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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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noch beratschlagten, was sie nun mit mir anfangen sollten. Hier stank es nach kaltem Zigarettenqualm und die zerkratzte Schreibtischplatte war voller klebriger Cola-Abdrücke. Igitt.
    Der leicht übergewichtige, gedrungene Mann musterte mich prüfend und ich schenkte ihm ein gekünsteltes Lächeln. Irritiert legte er seinen Stift auf die beschichtete Stahlplatte seines Schreibtischs, verschränkte die Arme vor der Brust und starrte mich an. Neben seinem überdimensionalen Monster von Computerbildschirm lag mein Handy. Grace hatte dafür gesorgt, dass der Akku leer war. So wie sie außerdem dafür sorgte, dass alles, mit dem sie ihn aufzuladen versuchten, ebenfalls nicht funktionierte. Bisher war es ihnen nicht gelungen, meine Eltern zu informieren, und ich hoffte, dass ich hier raus sein würde, bevor sich das änderte. Grace war ziemlich gut, aber diese Typen hier würden nicht so schnell aufgeben.
    »Willst du mir jetzt vielleicht erzählen, wer dieser rothaarige Junge bei dir war?«, fragte der Polizist mich und ich schüttelte den Kopf. »Wie sieht’s mit einer Telefonnummer aus, unter der ich deine Eltern erreiche?«, versuchte er es als Nächstes und ich blickte zur Decke.
    »Verdammte Punker!«, schimpfte er, dann stand er auf und ließ mein Handy in seiner Tasche verschwinden. »Glaub mir, wir haben bis jetzt noch jeden von euch Rotzlöffeln hinter Gitter gebracht, wo ihr hingehört. Du machst es dir nur selbst schwer. Wir finden schon raus, wer du bist. Und wer dieser Rotschopf ist, auch.«
    »Ich hab das Feuer nicht gelegt«, sagte ich und er presste die Lippen aufeinander, wodurch sein Schnurrbart noch buschiger wirkte.
    »Du wartest hier!«, befahl er und zeigte drohend mit seinem dicken Wurstfinger auf mich. »Und es wird nichts angerührt.«
    Ich streckte ihm die Zunge raus, als er ging, aber das bekam er gar nicht mehr mit, weil er mit den Gedanken schon bei seiner nächsten mit Zucker versetzten Dosis Koffein war. Die Milchglastür knallte hinter ihm zu und ich zuckte zusammen.
    Ich atmete Luft aus, die ich vor wer weiß wie langer Zeit eingeatmet hatte, lehnte mich auf meinem Stuhl zurück und baumelte mit den Beinen. Dabei ließ ich den Blick über die vollgestopften Regale, das hohe schmale Fenster mit dem Eisengitter davor und schließlich die angestoßenen grün-weißen Fliesen auf dem Boden schweifen. Es war nicht die allerzuvorkommendste Behandlung, die sie mir angedeihen ließen, aber ich machte es ihnen schließlich auch nicht gerade leicht.
    Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte an die fleckige Decke. Ich würde so was von zu spät nach Hause kommen und mein Dad würde mir den übelsten Hausarrest aller Zeiten aufbrummen, selbst wenn er nie von all dem hier erfuhr. Doch was mir eigentlich Sorgen machte, war Tammy. Dass die Seraphim einen schwarzen Engel geschickt hatten, um ihr Leben vorzeitig zu beenden, gefiel mir ganz und gar nicht. Sie wussten doch, dass ich mich um die Sache kümmern wollte. Grace hatte mir erzählt, dass Barnabas Tammy im Auge behielt und dass Arariel und Demus verschwunden waren. Vielleicht hatte ja die Art, wie ich mich Demus heute Abend in den Weg gestellt hatte, die beiden zum Nachdenken gebracht. Aber sicher konnte ich mir da nicht sein.
    Es hätte mich sehr beruhigt, wenn ich wenigstens Tammys Resonanz hätte ändern können, damit sie sie nicht so leicht fanden, während ich hier auf dem besten Weg in den Jugendknast war. Ron hatte meine schon ein paarmal geändert, aber er hatte dazu irgendetwas an meinem Amulett verstellt, denn das war seit meinem Tod die Quelle meiner Aura. Aber Tammy hatte kein Amulett, das ihr die Illusion einer Aura verschaffte, also musste ich einen anderen Weg finden, sie zu ändern. Ich befürchtete zwar, dass sie dafür eigentlich bei mir sein musste, aber vielleicht reichte es ja, wenn ich ihre Resonanz auf der Zeitlinie fand und ein bisschen … daran herumbastelte. Einen Versuch war es wert.
    Ich wandte den Blick von der Decke und sah wieder auf die tickende Uhr. Es war nach zehn, also zu Hause schon nach Mitternacht. Mein Dad würde mich umbringen. »Grace?«, flüsterte ich. Ich brauchte ein bisschen Gesellschaft.
    »Es war mal ’ne Zeitwächterin«, flötete der kleine Schutzengel durch die Glasscheibe in der Tür, »die hatte im Knast ein Sit-in. Der Grund war ein Feuer und guter Rat teuer, doch Barnabas half ihr zu flieh’n.«
    Ich sah auf zu dem Bücherregal voller labberiger Akten, auf dem sie gelandet war, und

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