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Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Böse Geister: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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der Pfanne und für »Marja Ignatjewna« Bouillon und Weißbrot. Die Wöchnerin trank gierig die Bouillon, die Alte legte das Kind trocken, und Schatow wurde genötigt, die Koteletten zu essen.
    So verging die Zeit. Schatow, völlig erschöpft, schlief selber auf seinem Stuhl ein, den Kopf auf Maries Kissen. So wurden sie von Arina Prochorowna, die ihr Wort hielt, überrascht; lachend weckte sie die beiden, besprach das Nötige mit Marie, sah sich das Kind an und verbot Schatow wiederum, sich zu entfernen. Mit einem Witz über die »Gatten«, nicht ohne einen Anflug von Herablassung und Hochmut, verabschiedete sie sich ebenso zufrieden wie am Morgen.
    Es war schon ganz dunkel, als Schatow erwachte. Er zündete schleunigst die Kerze an und wollte sofort die Alte holen; aber als er auf der ersten Treppenstufe stand, hörte er die leisen, gemessenen Schritte eines ihm entgegenkommenden Menschen und stutzte. Es war Erkel.
    »Sie dürfen nicht rein«, flüsterte Schatow, packte ihn rasch am Arm und zog ihn zurück, bis ans Tor. »Warten Sie hier, ich komme gleich, ich hatte Sie vollkommen, vollkommen vergessen! Oh, ausgerechnet jetzt bringen Sie sich in Erinnerung!«
    Er hatte es so eilig, daß er nicht einmal bei Kirillow hereinschaute, sondern nur die Alte herausrief. Marie brach in Verzweiflung und Zorn aus, »wie er auch nur auf die Idee kommen konnte, sie allein zu lassen«.
    »Aber dies«, rief er begeistert, »dies ist der allerletzte Schritt! Und dann der neue Weg, und wir werden uns niemals, niemals an die alten Schrecken erinnern!«
    Nur mit Mühe gelang es ihm, sie zu besänftigen, er versprach, pünktlich um neun wieder da zu sein; er küßte sie innig, er küßte das Kind und lief schnell die Treppe hinunter zu Erkel.
    Sie machten sich auf den Weg zu dem Stawroginschen Park in Skworeschniki, wo vor anderthalb Jahren, an einer abgelegenen Stelle, unmittelbar am äußersten Ende des Parks, dort, wo er in den Kiefernwald überging, Schatow die ihm anvertraute Druckerpresse vergraben hatte. Die Stelle war verwildert und einsam, ganz und gar unauffällig und vom Herrenhaus ziemlich weit entfernt. Vom Haus Filippow aus hatte man dreieinhalb Werst zurückzulegen, vielleicht auch vier.
    »Wir gehen doch nicht den ganzen Weg zu Fuß? Ich nehme eine Droschke.«
    »Ich bitte Sie sehr, keine zu nehmen«, entgegnete Erkel, »darauf wurde ausdrücklich Wert gelegt. Ein Droschkenkutscher ist auch ein Zeuge.«
    »Also … zum Teufel! Dann eben nicht, nur Schluß damit, Schluß!«
    Sie gingen sehr schnell.
    »Erkel, Sie kleiner Junge!« rief Schatow. »Sind Sie schon einmal glücklich gewesen?«
    »Und Sie sind wohl jetzt sehr glücklich?« bemerkte Erkel interessiert.

Sechstes Kapitel
    Nächtliche Mühsal
    I
    WIRGINSKIJ hatte im Laufe des Tages gute zwei Stunden damit verbracht, alle Unsrigen aufzusuchen und zu verkünden, daß Schatow gewiß keinen denunzieren werde, weil seine Frau soeben zurückgekehrt, mit einem Jungen niedergekommen sei und er, nach allem, »was man über das menschliche Herz weiß«, in diesem Augenblick unter keinen Umständen gefährlich werden könne. Aber zu seinem Bedauern traf er fast keinen zu Hause an, mit Ausnahme von Erkel und Ljamschin. Erkel hörte sich alles schweigend an und sah ihm dabei offen in die Augen; auf die direkte Frage: »Geht er nun um sechs Uhr hin oder nicht?«, antwortete er mit dem offensten Lächeln von der Welt, daß er »selbstverständlich hingeht«.
    Ljamschin lag, anscheinend ernstlich krank, zu Bett, die Decke über den Kopf gezogen. Als Wirginskij eintrat, erschrak er, und sobald dieser zu reden anfing, streckte er beide Hände unter der Decke hervor, winkte ab und beschwor ihn, ihn in Ruhe zu lassen. Allerdings ließ er sich alles über Schatow erzählen; von der Nachricht, keiner sei zu Hause, war er aus irgendeinem Grunde sehr betroffen. Außerdem stellte sich heraus, daß er von Fedjkas Tod bereits gehört hatte (durch Liputin), und er erzählte es von sich aus hastig und verworren, was wiederum Wirginskij stutzen ließ. Auf Wirginskijs direkte Frage: »Soll man hingehen oder nicht?«, fuchtelte er plötzlich wieder mit den Händen und flehte, er habe »nichts damit zu tun, keine Ahnung und möchte nur in Ruhe gelassen werden«.
    Wirginskij kehrte niedergeschlagen und in größter Unruhe nach Hause zurück; er war außerdem bedrückt, daß er Heimlichkeiten vor seiner Familie hatte: Er war gewohnt, seine Frau in alles einzuweihen, und wenn in seinem erhitzten

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