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Boese Maedchen sterben nicht

Boese Maedchen sterben nicht

Titel: Boese Maedchen sterben nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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gleichzeitig hier in der Zukunft war und mit Tammys Schutzengel redete, den sie noch gar nicht hatte. Es ist noch nicht passiert , dachte ich und meine Gefühle waren wie ausgelaugt. Doch in den Tiefen meines Bewusstseins leuchtete ein kleiner Funke des Triumphs - Tammys Erinnerung, die zu schön war, als dass ich sie den Schwarzflügeln zum Fraß hätte überlassen können.
    Der Engel erhob sich in die Luft und sein Blick wurde hart und Furcht einflößend. »Mach, dass es aufhört«, sagte er und es war, als spräche Gott selbst aus seinem Mund. »Bitte«, fügte er noch hinzu und seine Stimme klang nun hilflos. Dann verschwand er.
    Plötzlich war die Welt wie in flammendes Rot getaucht und ich stieß einen zittrigen Seufzer der Erleichterung aus. Es war vorbei und ich machte mich auf den heftigen Ruck gefasst, mit dem mein Bewusstsein wieder aus den Gefilden der Vielleicht-Zukunft in die Gegenwart geschleudert werden würde.
    Weinend wachte ich auf und fand mich zusammengerollt im nassen Gras zwischen Nakita und Barnabas wieder. Josh stand etwas verloren daneben, als wüsste er nicht, wie er helfen könnte. Schweigend warteten sie ab, denn sie konnten schon an meinem Zustand erkennen, dass es schlimm gewesen war. Als ich sie nacheinander anblickte, sah ich Tränen in Nakitas Augen. Barnabas hatte seine letzten schon vor Jahrhunderten vergossen, aber der Schmerz in seinem Blick war nicht geringer. Mit ihm hatte all das seinen Anfang genommen, als Sarahs Seele sich wieder erholt hatte. Ich wusste nicht, ob ich ihm dafür danken oder ihn verfluchen sollte. Es war furchtbar.
    Ich setzte mich auf und sah mich nach Paul um. Er stand ein Stück entfernt gekrümmt hinter einem Grabstein und kotzte sich die Seele aus dem Leib. »Tut mir leid«, flüsterte ich und er drehte sich um und wischte sich den Mund ab. Mit leerem Blick wandte er sich mir zu und er wirkte so einsam, wie ich es noch nie bei einem Menschen gesehen hatte. Ich versuchte aufzustehen und Josh sprang herbei, um mir zu helfen. Meine Hand in seiner war kalt und zitterte.
    »Alles okay mit dir?«, fragte ich Paul und hörte, wie meine Stimme brach. »Das war ziemlich heftig.«
    »Nein«, erwiderte er knapp und in seiner Stimme schwang noch immer das blanke Entsetzen mit, das wir durchlebt hatten. »Das …«, begann er und seine Hände zitterten, als er nach Worten suchte. »Das war die Hölle. Dieser Job ist die Hölle.«
    Da konnte ich ihm kaum widersprechen und ich schwankte und kippte zur Seite, bevor Josh mich wieder auf die Füße zog. »Es ist nicht immer so«, flüsterte ich. Manchmal verbrennt man auch nur bei lebendigem Leib.
    Paul drehte sich weg, das Gesicht verzerrt, als er zu fassen versuchte, was wir gerade gesehen hatten. Ich lehnte mich an einen Stein - ’tschuldigung, einen Grabstein, meine ich natürlich - und Josh ließ mich los, nachdem er sich vergewissert hatte, dass ich nicht zusammenbrechen würde. »Alles in Ordnung?«, fragte er und ich nickte, ohne ihn anzusehen.
    »Es war ein Zeitsprung«, sagte ich und Barnabas seufzte, als könne er sich schon denken, was ich gesehen hatte. »Wir haben Tammy sterben sehen. In ein paar Jahren, würde ich sagen. Ich weiß es nicht. Sie hatte einen Schutzengel, darum glaube ich, wenn wir jetzt aufgeben, ist sie verloren.« Meine Worte drifteten ins Leere, als mir wieder einfiel, was der Engel zu mir gesagt hatte.
    »Wir müssen was tun«, sagte ich und dachte an die Qualen, unter denen Tammy ihr Leben beendet hatte, und das Nichts, das zurückblieb. Ein so vollkommenes Nichts, dass es war, als hätte es sie nie gegeben. »Wenn wir ihr nicht helfen können, ist Tammys Leben nichts mehr wert, ohne Freude, ohne Schönheit. Sie hat nichts für ihre Seele getan. In ihrem Leben gab es keine Kunst, keine Kreativität. Sie hat gegessen und geschlafen und sonst nichts, um zu überleben. Und als sie gestorben ist, wurde ihre Seele von Schwarzflügein gefressen.«
    Etwas Saures stieg in meiner Kehle auf und ich schluckte es krampfhaft wieder hinunter. Sie war fort. Bis auf das winzige bisschen, das ich von ihr gerettet hatte. Ich spürte es in mir, einsam und verloren zwischen meinen restlichen Erinnerungen.
    Nakita berührte mich am Arm und ich zuckte zusammen. In ihren Augen standen Tränen, doch das machte sie nur noch schöner. »Es tut mir leid, Madison. Ich dachte, du wüsstest, was mit den Seelen passiert, die sich nicht wieder erholen. Darum war ich ja am Anfang auch so verwirrt. Es ist so selten,

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