Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
trug eine Brille mit dunklem Horngestell und schien sich des Lebens zu freuen. Stoumen war älter, kahlköpfig, mit Pflaumengesicht und einem gewichsten weißen Schnurrbart. Lerner war der jüngste von den dreien und hatte einen Vollbart, genau wie Rosenblatt und ich. Die Themen ihrer Vorträge hatten mir nichts gesagt. Ich hatte geistesabwesend auf der Bühne gesessen und mich geärgert, dass ich dabei sein musste.
Drei Kollegen aus Los Angeles, also schaute ich ins Telefonbuch. Harrison und Lerner standen nicht drin, doch Dr. Grant P. Stoumen hatte noch ein Büro auf dem North Bedford Drive in Beverly Hills. Es meldete sich eine Telefonistin von einem Anrufdienst.
»Beverly Hills Psychiatrie, Joan am Apparat.«
Es war derselbe Telefondienst, den ich benutzte.
»Hallo, Joan, hier ist Dr. Delaware.«
»Hallo. Das ging ja schnell. Wen möchten Sie sprechen, Dr. Delaware?«
»Dr. Stoumen.«
»Dr. Stoumen?« Ihre Stimme wurde leiser. »Der ist nicht mehr bei uns.«
»Steht er nicht mehr auf Ihrer Liste?«
»Nein, er ist nicht mehr unter uns, wollte ich damit sagen. Er starb vor sechs Monaten. Haben Sie nichts davon gehört?«
»Nein. Ich habe ihn nicht gekannt.«
»Ach so. Es war wirklich tragisch. So unerwartet, obwohl er nicht mehr der Jüngste war.«
»Woran ist er gestorben?«
»Ein Verkehrsunfall. Im Mai war es, glaube ich, wo genau, weiß ich nicht mehr, aber es war außerhalb der Stadt. Er war auf einer Konferenz und ist von einem Auto überfahren worden. Ist das nicht schrecklich?«
»Eine Konferenz?«
»Sie wissen schon, eins dieser medizinischen Symposien. Er war ein ausgesprochen netter Mann. Er hat nie die Geduld verloren wie manch anderer dieser -« Sie lachte nervös. »Ach, streichen Sie das bitte, Doktor. Wenn Sie wegen eines Patienten anrufen, dann kann ich Ihnen sagen, dass Dr. Stoumens Kundschaft unter seinen Partnern aufgeteilt wurde. Wer gerade einen bestimmten Patienten betreut, kann ich leider nicht sagen.«
»Wie viele Ärzte gehören dazu?«
»Carney, Langenbaum und Wolf. Langenbaum ist auf Urlaub, aber die anderen zwei sind in der Stadt. Suchen Sie sich einen aus.«
»Können Sie mir einen empfehlen?«
»Na ja...« Noch ein nervöses Lachen. »Sie sind beide in Ordnung. Wolf scheint ein wenig besser zu sein, wenn es um Rückrufe geht.«
»Dann nehme ich Wolf. Herr oder Frau Doktor?«
»Herr. Dr. med. Stanley Wolf. Im Moment ist er mit Patienten beschäftigt. Ich werde ihm Nachricht geben, dass er Sie anrufen soll.«
»Vielen Dank, Joan.«
»Nichts zu danken, Dr. Delaware. Schönen Tag noch.«
Ich brauchte einige Zeit, um die Hundetür einzubauen. Ich musste öfter Pausen einlegen in meinem Sägen und Hämmern, weil ich sicher war, Schritte im Haus zu hören oder seltsame Geräusche auf der Terrasse. Ein paar Mal ging ich tatsächlich in den Garten hinunter und schaute nach, mit geballten Fäusten.
Als ich fertig war und auch noch den Anstrich am Türrahmen ausgebessert hatte, setzte ich mich in einen Sessel und trank ein Bier. Der Hund probierte seine neue Tür sofort aus und hatte seinen Spaß. Danach fiel er japsend zu meinen Füßen und schlief ein.
Ich überlegte, wer mir schaden oder wehtun wollte. Der tote Fisch ging mir nicht aus dem Kopf. Um elf Uhr kam die Post.
Ich schaute mir die Briefumschläge an. Alle waren im Standardformat. Einer hatte ein Postfach in Folsom als Absender und darüber eine elfstellige Nummer in roter Tinte. In dem Umschlag fand ich einen einzelnen Bogen liniertes Papier, beschrieben mit derselben roten Tinte.
Sehr geehrter Dr. Delaware,
ich schreibe Ihnen, um meinen Gefühlen in Bezug auf Besuche von meinen Töchtern, Sandra Wallace und Stefanie Wallace, als ihr biologischer und rechtlicher Vater Ausdruck zu geben.
Was immer in meiner Familie passiert ist, einschließlich durch mich selbst, und wie schlimm es auch sein mag, ist in meinen Augen Schnee von gestern. Und weil das so ist, sollte mir die Erlaubnis und mein väterliches Recht, meine rechtmäßigen, legitimen Töchter Sandra Wallace und Stefanie Wallace zu sehen, nicht verweigert werden.
Ich habe nie etwas getan, das ihnen wehtun könnte, und immer hart gearbeitet, sie zu ernähren, auch wenn es schwer war. Ich habe keine anderen Kinder und muss sie sehen, damit wir eine Familie sein können. Kinder brauchen einen Vater. Ich bin sicher, dass Sie das wissen als ausgebildeter Arzt. Eines Tages werde ich aus dem Gefängnis herauskommen. Ich bin ihr Vater und werde für sie
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