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Böse Schafe: Roman (German Edition)

Böse Schafe: Roman (German Edition)

Titel: Böse Schafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Lange-Müller
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vor einem Zeitungskiosk gab ich dir kleine Küsse hinters Ohr, die du hinnahmst wie Entschuldigungen. Und deine Laune besserte sich; im Zug packtest du dir lachend das Zweikilonetz mit Kartoffeln auf die Knie. »Das sind die von den ganz schlauen Bauern«, sagtest du.
    Als ich dich begriffsstutzig anblickte, lachtest du noch breiter. Wenn die dümmsten Bauern immer die größten Kartoffeln hätten, so deine Erklärung, könnten unsere kleinen ja nur von den schlauen stammen. »Mann, müssen die klug sein und sich angestrengt haben, um aus stinknormalen Knollen solche Knippkugeln rauszuzüchten. Aber das Endziel sind sicher Kartoffelerbsen. Diekochen dann bloß drei Minuten und werden samt Pelle verputzt.«
    Dir, nicht mir, rannen Tränen, allerdings Lachtränen, übers Gesicht, sobald du meins ansahst, in dem sich nicht einmal die Mundwinkel hoben. Du schautest zu mir, dann wieder auf die runzligen, hier und da schon keimenden Kartoffeln, die dir, wie du meintest, die schönsten Stielaugen machten, und konntest dich gar nicht mehr beruhigen.
    Zu Hause nötigte ich dich auf meine Matratze; du, noch immer lachend, ließest mich gewähren. Warst wohl auch geschmeichelt, weil ich dich so sehr wollte – und diesmal unbedingt bis zum Schluß in mir behalten. Doch als ich gekommen war, schnell wie meistens und heftig unter dem Druck von Eifersucht oder Verlustangst oder beidem, gelang es dir wieder, mich von der Palme zu holen, wie auch ich deine Interruptionstechnik mittlerweile nannte. Als übten wir für eine bodenakrobatische Darbietung, schobst du deine großen Hände in meine Achselhöhlen und stemmtest mich von dir weg. Aber ich wollte nicht schweben. Meine Schenkel hielten dich schraubstockfest; ich verlagerte mein ohnehin nicht geringes Gewicht ganz auf deinen Schwanz, der, wie ich deutlich spürte, die Spannung verlor und schrumpfte – und dagegen, das erregte mich stärker, als es der schon wieder abflauende Orgasmus vermocht hatte, war ich völlig machtlos. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit war derart überwältigend, daß ich fürchtete, es könnte mich in einen durch nichts mehr zu lösenden Krampf bannen. Möglich, daß du davon etwas mitbekommen hast, denn währendmich deine eine Hand um so fester hielt, kraulten die Finger deiner anderen Hand jene Stelle oberhalb meines Bauches, an der ich kitzlig war wie nirgends sonst. Und die Starre, die mich ergriffen und begonnen hatte, mir die Muskeln zu verhärten, wich und verwandelte mich abermals: in ein zuckendes, lachendes Knäuel, das schließlich von dir runter- und noch eine ganze Weile allein auf der Matratze herumrollte. Du hattest dir ja den Bademantel umgehängt und dich in die Küche verzogen.
    Wie immer, solange wir miteinander hausten, kamst du bald zurück. Einen Löffel zwischen den Zähnen, eine Schüssel voll Joghurt vor der Brust, hocktest du dich hin, schautest mich an, als wolltest du etwas sagen, und machtest auch den Mund auf, doch nur, damit der Löffel in den Joghurt fallen konnte. Ein netter Trick, den ich sonst gerne bewunderte; diesmal bewirkte er allerdings bloß, daß ich es endlich schaffte, wieder ernst zu werden.
    Weil ihr noch irgendwo Holz holen wolltet, verließest du meine Wohnung an jenem Tage in Franks Gesellschaft und früher als ich. So fuhr ich ohne dich in die Eisenacher Straße. Im Treppenhaus, am vorderen Ende des langen Flurs, der zu den Räumen der Triade führte, begegnete ich vier Frauen, die, wie Joe mir fünf Minuten später auf meine Nachfrage hin beschied, gerade bei der »Angehörigengruppe« gewesen waren. Eine der Frauen verstellte mir den Weg und musterte mich derart feindselig, daß ich nicht umhinkam, sie zu fragen, welche Laus ihr denn über die Leber gelaufen sei.
    »Wir«, motzte sie, »sind die Mütter von denen, die hier landen. Und sein Kind kann man sich nicht aussuchen.Aber was ist mit Tussis wie dir? Bist du pervers, oder findest du keinen besseren Stecher?«
    Ist das nicht ein bißchen einfach gedacht, erwiderte ich, lapidarer als beabsichtigt, und drückte mich, meinen Hintern die Wand entlangschiebend, an den Frauen vorbei.
    Wieder saßen wir wie seine braven Schüler auf unseren Klappstühlen, und wieder ging Joe, ehe er zu sprechen begann, ein paar die Spannung steigernde Minuten hin und her, musterte uns ausgiebig, einen nach dem anderen, und fragte dann, betont unbeteiligt, als erkundige er sich nach dem Wetter in Wladiwostok, wie es denn so ginge »mit unserm Harry«.
    Ein paar Minuten,

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