Boese Maedchen sterben nicht
dass sich eine Seele erholt. So schrecklich selten.« Sie blickte Barnabas an. Er hielt den Kopf gesenkt und es sah aus, als würde er all die Einsamkeit und den Schmerz seines Lebens erneut durchleben.
»Das wusste ich nicht«, schluchzte ich und er blickte auf, Tränen in den Augen. »Das wusste ich nicht«, wiederholte ich dann noch einmal leiser. »Das hat mir keiner gesagt.« Ich sah Paul an. Er hatte mit Sicherheit auch nichts davon gewusst. Meine Traurigkeit verwandelte sich immer mehr in Wut, aber das fühlte sich kein bisschen besser an.
»Darum beenden wir ihre Leben frühzeitig«, sagte Nakita mit einem sanften Blick in Barnabas’ Richtung. »Um ihnen das zu ersparen und zu retten, was wir können. Wenn Tammy heute Nacht gesenst wird, bewacht ein weißer Engel ihre Seele so lange, bis sie nach Hause zurückkehren kann und in liebender Erinnerung behalten wird. So wie Barnabas es für dich getan hätte, bevor du Kairos sein Amulett geklaut hast. Wenn sie aber einen Schutzengel bekommt und ihre Seele sich nicht erholt…«
Ich beendete Nakitas Gedanken für sie. »Ein Leben ohne Sinn, das im Nichts endet.«
Verwirrt und voller Schmerz drehte ich mich weg. Vielleicht sollte ich einfach aufgeben und schwarze Engel aussenden, damit sie die verlorenen Seelen sensten.
»Ich kann das nicht.«
Die Worte kamen von Paul und ich blickte zu ihm hoch. Sein Gesicht lag halb im Schatten.
»Ich kann kein weißer Zeitwächter sein«, sagte er. »Das ist doch krank!« Langsam wich er in die Dunkelheit zurück. »Ich kann das nicht! Ich kann einfach nicht!«
Barnabas presste die Lippen aufeinander. Er streckte die Hand aus und griff Paul beim Arm. »Du bist der zukünftige weiße Zeitwächter.«
»Ich will aber nicht!«, erwiderte Paul voller Panik, doch er konnte Barnabas’ Hand nicht abschütteln. »Ich kann das nicht! Ich kann den Leuten keine Schutzengel verpassen, nur damit sie am Ende von diesem Abschaum gefressen werden! Dann sollen sie lieber jung sterben!«
Ich ließ den Kopf hängen, während Paul sich aus Barnabas’ Griff zu winden versuchte. Schließlich gelang es ihm und er wich zurück und rieb sich den Arm. Und da waren wir wieder - genauso weit wie vorher. Keiner von uns wollte tun, was von ihm verlangt wurde. Das hätte mich eigentlich traurig stimmen sollen, stattdessen aber war ich froh, dass ich damit nicht die Einzige war. Vielleicht würden wir ja zusammen das schaffen, was allein unmöglich schien.
»Jetzt hör mir mal zu!«, sagte schließlich Barnabas zu Paul, dessen Hand auf seinem Amulett lag, als wäre es der Griff seines Schwerts. »Du bist der zukünftige weiße Zeitwächter. Du wirst gefälligst den Mund halten und lernen, was Ron dir beibringt. Und wenn er geht, wirst du sein Amulett in Empfang nehmen.«
»Barnabas!«, rief Nakita entrüstet.
Barnabas ignorierte sie. »Und wenn du erst deine volle Macht ausgebildet hast, kannst du deine Einstellung zum freien Willen dazu nutzen, die Dinge zu ändern«, schloss er.
Josh stieß die Luft aus, als er verstand, und ich versteifte mich. Barnabas wandte mir seinen Blick zu und ich erschauderte, als ich den Schmerz darin sah. Seine dunklen Augen schienen darin zu ertrinken. »Das gilt für euch beide«, sagte er zu mir und seine Stimme brach. »Wir müssen geduldig sein.«
»Ich will aber nicht mein ganzes Leben lang warten, bis sich etwas ändert«, protestierte ich.
»Dann such die für verloren erklärten Seelen«, sagte Barnabas und in seiner Stimme lag plötzlich eine neue, unheimliche Leidenschaft, die ihn beinahe fanatisch wirken ließ. »Rede mit ihnen, wenn sie dir zuhören. Und zwar bevor Ron ihnen einen Schutzengel schickt oder die Seraphim einen Todesengel aussenden, um sie zu sensen.«
Das war genau das, was ich schon die ganze Zeit versuchte. Barnabas glaubte also daran, dass es möglich war. Und vielleicht ja jetzt auch Paul. Und wenn Paul daran glaubte, hatten wir vielleicht tatsächlich eine Chance.
»Wir müssen Tammy finden«, sagte Paul und seine Stimme klang beinahe wild. »Wir müssen das verhindern. Wir dürfen sie ihr Leben nicht weiterleben lassen, wenn am Ende nur … ihre Erinnerungen und alles, was von ihrem Leben noch übrig ist, von diesen hohlen Aasgeiern gefressen werden.«
»Dann versuchen wir es?«, fragte ich und mein Inneres erbebte beinahe vor Hoffnung.
Paul holte Luft, denn er wusste, dass es hier um mehr ging als nur darum, Tammy zu reuen. Er würde ziemlichen Ärger bekommen. Ron würde
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