Böse Freundin (German Edition)
Das Wort prallte von der Windschutzscheibe ab, ließ Celias Erbitterung umso lauter klingen. Die zerschlagenen Hoffnungen dieses Tages hatten sie zu der kindischen Annahme verleitet, dass jemand, den sie liebte, im Gegenzug für diese Liebe fähig sein müsste, ihre Gedanken zu lesen. «Ich wollte einen Beweis», sagte sie. «Dass ein Mädchen nach einem Sturz verschwindet, klingt nicht annähernd so überzeugend, wie dass ein Mädchen zu einem Fremden ins Auto steigt und verschwindet – und deswegen war mir klar, dass ich den Brunnen finden musste.»
Die Worte auszusprechen fühlte sich an, als würde sie ein kleines, zartgliedriges Kind aussetzen.
«Ich erinnere mich, am Telefon hast du von einem Brunnen gesprochen», sagte Huck.
«Von einem verlassenen Brunnen», verbesserte sie ihn. «Und schau mich nicht so an.»
«Wie denn?»
«Keine Ahnung. Als ob ich aus irgendwas Zerbrechlichem wäre und du mich auf Risse untersuchst.»
Huck seufzte. «Du sprichst gerade mit mir, Celia. Und wenn du mit mir sprichst, schaue ich dich an.»
«Schon klar. Ich will einfach bloß, dass du mir glaubst.»
«Erzähl mir mehr von dem Brunnen», bat er. «Von dem verlassenen Brunnen, meine ich.»
«Ich gehe es in Gedanken immer wieder durch, und es ist das Einzige, was einen Sinn ergibt. Es könnte doch ohne weiteres ein Brunnen übrig geblieben sein, von jemandem, der früher mal dort gelebt hat, oder aus einer Zeit, als das Waldstück zu einem größeren Anwesen gehörte. Das würde erklären, warum es so abrupt passiert ist, warum Djuna nach ihrem Sturz keinen Laut von sich geben und auch nicht wieder aufstehen konnte.»
«Und du hast gehofft, etwas in der Art zu finden.»
Es gefiel ihr nicht, wie sanft seine Stimme geworden war. «Das ist doch wohl nicht total verstiegen, oder? Ich meine, wenn sie nicht die Bäume gefällt und das Ganze planiert hätten, wäre der Brunnen womöglich noch da. Ich hätte ihn Becky zeigen können oder Leanne oder Josie oder sogar meinen Eltern. Jedem, der es sehen sollte.»
«Und du meinst nicht», sagte er gedehnt, «dass die Polizei so etwas schon früher gefunden hätte? Damals, gleich nach Djunas Verschwinden, als die vielen Suchtrupps unterwegs waren?»
Celia umfasste das Lenkrad noch fester. «Das habe ich durchaus in Betracht gezogen», sagte sie. «Und nein, Huck, das meine ich nicht.»
Sie fuhren wieder auf die Straße, Celia mahlte mit dem Kiefer, Huck nagte an seiner Unterlippe.
«Was ist denn dann deiner Ansicht nach passiert?», fragte er schließlich. «Mit dem Brunnen, meine ich.»
«Ich nehme an, sie haben ihn zugeschüttet», sagte sie. «Entweder als sie die Straße ausgebaut haben oder schon irgendwann vorher. Wenn es davor war, mussten sie vielleicht schnell zu Werk gehen und haben gar nicht groß hineingeguckt. Und selbst wenn es korrekt abgelaufen ist und sie ihn vor dem Zuschütten ausgeräumt haben, gab es da wahrscheinlich nichts Nennenswertes mehr, was sie hätten finden können. Jedenfalls nicht, sofern sie nicht eigens danach gesucht haben und das Loch die ganze Zeit den Elementen ausgesetzt war, schon gar nicht, wenn Wasser darin stand.»
Sie glaubte ihn aus dem Augenwinkel nicken zu sehen.
«Hast du von dieser Theorie schon deinen Eltern erzählt?», fragte er.
«Ich bin ja erst heute Morgen da hingefahren», sagte sie. «Außerdem will ich ihnen erst was sagen, wenn ich überzeugende Beweise habe. Und da der Wald weg ist, werde ich wohl warten müssen, bis ich mit Josie oder mit Leanne gesprochen habe.»
Ihr Kiefer tat so weh, als hätte sie stundenlang Kaugummi gekaut. Sie hätte nicht sagen können, ob sie sich vernünftig oder verzweifelt anhörte.
«Wie wär’s morgen», schlug Huck vor, «wenn dein Bruder da ist?»
«Ich warte immer noch auf den Rückruf von Mrs. Linke», sagte sie. «Ich würde gern erst mit Josie und mit Leanne reden, bevor ich zu Djunas Mutter fahre. Ich hab mir gedacht, ich schaue morgen vor dem Brunch bei Leanne vorbei und hebe mir Mrs. Pearson für den Feierabend auf.»
«Heißt das, bei deinem E-Mail-Vorstoß bei Leanne ist etwas herausgekommen?»
«Nein», sagte Celia. «Aber ich weiß, wo sie wohnt.»
«Halt, stopp.» Huck schüttelte den Kopf. «Du kannst da doch nicht einfach so aufkreuzen. Ich meine, du hast einundzwanzig Jahre gebraucht, um dich endlich damit auseinanderzusetzen. Findest du nicht, dass Leanne mehr zusteht als bloß ein paar Tage?»
«Ich werde rasend bei dem Gedanken, dass sie hier ganz in
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