Gefallen getan. Er fand wohl, ich sähe ganz nett aus. Manche Männer sind ja bei so was richtig süß. Aber falls er mich je bei einer Gegenüberstellung identifizieren müsste – na ja, vielleicht durfte er ja mal einen Blick in meine Bluse werfen. Ich glaube nicht, dass er sich an mein Gesicht erinnern kann.«
    Ihr Körper beugte sich vor, und ihre Finger legten sich reflexartig an ihren offenen Blusenkragen. Loogan beobachtete, wie sie die Kuhle unter ihrer Kehle berührten.
    »Schauen Sie, ich finde es wirklich bewundernswert«, sagte sie leise. »Sie wollen herausfinden, wer Tom getötet hat. Ich wünschte, er lebte noch. Ich wünschte, Adrian lebte noch. Ich wünschte, nichts von alledem wäre passiert. Aber jetzt kann ich nichts mehr daran ändern. Ich kann Ihnen nicht helfen.«
    |239| Er stellte seine Beine wieder nebeneinander. Die Mündung des Revolvers schabte über den Teppichboden.
    »Das genügt mir nicht. Wenn Sie mir nicht sagen wollen, was in der Aktenkiste war, dann muss ich selbst danach suchen.«
    »Sie werden es nicht finden«, sagte sie. »Was auch immer in der Kiste war, ist schon lange weg.«
    »Das werden wir ja sehen. Wir können gleich anfangen, mit denen da.« Er zeigte auf die Taschen unterm Tresen. »Dann gehen wir runter und schauen in den Wagen. Ich habe den ganzen Tag Zeit.«
    »Ich nicht«, sagte sie. »Ich muss los.«
    Sie wollte sich vom Sofa erheben, aber er sprang auf, packte sie an der Schulter und drückte sie zurück.
    Ihre Brille war auf ihrer Nase heruntergerutscht, und er sah zum ersten Mal, als sie jetzt zu ihm aufschaute, deutlich ihre Augen. Sie waren hart, dunkel und hielten seinem Blick stand.
    »So ist es besser«, sagte sie. »Sie waren vorher viel zu sanft, aber jetzt kann ich sehen, dass Sie auch nur so ein Tier sind.«
    »Sitzen bleiben.« Er fischte ihre Aktentasche unter den anderen Taschen hervor und stellte sie auf die Kiste zwischen ihnen.
    »Dann fangen wir mal hiermit an«, sagte er. »Dafür braucht man einen Schlüssel. Wo ist er?«
    »In meiner Tasche«, sagte sie.
    »Her damit.«
    »Warum?«
    »Ich habe eine Waffe.«
    »Sie richten sie aber gar nicht auf mich.«
    Er hielt den Revolver in einer Hand und richtete den Lauf auf ihre Knie.
    »Das sieht schon eher danach aus«, sagte sie, »aber Sie würden mich doch nicht wirklich erschießen, oder?«
    »Ich bin ein gefährlicher Irrer«, sagte er. »Vorgestern Nacht habe ich einen Mann erstochen.«
    |240| Sie griff in ihre Jacketttasche und holte einen Schlüsselbund heraus.
    »Werfen Sie her«, forderte er sie auf.
    Ihre Faust schloss sich um einen kleinen schwarzen Zylinder, der an der Schlüsselkette befestigt war. Ihr Daumen tastete nach dem einen Ende.
    »Pfefferspray«, sagte sie. »Jetzt sind wir quitt.«
    Er verzog sein Gesicht zu einer grimmigen Maske und zielte mit der Waffe, die er jetzt mit beiden Händen hielt, auf ihre Brust. »Geben Sie mir die Schlüssel«, sagte er.
    Valerie Calnero stand langsam vom Sofa auf und fixierte ihn mit ihren dunklen Augen. Die Mündung schwebte nur Zentimeter von ihrer Brust entfernt. An der Seite

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