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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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geschlagen. Genug. Erinnern Sie sich nicht an Christofor Iwanowitsch?«
    »Nein, ich erinnere mich nicht«, sagte er stirnrunzelnd.
    »Christofor Iwanowitsch, in Lausanne? Sie waren seiner ganz und gar überdrüssig. Er öffnete die Tür und sagte immer: ›Nur für einen Augenblick!‹ und blieb den ganzen Tag. Ich möchte nicht wie Christofor Iwanowitsch sein und den ganzen Tag bleiben.«
    Sein Gesicht nahm einen schmerzlichen Ausdruck an.
    »Lisa, mich schmerzt diese erzwungene Sprache. Diese Grimasse kommt Sie selber teuer zu stehen. Warum? Wozu?«
    In seinen Augen leuchtete etwas auf.
    »Lisa!« rief er. »Ich schwöre, daß ich dich jetzt mehr liebe als gestern, als du bei mir eintratst!«
    »Welch sonderbares Geständnis! Was hat gestern mit heute zu tun, und dann dieses Vergleichen?«
    »Du wirst mich nicht verlassen?« fuhr er beinahe verzweifelt fort. »Wir werden zusammen verreisen, heute noch, nicht wahr? Nicht wahr?«
    »Au! Drücken Sie mir nicht so die Hand, das tut weh! Wohin sollten wir heute noch zusammen verreisen? Irgendwohin, um wieder ›aufzuerstehen‹? Nein, genug probiert … Außerdem dauert mir das viel zu lange; außerdem bin ich unbegabt; das ist zu hoch für mich. Wenn schon verreisen, dann nach Moskau, Besuche machen und Besuche empfangen – das ist mein Ideal, Sie wissen es; ich habe Ihnen reinen Wein darüber eingeschenkt, noch in der Schweiz, wie ich nun einmal bin. Da es aber für uns unmöglich ist, nach Moskau zu reisen und Besuche zu machen, weil Sie verheiratet sind, brauchen wir darüber gar nicht erst zu reden.«
    »Lisa! Was war denn gestern?«
    »Es war, was es war.«
    »Das ist unmöglich! Das ist grausam!«
    »Wenn es grausam ist, so müssen Sie es ertragen.«
    »Sie rächen sich an mir für Ihre gestrige Laune«, murmelte er mit einem boshaften Lächeln. Lisa brauste auf.
    »Was für ein gemeiner Gedanke!«
    »Warum schenkten Sie mir dann … so viel Glück? Habe ich nicht das Recht, das zu erfahren?«
    »O nein, Sie werden ohne Rechte auskommen müssen; Sie sollten die Gemeinheit Ihrer Vermutung nicht durch Dummheit übertreffen. Heute haben Sie keine Fortune. Übrigens, fürchten Sie etwa die Meinung der Welt, die Sie wegen dieses ›so viel Glück‹ verurteilen könnte? Oh, in diesem Fall brauchen Sie sich um Gottes willen nicht aufzuregen. Sie sind nicht die Ursache und haben sich vor niemandem zu verantworten. Als ich gestern Ihre Tür öffnete, wußten Sie gar nicht, wer eintreten würde. Es war einzig und allein meine Laune, wie Sie sich soeben ausgedrückt haben, und weiter gar nichts. Sie können aller Welt kühn und siegesbewußt ins Auge sehen!«
    »Deine Worte, dieses Lachen, schon seit einer vollen Stunde, hauchen mich mit grauenhafter Kälte an. Dieses ›Glück‹, von dem du wie eine Rasende sprichst, kostet mich … alles. Kann ich dich denn jetzt verlieren? Ich schwöre, daß ich dich gestern weniger liebte. Warum willst du mir heute alles nehmen? Weißt du auch, was sie mich gekostet hat, diese neue Hoffnung? Ich habe sie mit dem Leben bezahlt.«
    »Mit dem eigenen oder mit einem fremden?«
    Er erhob sich jäh.
    »Was heißt das?« sagte er mit reglos auf sie gerichtetem Blick.
    »Bezahlt – mit Ihrem eigenen oder mit meinem Leben, das wollte ich fragen. Oder verstehen Sie jetzt überhaupt nichts mehr?« brauste Lisa auf. »Warum springen Sie jetzt so plötzlich auf? Warum sehen Sie mich so an? Sie erschrecken mich! Wovor fürchten Sie sich immer? Ich habe schon lange bemerkt, daß Sie sich fürchten, gerade jetzt, gerade in diesem Augenblick … O Gott, Sie werden ja ganz blaß!«
    »Solltest du etwas wissen, Lisa, so schwöre ich, daß ich nichts weiß … und überhaupt nicht davon gesprochen habe, als ich sagte, ich habe mit dem Leben bezahlt.«
    »Ich verstehe Sie überhaupt nicht«, sagte sie und stockte furchtsam.
    Endlich trat ein zögerndes, nachdenkliches Lächeln auf seine Lippen. Langsam ließ er sich auf den Stuhl nieder, stützte die Ellbogen auf die Knie und verbarg das Gesicht in den Händen.
    »Ein böser Traum, ein Wahn … Wir sprachen von zwei verschiedenen Dingen.«
    »Ich weiß gar nicht, wovon Sie sprachen … Haben Sie gestern wirklich nicht gewußt, daß ich Sie heute verlassen werde, wußten Sie es oder nicht? Lügen Sie nicht, wußten Sie es oder nicht?«
    »Ich wußte es«, sagte er leise.
    »Also, was wollen Sie: Sie wußten es und haben den ›Augenblick‹ wahrgenommen. Was gibt es da noch zu rechnen?«
    »Sag

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