Böser Mann - Provinzkrimi
und der weitläufige Eingangsbereich waren über viele Jahrzehnte gut gepflegt worden. 1952 hatte Mikes Großvater mit dem Bau begonnen, und es hatte sechs lange Jahre gedauert, bis er fertig war. Chronischer Geldmangel, Arbeitslosigkeit und Krankheiten hatten ihn immer wieder zurückgeworfen, doch zum Schluss hatte Franz-Josef Menzinger alles gepackt. Mikes Vater hatte das Anwesen später übernommen und jede freie Minute genutzt, um es zu erhalten und, wenn nötig, zu modernisieren. So hatten die Menzingers vergangenen Sommer mit vereinten Kräfen rund ums Haus Dämmung angebracht und das Dach erneuert.
Deshalb wollte Mike, dass Sammy Strauss verprügelt, dachte Luginger. Weil Mike Britta Höpfner geliebt hat und nicht ertragen konnte, dass sie mit Axel Strauss zusammen war. Weil er von Britta wusste, welches Schwein der war. Weil er nicht verstand, dass Britta bei ihm geblieben ist, obwohl er außer miesen Geschäften nichts zu bieten hatte.
Wenn sich Mike jetzt verdrückt hat, wird’s eng. Die Weibel
wird ihn durch die Mangel drehen, nachdem sie mit der Höpfner geredet hat. Lugingers Gedanken fogen hin und her. Brettmann! Was hat er der energischen Kommissarin heute Morgen noch erzählt? Herrje, eifersüchtiger Exknacki findet die Leiche seines Nebenbuhlers mit Zapfhahn im Arsch. Da glaubt doch kein Mensch mehr an Zufall. Jessica Weber! Sein Gspusi und seine Zeugin! Hat die Weibel nicht gesagt, die ist nicht ganz geheuer?
Luginger saß noch immer in Monis Klapperkiste und drehte Zigaretten. Auf Vorrat drehte er sonst nicht. Drehen und Rauchen waren eins. Tabak musste frisch gerollt sein, damit er schmeckte. Als er sah, wie seine Finger zitterten, legte er den Tabakwurm zurück und zerknüllte das Papierchen.
Mit Mike war das schon immer was Besonderes. Ein netter Kerl, der sich erwischen ließ, und ein Bruder Leichtfuß, der nicht merkte, wenn andere ihn ausnutzten. Mit 19 einen Porsche geklaut, weil ihm zwei Drecksäcke ein paar Hunderter angeboten hatten. Nur für eine Spritztour, wir bringen ihn zurück, mach dir nicht ins Hemd, Mann, das merkt keiner, morgen steht er vollgetankt wieder da, wo du ihn mitgenommen hast. Mit 20 Alkohol am Steuer und wenig später viel zu viel Shit im Kofferraum, um einen auf Eigenbedarf zu machen.
Als er jung war, war es ihm ähnlich gegangen. Alles Scheiße, zu wenig Geld, zu wenig Mädels und ein Kaff voller Langweiler. Leuterding vor 40 Jahren, o Gott! Noch nicht mal die Pille hatte es in die katholischen Haushalte geschafft. Sex war Gummisache, lange Haare schrien nach dummen Sprüchen, und wer Willy wählte, stand auf der Todesliste. Nur München war anders, für München brauchte man aber Geld, und er hatte selten welches gehabt. Ohne seinen R4 wäre er gestorben. Sein Vater
hatte ihm damals die 400 Mark rübergeschoben, die er brauchte, um die Kiste vom Schrottplatz zu holen. Wie of hatte er den Wagen eigentlich auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt? Wie viele Wochenenden hatte er seinen Eltern im Lokal geholfen, um Geld für Ersatzteile aufzutreiben? Und wie viel Glück hatte er gehabt, wenn er Klamotten klaute und nie erwischt wurde. Eine echte Wrangler-Jeansjacke war mal unter einem dicken Winterpulli und einem schweren Mantel mit Hirschhornknöpfen mitgegangen. Das Bild, wie er da schweißnass im Herbst 76 aus dem Laden in der Kaufingerstraße raus ist, sah er heute noch gestochen scharf vor sich.
Plötzlich klopfe es ans Fenster, und Luginger sah Faulhubers Grinsen.
»Was machst du denn hier?«, fragte Luginger, nachdem er sich aus dem Auto gequält hatte. »Donnerstagnachmittag, da bist doch in deiner Praxis.« Dann sah er, dass Faulhuber Dexter mitgebracht hatte, und seine Stimmung wurde schlagartig besser. »Ja, Dexter, ja, bist du das.« Luginger ging in die Hocke, kraulte Hundefell und trällerte: »Och ja, feiner Hund, schöner Hund, dass du mich besuchst.«
Während Luginger sein Repertoire an Hundetext mit »hhm, ja, meine Hand, lecker, ja, süßes Viech, och, Dexter, hast blendend weiße Zähne, ja, sabberst a bisserl rum, prima, ja, ooch« abspulte, hörte er Faulhuber sagen: »Zugesperrt hab ich, Franz. Ich will einfach nicht mehr. All den Leuten im Mund rumwühlen. Für was? Für Geld? Nein! Geld hab ich genug, also hab ich beschlossen, Donnerstagnachmittag mach ich zu, fertig, aus.«
»Und da kommst zu mir, um deine Kohle loszuwerden«, sagte Luginger, nachdem er aufgestanden war und Dexters Schnauze nur noch mit seinem Schuh
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