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Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8

Titel: Böse Liebe - Ein Alex-Delaware-Roman 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Sturgis ihn erwähnte, obwohl mir nicht einfallen will, woher. Wie kommt man als Psychologe zur Polizei?«
    »Im Grunde durch Zufall. Vor einigen Jahren hatte ich Kinder in Behandlung, die in einer Tagesstätte misshandelt worden waren. Ich endete im Zeugenstand und bekam immer mehr mit der Strafverfolgung zu tun, und dann führte eins zum anderen.«
    »Deshalb erinnere ich mich wohl an Ihren Namen. Sie sind demnach ein richtiger Held.«
    »Ach nein, ich habe nur meine Pflicht getan.«
    »Und jetzt? Haben Sie weiter mit solchen Fällen zu tun?«
    »Nur noch gelegentlich, in Zusammenhang mit Sorgerechtsfragen, als Gutachter in Scheidungsverfahren.«
    »Sind Sie noch als Therapeut tätig?«
    »Kaum.«
    »Ich auch nicht, schon lange nicht mehr.« Sie lehnte sich zurück. »Aber jetzt zur Sache. Ich weiß nicht recht, was Detective Sturgis von mir erwartet. Für meine Patienten ist Vertraulichkeit äußerst wichtig. Was mit Rebecca passiert ist, darf daran nichts ändern.«
    »Es muss schrecklich gewesen sein.«
    »Es ging alles so schnell. Der Schock kam erst, als es vorbei war, als ich sah, was er mit Rebecca gemacht hatte. Sie können mir glauben, ich weiß jetzt, was gemeint ist, wenn Leute von posttraumatischem Stress reden. Niemand wusste, was vor sich ging. Ich war hier in meinem Zimmer bei der Arbeit, als er... Die Behandlungsräume sind absolut schalldicht. Dann hörte ich den Lärm im Korridor, die grässlichen Schreie. Er schrie und schrie.«
    »›Böse Liebe...«
    »Ja. Ich ging ins Vorzimmer. Myra war nicht da, also schaute ich in den Korridor... Er schrie und fuchtelte mit dem Messer. Dann sah er mich. Er starrte mich an. Ich knallte die Tür zu, schob Myras Schreibtisch davor, lief in mein Zimmer und verrammelte auch dort die Tür. Ich versteckte mich hinter meinem Stuhl, die ganze Zeit, bis... Dass er Adeline in seiner Gewalt hatte, erfuhr ich erst, als alles vorbei war.« Sie wischte sich die Augen. »Was mich verrückt macht, ist, dass ich nicht weiß, wie lange er... ob Rebecca lange zu leiden hatte. Ich kann nur hoffen, dass es schnell ging. Der Gedanke, dass sie dort eingesperrt war mit ihm...« Sie rieb sich die Schläfen. »Es war in den sechziger Jahren, dass man die Zellen schalldicht gemacht hat. Damals war das hier ein Therapiezentrum für Vietnam-Veteranen; deshalb die Schallisolierung. Heutzutage macht hier kaum noch jemand Therapie.«
    Sie seufzte und legte ihre Hände flach auf den Schreibtisch. »Was soll ich sagen? Das Leben geht weiter, nicht wahr?«
    »Wie kommt es, dass keine Therapie mehr gemacht wird?«
    »Die Fälle sind schwer, die Leute zu arm, und es sind zu viele. Was sie brauchen, ist etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf, dann hören sie vielleicht auf, Stimmen zu hören. Normalerweise verschreiben wir Thorazin, aber auch Haldol, Lithium und Tegretol, um die bösen Geister zu vertreiben. Therapie wäre reiner Luxus bei unserer Auslastung, von der Finanzierung ganz zu schweigen. Unmöglich. Wir haben nicht einen einzigen Psychologen im Team, nur Sozialarbeiter, die meisten davon Hilfskräfte wie Rebecca.«
    »Auf dem Weg zu Ihrem Büro habe ich einen Arzt gesehen. Er hat Rezepte ausgeschrieben.«
    »Ja, stimmt. Es ist Freitag, nicht wahr? Das ist Dr. Winter, der Psychiater, der einmal die Woche zu uns kommt. Er hat gerade seine Assistenzzeit hinter sich. Ein netter Junge, wirklich, doch sobald seine Praxis richtig anläuft, wird er verschwinden, genau wie die anderen.«
    »Wenn keine Therapie stattfindet, was machte Rebecca dann mit Hewitt in einem Therapiezimmer?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass wir nie mit den Leuten reden. Wir können nur nicht sehr in die Tiefe gehen. Manchmal haben wir keinen Platz, und die Sozialhelfer benutzen die Therapiezimmer, um ihren Papierkram zu erledigen. Vielleicht wollte sie ihm nur einen Gutschein ausstellen, für eine Unterkunft oder eine Entlausung. Es wäre sogar denkbar, dass sie wirklich ein therapeutisches Gespräch mit ihm führen wollte. Der Typ dafür war sie.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie war noch voller Optimismus. Sie hatte den Idealismus noch nicht verloren. Wie die meisten von uns, als Anfänger, nicht wahr?«
    Ich nickte. »War Hewitt als gewalttätig bekannt?«
    »In seiner Akte stand nichts davon. Er war zwei Wochen vorher wegen Diebstahls festgenommen worden und wartete auf seine Verhandlung. Vielleicht wollte sie ihn darauf vorbereiten. Schwarz auf weiß gab es jedenfalls keinerlei Warnung. Wenn Sie mich fragen,

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