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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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nicht … sie gelten mir nichts … ich will nicht … Ich könnte Sie im nächsten Augenblick die Treppe hinunterwerfen, wissen Sie das?«
    »Nein, ich weiß es nicht, und ich weiß am allerwenigsten, warum Sie sich so ärgern«, antwortete der Gast friedfertig und beinahe treuherzig. »Ich habe lediglich den Auftrag, Ihnen einiges auszurichten, und bin mit der Absicht gekommen, keine Zeit zu verlieren. Sie haben eine Druckerpresse, die Ihnen nicht gehört und über die Sie Rechenschaft abzulegen haben, Sie wissen das. Ich bin beauftragt, Sie auf morgen punkt sieben Uhr abends zur Übergabe an Liputin zu bestellen. Außerdem habe ich Ihnen auszurichten, daß künftig keine weiteren Forderungen an Sie gestellt werden.«
    »Gar keine?«
    »Gar keine. Ihrem Antrag wird stattgegeben, und Sie werden für immer Ihrer Pflichten entbunden. Ich bin ausdrücklich beauftragt, Ihnen dies mitzuteilen.«
    »Wer hat Sie damit beauftragt?«
    »Jene, die mir das Zeichen weitergegeben haben.«
    »Kommen Sie aus dem Ausland?«
    »Das ist … das ist für Sie, meiner Meinung nach, ohne Belang.«
    »Zum Teufel! Warum sind Sie nicht früher gekommen, wenn Sie schon den Auftrag hatten?«
    »Ich hatte gewisse Instruktionen zu befolgen und war nicht allein.«
    »Verstehe, verstehe, Sie waren nicht allein. Teufel nochmal! Und warum ist Liputin nicht selber gekommen?«
    »Also, ich werde Sie morgen Punkt sechs Uhr abends abholen, und wir werden beide zu Fuß dorthin gehen. Außer uns dreien wird niemand kommen.«
    »Wird Werchowenskij kommen?«
    »Nein, er wird nicht kommen. Werchowenskij verläßt die Stadt morgen vormittag um elf Uhr.«
    »Das habe ich mir gedacht«, zischte Schatow grimmig vor sich hin und schlug sich mit der Faust auf den Schenkel, »er ist getürmt, diese Kanaille!«
    Beunruhigt überlegte er. Erkel beobachtete ihn aufmerksam, schwieg und wartete.
    »Wie wollen Sie es mitnehmen? Man kann das Ganze nicht alles auf einmal unter den Arm klemmen und wegtragen.«
    »Das wird auch nicht nötig sein. Sie werden uns nur die Stelle zeigen, und wir werden uns nur vergewissern, daß die Druckerpresse dort vergraben ist, denn wir wissen nur, wo die Stelle ist, aber die genaue Stelle kennen wir nicht. Haben Sie etwa die Stelle schon jemand gezeigt?«
    Schatow sah ihn voll an.
    »Und Sie, Sie, noch ein grüner Junge, ein dummer grüner Junge, Sie hängen jetzt auch mit dem Kopf in der Schlinge wie ein Hammel? Jawohl, die sind ja scharf auf junges Blut! Gehen Sie schon! Schade! Dieser Schweinehund hat euch alle übers Ohr gehauen und ist getürmt.«
    Erkel sah ihn klar und ruhig, aber irgendwie verständnislos an.
    »Werchowenskij ist getürmt, Werchowenskij!« Schatow knirschte vor Wut mit den Zähnen.
    »Aber er ist ja noch hier, noch ist er nicht fort. Er wird erst morgen abreisen«, bemerkte Erkel sanft und eindringlich. »Ich habe ihn ausdrücklich aufgefordert, als Zeuge dabeizusein; meine ganze Instruktion war an ihn ergangen« (der blutjunge unreife Milchbart schien nichts für sich behalten zu wollen). »Bedauerlicherweise lehnte er ab, unter dem Vorwand dieser Reise; und er scheint es wirklich eilig zu haben.«
    Schatow warf diesem Einfaltspinsel noch einen bedauernden Blick zu, winkte aber plötzlich ab, als wollte er sagen: “Da lohnt kein Mitleid.”
    »Schön, ich werde kommen«, brach er das Gespräch plötzlich ab, »jetzt aber verschwinden Sie, raus!«
    »Also ich werde Punkt sechs da sein.« Erkel verbeugte sich artig und stieg gemächlich die Treppe hinunter.
    »Narr!« rief ihm Schatow von oben nach, er konnte es sich nicht verkneifen.
    »Bitte?« kam es schon von unten zurück.
    »Nichts, gehen Sie.«
    »Ich dachte, Sie hätten etwas gesagt.«
    II
    ERKEL war einer von jenen »Narren«, denen nur der Hauptverstand im Kopf fehlt, der Zar im Kopf; aber von dem kleinen, untergeordneten Verstand besaß er reichlich, bis zur Schläue. Fanatisch, kindisch der »Sache der Allgemeinheit«, im Grunde aber Pjotr Werchowenskij ergeben, hatte er nach der Instruktion gehandelt, die er damals bei der Zusammenkunft der Unsrigen erhalten hatte, als die Rollen für den nächsten Tag verteilt wurden. Pjotr Stepanowitsch hatte ihm die Rolle des Boten zugedacht und auch noch Zeit gefunden, mit ihm eine knappe Viertelstunde unter vier Augen zu sprechen. Die Ausführung eines Befehls war ein organisches Bedürfnis dieser kleinlichen, unreflektierten, ewig nach Unterordnung unter einen fremden Willen lechzenden Natur – oh,

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