Böser Mann - Provinzkrimi
wies Luginger zurecht, ohne auf Frau Weibel Rücksicht zu nehmen. »Deine Mutter braucht dich, und du verdrückst dich. Sie muss zum Röntgen. Ich hab Resi getroffen, die Gute ist völlig durch den Wind. Dr. Brettmann scheint auch keine große Hilfe zu sein.«
Dann wandte sie sich an die Kommissarin, grüßte kurz und tippte Zahlen in ihr Handy. »Ja, der Franz kommt sofort. Er kann ja mein Auto nehmen. Bis zum Ärztehaus ist’s doch nur
ein Katzensprung. In fünf Minuten ist er da. Also, Resi, bis gleich.«
Frau Weibel schaute irritiert. Luginger lächelte, und Moni legte ihren Autoschlüssel auf den Tresen.
»Mach hin, das dauert nicht lange. Trag deine Mutter ins Auto und setz sie auf den Vordersitz. Einen Krankenwagen will sie nicht. Du kennst sie ja.«
Zwei am Empfang, dazu eine Blonde und eine Brünette mit Unterlagen in den Händen in gemächlichem Dauerlauf und eine langbeinige, vollbusige Superschicke ohne Aufgaben. Zum Angucken. Fünf Mädels, dachte Luginger, der neben seiner Mutter saß und nichts zu tun hatte. Keine über 20, warum eigentlich?
Die Blonde rief nach einem Maximilian Kreutzer. Ein Junge erhob sich und hinkte aus dem Wartebereich.
Lugingers Mutter blätterte in einer Illustrierten. Er hielt ihren Stock in der Hand und beobachtete, wie ein junger Arzt Röntgenbilder am Empfang ablegte und Anweisungen erteilte, die für Betriebsamkeit sorgten. Schubladen in Hängeschränken wurden aufgezogen, Zettel beschrieben, eine übergewichtige Patientin beruhigt.
»Der Obama ist ja grau geworden«, sagte Anna Luginger.
Die Fischer hat der Weibel irgendwas erzählt, dachte Luginger. Irgendwas Beeindruckendes, milde Stimmendes. Warum sonst lief sie so zahm durch die Gegend? Und mit dem Geiger kommt sie nicht weiter. Das ist ein ganz Gerissener. Der schwimmt schon lange oben und weiß, wie man oben bleibt.
Ein Mädchen hörte Musik über Kopfhörer, ein braun gebrannter
Mann in Arbeitsklamotten und beeindruckend behaarten Unterarmen gähnte, und eine gut gekleidete Frau in einem engen hellblauen Kostüm um die 50 blickte nervös auf ihre Armbanduhr.
»Im Weißen Haus sind die Rasenmäher kaputt«, sagte seine Mutter.
Luginger musterte die Superschicke so unauffällig wie möglich. 1,80, lackierte Fingernägel, blaue Jeans, dunkelbraunes kurz geschnittenes Haar, volle Lippen, etwas Make-up und Proportionen, um die sie viele andere Frauen beneiden würden. Null Komma null null Fett da, wo keins hingehörte, und eine Taille, die Männerhirne beflügelte.
»Die Freundin von dem Schweini ist ja Fotomodell«, hörte Luginger seine Mutter füstern. »Ein hübsches Ding.«
Jetzt kam die Brünette und bat eine Frau Wiesner in Besprechungszimmer zwei. Zu pummelig, dachte Luginger, zu viel MacDonalds, zu wenig Bewegung, Liebeskummer und einen Job, der ihr nach ein paar Wochen schon zum Hals heraushängt.
Plötzlich griff Anna Luginger nach ihrem Stock und zeigte auf den Wartebereich im Gang, in dem niemand saß. »Komm, lass uns da drüben hinsitzen. Das dauert eh noch. Ich muss mit dir reden.«
»Hast Geheimnisse?«, fragte Luginger.
»Herr Arno Geiger«, sagte seine Mutter. »Kennst den?«
»Mama, was soll das?«
Luginger half seiner Mutter aufzustehen. Dann pilgerte er mit ihr zu drei Plastikstühlen, die vor einer Tür mit der Aufschrif »Röntgen« standen.
»Also der Dr. Brettmann, bei dem warst ja heut Morgen auch gewesen, der kauft ab und an mal frischen Fisch bei der Killert,
die kennst du doch, die Tochter vom Schäfner, die den Killert Horst geheiratet hat und die früher den Fotoladen neben der Apotheke gehabt hat …
»Ja, Mama, ich weiß …«
»Der Fotoladen ist dann pleite gegangen, und jetzt hat sie das Fischgeschäft, da kriegst alles, frische Forellen, Kabeljau, Lachs, und wenn du was anders brauchst, Wildschwein zum Beispiel, das besorgt die dir …«
»Ja, Mama, und wenn die Schuh kaputt sind, kannst sie auch bei ihr abgeben.«
»Stimmt das?«
»Was willst mir denn eigentlich erzählen?«
»Dass die Polizei bei der Killert war und sie gesagt hat, dass ein Herr Geiger durch ihren Hinweis gefunden worden ist.«
»Und das erzählt sie jedem, der da durch ihren Laden läuft Sauber«, bemerkte Luginger leise.
»Nicht jedem, aber Dr. Brettmann. Der hat nämlich ihre Schwester vor bald 20 Jahren durchs Abitur geschoben. Also ohne seine Hilfe wär das damals nix geworden.«
»Aha.«
Anna Luginger war verstummt. Die Superschicke und die Brünette liefen plaudernd zum
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