Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8
er nach einer Minute nicht zurückkam, ging ich hinunter, um ihn zu holen. Ich brauchte eine Weile, bis ich ihn fand, doch schließlich sah ich ihn in der Nähe der Einfahrt sitzen, als ob er meinen Wagen bewachte. Er hechelte und schaute sich aufgeregt um.
»Was ist los, mein Junge?« Der Hund scharrte den Boden auf und warf seinen Kopf hin und her. Dann begann er, Richtung Teich zu traben, und blieb einen Meter vor dem Zaun wie angewurzelt stehen, wie bei unserer ersten Begegnung.
Das Tor war geschlossen. Die Zeituhr hatte die Beleuchtung schon vor Stunden abgeschaltet. Ich hörte den künstlichen Wasserfall rauschen, und allmählich gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit.
»Hast du etwas gehört? - Bestimmt war es nur ein Opossum oder eine Katze, alter Knabe. Vielleicht auch ein Kojote. Mit dem könntest du es sowieso nicht aufnehmen.«
Er reckte die Nase in die Luft, japste und kratzte den Boden.
»Hör zu: Ich schätze ja deine Wachsamkeit, aber können wir jetzt zurückgehen?«
Er starrte mich an, gähnte und knurrte laut.
»Genau, ich bin auch müde.« Ich ging zur Treppe. Er wartete, bis ich ganz oben war. Dann rannte er in einem Tempo hinter mir her, das man bei seinem Körperbau kaum erwartet hätte.
»Und jetzt keine Störungen mehr, okay?«
Er wedelte freudig mit dem Schwanz, sprang aufs Bett und breitete sich auf Robins Seite aus. Ich war zu müde zum Streiten und ließ ihn liegen. Ich lag noch wach, als er längst eingeschlafen war.
Als ich den Hund am nächsten Morgen in den Garten ließ, lief er wieder zum Teich und blieb einen halben Meter vor dem Tor stehen. Ich stieß es auf. Er wagte sich noch einen Schritt vor, doch weiter ging er nicht. Er schaute zum Tor und knurrte. Täuschte ich mich, oder schaute er verärgert? Störte ihn etwas in der Nähe des Teiches?
Er knurrte lauter. Dann sah ich es, auf der anderen Seite des Zaunes. Einer meiner Karpfen, ein rot-weißer Kohaku, der größte und prächtigste der überlebenden Brut, lag auf dem Moos in der Nähe des Ufers. Offenbar herausgesprungen, das passierte manchmal. Oder eine Katze oder ein Kojote hatte ihn erwischt. Das war es, was die Dogge letzte Nacht gehört hatte. - Aber dann hätte der Fisch in Fetzen sein müssen, und das war er nicht.
Ich ging näher an den Teich. Die Dogge folgte mir bis an den Torpfosten und wartete, während ich mich hinkniete, um den Fisch zu inspizieren.
Er war verletzt, aber nicht von irgendeinem vierbeinigen Jäger. Etwas ragte aus seinem Maul. Ein Zweig, dünn und hart, mit einem einzelnen roten Blatt. Ein Zweig von dem Zwergahorn, den ich letzten Winter gepflanzt hatte.
Ich schaute zu dem Baum hinüber und sah die Schnittstelle. Die Wunde war schon schwarz. Es war ein sauberer Schnitt, Stunden alt, zweifellos von einem Messer.
Ich zwang mich, den Karpfen genauer anzuschauen. Der Zweig war in den Schlund und durch den Körper gerammt worden wie ein Spieß.
Ärger, Ekel und Schmerz stiegen in mir auf, als mir weitere Details ins Auge fielen: die Schuppen, die auf dem Moos verstreut lugen. Die Kuhlen, die wie Fußabdrücke aussahen. Die Blätter unter dem Ahorn, wo der Zweig gekappt worden war.
Die toten Augen des Fisches starrten mich an. Der Hund jaulte. Das hätte ich am liebsten auch getan.
7
Ich buddelte ein Grab für den Fisch, legte ihn hinein und bedeckte ihn mit Erde. Der Hund schaute mir dabei zu.
»Ich hätte dich letzte Nacht ernst nehmen sollen.«
Er hielt den Kopf schief und blinzelte mich an mit seinen sanften braunen Augen. Ich trampelte die Erde fest über dem Grab und sah mich noch einmal um. Dann schleppte ich mich ins Haus. Ich fühlte mich wie ein hilfloses Kind und wusste keinen anderen Rat, als Milo anzurufen. Er war nicht da. Ich blieb an meinem Schreibtisch sitzen, benommen und wütend.
Das blaue Tagungsprogramm mit meinem Namen und meinem Foto lag noch da.
Ich rief den Telefondienst an. Noch immer kein Rückruf von Shirley Rosenblatt. Vielleicht war sie nicht Harveys Frau. Ich versuchte noch einmal ihre Nummer in New York: dieselbe Aufnahme. Ich knallte den Hörer auf.
Irgendwann fiel mein Blick auf weitere Namen unten auf dem Konferenzprogramm. Die Namen der anderen drei Redner.
Dr. med. Wilbert Harrison
Psychoanalytiker
Beverly Hills, Kalifornien
Dr. med. Grant P. Stoumen
Psychoanalytiker
Beverly Hills, Kalifornien
Michael A. Lerner
Sozialarbeiter und Therapeut
Hollywood, Kalifornien
Ich erinnerte mich: Harrison war pummelig, um die fünfzig,
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