Böse Freundin (German Edition)
viel los.» Er grinste. «Deine Mutter kommt dafür später. Wir können uns was bestellen, oder sonst ist auch noch ein Auflauf im Gefrierschrank.»
«Isst sie denn nicht mit?»
Warren zuckte mit den Schultern. «Sie hat nur gesagt, sie schafft es nicht rechtzeitig, um Essen zu machen. Na, was meinst du?»
«Auflauf ist doch gut.» Celia musterte das Gesicht ihres Vaters, suchte nach Hinweisen. «Klang sie denn – so weit okay?»
«Aber ja», sagte er. «Es tut ihr schrecklich leid, dass sie nicht kommen kann, aber es gab wohl einen Zwischenfall mit einem ihrer Schüler, und sie mussten in letzter Minute eine Besprechung ansetzen. Sie lässt dich ganz lieb grüßen.»
Er sah weg, und das verriet Celia, dass ihre Mutter ihm alles erzählt hatte.
Sie verlor ihr Gespür: Früher hätte sie es auch ohne dieses Verhalten ihres Vaters gewusst. Seit sie mit Huck zusammenlebte, beherrschte sie die Familiensprache nicht mehr fließend, hatte sich ihr Blick für den leicht angespannten Zug um einen Mund getrübt. Ohne Übung verkam ihr Gehör für die unbestimmten, peinlich berührten und ausweichenden Untertöne. Dass Huck dergleichen subtile Zeichen überhaupt nicht wahrnahm, hatte fast zum Bruch zwischen ihnen geführt. Ein gewisser Blick zusammen mit einem «Nein, alles okay» sagte ihm gar nichts. Er war blind für den Unterschied zwischen einem pflichtschuldigen und einem aufrichtigen Lächeln. Fühlte er sich in der Defensive, wurde er laut und polterte los, ohne seine Worte vorher abzuwägen. Für ihn waren das vollkommen akzeptable Kommunikationsformen und nicht etwa, wie man Celia beigebracht hatte, dasselbe wie splitternackte Auftritte in der Öffentlichkeit, nur auf stimmlicher Ebene.
Sie ging nach unten zu ihrem Vater, der gerade seinen Mantel aufhängte. Sie verharrten zögerlich auf Umarmungsabstand.
«Na», sagte er und tätschelte ihr die Schulter. «Was hast du so getrieben?»
Sie küsste ihn auf die Wange; zarte Haut, weich wie ein gedörrter Pfirsich. Ein Anzeichen des Alters, das sie traf wie ein unerwarteter Seitenhieb – das Gesicht ihres Vaters war brüchig geworden.
«Hauptsächlich im Internet recherchiert», sagte sie. «Namen eingetippt und versucht herauszufinden, wo sie alle hin sind.»
«Und, Erfolg gehabt?»
«Ein bisschen.»
Warren nickte. «Schön, dass jemand mit der Maschine was Vernünftiges anfangen kann.»
Im Rahmen einer Qualitätsprüfung von Rehabilitationseinrichtungen für Veteranen hatte Celias Team einen ganzen Schwung schicker neuer Computer entdeckt, die langsam einstaubten, ohne jemals installiert worden zu sein, während das Verwaltungspersonal weiterhin mit uralten, lahmen Kisten und Floppy Discs arbeitete. Der Spezialist, der die Leute in das neue System einweisen sollte, war nach Kalifornien gezogen. Für Celia bestand eine der heikelsten Aufgaben darin, ihre Ergebnisse so zu formulieren, dass sie nicht zu harsch klangen – obwohl sie dank ihrer Erziehung eigentlich optimal darauf vorbereitet war, Euphemismen von sich zu geben. Neue Ausstattung noch nicht optimal genutzt , hatte sie geschrieben. Entsprechende Schulung für das Personal höchst wünschenswert.
Sie folgte ihrem Vater in die Küche; ihre gespiegelten Profile verdunkelten die Porträts an der Fotowand wie vorüberziehende Wolken. «In letzter Zeit haben wir überlegt, ob wir das Zimmer nicht für Daniel herrichten sollen», sagte er. «Frisch streichen, neue Vorhänge, Spielzeug in die Regale.»
Seit sie Josies Mutter im Telefonbuch gefunden hatte, trug Celia ihr Handy in der Hosentasche mit sich herum. Bei jeder Beinbewegung spürte sie es leicht verrutschen und dachte: Jetzt.
«Bleibt Mommy oft länger im Büro?»
Ihr Vater öffnete den Gefrierschrank und entnahm ihm eine milchig angehauchte Auflaufform. «Eigentlich nicht, aber sie kann eben schlecht nein sagen. Die Schule nominiert sie jedes Jahr als beste Beraterin für so einen bundesweiten Preis. Sie hat zwar noch nie gewonnen, aber die Nominierung ist doch auch schon was, oder?»
Die Auflaufform landete mit einem dumpfen Knall auf der Arbeitsplatte: ein gefrorener Backstein aus Essen. Warren beäugte ihn argwöhnisch. «Ich finde es toll, wie ihr euch den Küchendienst aufteilt, Huck und du», sagte er. «Auch wenn ich sagen würde, dass deine Mutter und ich für unsere Generation recht fortschrittlich sind, aber an euch zwei oder auch an Jeremy und Pam reichen wir nicht heran. Dein Bruder war einfach großartig, als Daniel auf
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