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Boeser Traum

Boeser Traum

Titel: Boeser Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Schlieper
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noch nicht an, sondern streifte es sich im Gehen über. Diese Szene hatte sich auf Charlottas Netzhaut gebrannt. Es war nur ein ganz kurzer Moment gewesen. Sein braun gebrannter Körper, die nackte Haut, die Art, wie er sich schnell die Haare wieder glatt gestrichen und sich ins Gewühl gestürzt hatte. Sie war danach noch oft ein bisschen länger geblieben. Hatte sich sogar schon Themen überlegt, die sie im Anschluss ans Volleyball mit den Mitspielerinnen bequatschen konnte, um nicht alleine auf der Tribüne zu stehen. Irgendwann war Mats in der Pause auf dem Schulhof zu ihr gekommen.
    Â»Kannst du heute nach deinem Training wieder ein bisschen bleiben und zuschauen? Wir haben ein Testspiel, und ich glaube, du bringst mir Glück«, hatte er gesagt und war weiter zum Cola-Automaten gegangen.
    Er hatte also bemerkt, dass sie länger geblieben war. Sie bringe ihm Glück … Ihr Bauch fühlte sich in dem Moment an, als würden mehrere Ameisen-Kolonien Zumba tanzen. Natürlich hatte sie sich daraufhin das ganze Spiel angeguckt und seine Mannschaft hatte gewonnen. Sie hatte sich nicht getraut zu warten, bis er aus der Umkleide käme. Das wäre ihr zu aufdringlich vorgekommen. Schweren Herzens hatte sie sich nach dem Abpfiff auf ihr Rad gesetzt. Als Mats am nächsten Tag auf dem Schulhof zu ihr kam, schlug ihr Herz Purzelbäume.
    Â»Warum warst du gestern Abend so schnell weg? Konnte ich mich ja gar nicht bei meiner Glücksbringerin bedanken. Aber ich habe was für dich.« Und er überreichte ihr eine Tüte mit vielen kleinen Merci-Riegeln.
    Emilia hatte danebengestanden und abwechselnd von Mats zu Charlotta geguckt.
    Â»Das ist ja supernett. Vielen Dank«, hatte Charlotta Mats geantwortet und war rosa angelaufen.
    Â»Was ist denn mit dir? Du siehst aus wie ein Hubba-Bubba«, hatte Emilia gesagt.
    Â»Ich habe ihm gestern Abend beim Basketball die Daumen gehalten und er hat gewonnen. Da ist es doch nett, dass er sich bei mir bedankt«, hatte Charlotta erklärt.
    Â»Klar. Und zum Geburtstag bekommst du von ihm ein Yes-Törtchen mit einer Kerze drin. Ach, total süß«, hatte Emilia geätzt.
    Diese Erinnerungen blendet Charlotta jetzt aus. Das war gemein von Emilia – keine Ahnung, was die gegen Mats hat …
    Um kurz vor fünf meldet sich der Polizist Markus Bernd noch mal im Krankenhaus, erkundigt sich nach Emilias Gesundheitszustand. »Unverändert kritisch« wird ihm mitgeteilt. Er starrt aus dem Fenster. Er weiß, er muss die Eltern des Mädchens erreichen. Wenn ihr Kind sterben sollte, wenn das Gehirn das Trauma nicht überlebt, werden die es sich niemals verzeihen, dass sie in der Stunde des Todes nicht da waren. Weil sie vielleicht so etwas Banales gemacht haben wie Shoppen. Er hat schon erlebt, wie Menschen unter diesem schlechten Gewissen zerbrochen sind. Auch wenn Emilia vorher nicht wieder zu sich käme, vom Koma direkt in das Nichts hinübergleiten würde, die Eltern könnten es nicht ertragen, sie alleingelassen zu haben. Er muss sie erreichen. Er muss ihnen die Chance geben, ihrer lebenden Tochter über die Hand, die Wange zu streicheln. Die Haut muss noch warm sein. Er muss ihnen die Chance geben, zumindest kurz zwischen Hoffen und Ängsten zu schweben, ehe die Hoffnung ganz erlischt. Sie müssen sich auf einen Abschied vorbereiten können. Der Polizeibeamte ist aufgestanden und zum Fenster gegangen. Die Behörde ist nicht gerade im besten Viertel der Stadt untergebracht. Hier wohnen viele Menschen, die morgens länger schlafen können oder müssen. Die Häuser sind alt, viele Bewohner auch. Und trotzdem sieht Bernd fröhliche Gesichter. Er hört Kleinkindlachen vom Spielplatz gegenüber. Das gute Wetter bringt die bessere Laune der Menschen ans Tageslicht. Vielleicht sind auch Emilias Eltern draußen. Samstagnachmittag. Nicht unwahrscheinlich, dass sie im Garten sitzen. Er stellt sie sich vor. Emilias Mutter pflanzt Blumen, der Vater mäht den Rasen. Wahrscheinlich haben sie deswegen das Telefon nicht gehört. Er beschließt, auf dem Weg nach Hause bei der Familie Engels vorbeizufahren. Wahrscheinlich ist es für die Eltern ohnehin besser, die Nachricht persönlich zu erfahren. Für ihn ist es nicht besser. Er hasst die Momente, wenn er schlechte Botschaften übermitteln muss. Er weiß genau, wie unangenehm es den Menschen oft ist, dass sie vor einem fremden Menschen

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