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Boese - Horror

Boese - Horror

Titel: Boese - Horror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bentley Little
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das Gerücht, dass Ellen fast verrückt geworden sei, als sie die Leiche ihres Mannes gefunden hatte, dass sie geschrien und gekreischt und alles im Haus kurz und klein geschlagen und sich sogar die Kleider vom Leib gerissen hätte und dass Dr. Roberts sie seitdem unter schwere Beruhigungsmittel gesetzt habe. Als Doug sie nun sah, wie sie von ihren erwachsenen Söhnen gestützt wurde, konnte er es sich beinahe vorstellen.
    Der Zeitungsbericht über den Selbstmord war skizzenhaft und allgemein gewesen - eine höfliche, die Fakten gnädig verhüllende Darstellung aus Respekt vor den Hinterbliebenen. Doch in einem Ort wie Willis verbreiteten sich die Neuigkeiten manchmal durch schnellere Kanäle als die Presse, und gegen Mittag des folgenden Tages hatte fast jeder die ganze Geschichte gehört. Offenbar war Bob Ronda aufgestanden, ehe seine Frau wach geworden war, hatte in der Garage seine abgesägte Schrotflinte geholt und war ins Badezimmer gegangen. Dort hatte er sich nackt ausgezogen, hatte sich in die Badewanne gelegt, hatte sich die Mündung der Schrotflinte in den Mund geschoben und sich ein Loch in den Schädel gepustet. Blut und Knochensplitter waren gegen die Fliesen hinter ihm gespritzt und tropften in die Wanne, als Ellen ins Bad gestürzt kam.
    Es hatte keinen Abschiedsbrief gegeben.
    Es gab noch andere Versionen der Geschichte. Eine Version, der Doug jedoch keinen Glauben schenkte, besagte, dass Ronda auf der Schrotflinte gesessen habe und sich das Blei in die Innereien gejagt hätte. Eine weitere Version: Er habe sich den Lauf in die Augenhöhle geschoben und ein Auge zerquetscht, eher er abgedrückt hatte. Doch diese grässlichen Gerüchte waren rasch wieder verstummt.
    Billy hatte die Nachricht vom Selbstmord des Postboten tief erschüttert. Er hatte noch alle vier Großeltern, hatte noch nie auch nur ein Haustier verloren. Bob Rondas Selbstmord war seine erste Begegnung mit dem Tod. Billy hatte Bob Ronda sehr gemocht, wie die meisten Kinder in der Stadt, und es war ein Schock für ihn gewesen, dass der Postbote sich das Leben genommen hatte. Billy war die letzten beiden Tage still, bedrückt und ungewöhnlich nachdenklich gewesen. Trish und Doug hatten lange darüber diskutiert, ob der Junge zur Beerdigung mitgehen sollte. Am Ende hatten sie sich dagegen entschieden: Beide waren der Meinung, ihrem Sohn den Anblick der Trauernden und des Sarges ersparen zu können, und so hatten sie Mrs. Harte ins Haus kommen lassen, damit sie am Vormittag auf Billy aufpasste. Wenn sie zurückkamen, würden sie mit Billy in Ruhe über das Begräbnis reden, damit er begriff, was geschehen war.
    Der Pfarrer stand am Grab vor dem geschlossenen Sarg und las aus der Bibel. Taktvoll verzichtete er darauf, die Todesursache zu nennen, und redete stattdessen von der Lücke, die Bob Ronda in seiner Familie und der Stadt hinterlassen würde.
    Doug lauschte dem Pfarrer, ertappte sich jedoch dabei, dass seine Gedanken abschweiften. Obwohl er traurig war, hätte er irgendwie trauriger sein sollen. Er hätte ebenso sehr durch die Worte, die er hörte, bewegt sein sollen, wie durch seine Gedanken und Erinnerungen. Was den Worten des Pfarrers fehlte, wurde Doug klar, war aufrichtige Anteilnahme: Viele Trauergäste hätten eine bessere und mehr von Herzen kommende Grabrede halten können - Menschen, die Ronda persönlich gekannt und ihn gemocht hatten. Der Barkeeper aus dem Corral zum Beispiel. Oder George Riley.
    Oder Howard Crowell.
    Doug ließ den Blick über die Menge schweifen, bis er den Postchef gefunden hatte. Howard stand neben Bob Rondas Familie; er trug einen neuen schwarzen Anzug, den er extra für diesen Anlass gekauft hatte, und schluchzte, ohne es zu verbergen. Offensichtlich lauschte er den Worten des Predigers, und sein Blick schien vom Sarg gefesselt zu sein.
    Doug runzelte die Stirn. Neben Howard stand - in einer hellblauen Postuniform, die einen deutlichen Kontrast zur schwarzen Kleidung der anderen Trauernden bildete - ein Mann, den er noch nie gesehen hatte. Groß und dünn, mit rotem Haarschopf und langem, blassem Gesicht. Der Mann starrte in die Ferne und war offensichtlich von der Beerdigung gelangweilt. Obwohl Doug nicht nahe genug war, um den Gesichtsausdruck des Fremden erkennen zu können, spürte er Arroganz und Geringschätzung in der Haltung des Mannes. Er drehte sich behäbig, um den Pfarrer anzuschauen, und das Sonnenlicht glänzte auf einer Reihe auffälliger Knöpfe an seiner Uniformjacke. Bei jedem

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