Boeser Traum
Und wenn es da im Keller ist, wird es schmutzig sein. Er stellt sich jetzt schon vor, wie er diese Lotta baden wird. Er wird ihre Haare waschen. Ganz vorsichtig, damit sie keinen Schaum in die Augen bekommt. Er wird alles sorgfältig ausspülen. Er wird ganz vorsichtig ihren Rücken und ihre Arme einseifen, er wird zwischen den Zehen saubermachen. Er wird sie in ein groÃes weiÃes Handtuch hüllen und ihr sagen, dass sie keine Angst mehr haben muss.
Sie wird keine Narbe im Gesicht haben.
Einen Schnitt weit entfernt
C harlotta wacht mit trockenem Mund aus einem schlafähnlichen Zustand auf. Ihre Gedanken waren abgerudert, das Bewusstsein hatte sich zeitweise ausgeschaltet. Die Müdigkeit hatte immer mal wieder kurz gewonnen. Dann war sie wieder zitternd aufgeschreckt, ihr Herz im Hals spürend. Jetzt kommt sie nach einer fast zweistündigen Schlafphase zu sich. Es dauert nur einen Wimpernschlag lang, bis ihr einfällt, wo sie ist. Sie versucht zu schlucken. Es kratzt. Sie stellt sich ein groÃes Glas Apfelschorle vor. Es ist so kalt, dass es beschlagen ist. Sie hebt es an, trinkt es gierig aus. Ein paar Tropfen laufen ihr seitlich aus dem Mund. Sie streift die Vorstellung ab und greift zitternd nach der Wasserflasche, in der nur noch wenig Flüssigkeit schwappt. Sie zwingt sich dazu, nach zwei kleinen Schlucken die Flasche wieder abzusetzen. Ihr scheint, als sei es heller geworden. Kann es sein, dass schon ein neuer Tag anbricht? Dann ist der Montag schon da. Sie schüttelt den Kopf und steht zögernd auf. Sie muss was tun. Ihr wird klar, dass sie selber aktiv werden muss. Sie schaut sich um. Die Tür oder die vergitterten Fenster: Wo soll sie es versuchen? Zögernd geht sie die Treppe hoch. Sie rüttelt an der Klinke. Die Metalltür bewegt sich keinen Millimeter. Die Klinke ist mit verrosteten Schrauben festgemacht. Sie geht wieder runter, sucht den Boden mit den Augen ab. Da liegen ein paar alte Ziegelsteine, viel Dreck, eine kaputte Leiter, einig e kleine Scherben und zwei Nägel. Sie versucht es mit der spitzen und der platten Seite eines Nagels. Die Schrauben in der Tür lassen sich nicht drehen. Sie versucht es immer verzweifelter, Tränen laufen ihre Wangen runter. Völlig entnervt und nach drei schmerzhaft eingerissenen Fingernägeln wirft sie den Nagel in die Ecke. Durch einen feuchten Schleier schaut sie zu den Fenstern. Da muss es funktionieren. Das ist ihr letzter Ausweg. Sie hadert nicht lange, geht runter, schnappt sich einen der Steine und schleudert ihn gegen eine der kleinen vergitterten Scheiben.
Sie erschrickt, wie laut es knallt. Es klirrt in ihren Ohren. Es hallt nach. Die Scheibe ist kaputt. Ein paar Scherben und der Stein sind nach innen gefallen, ein Teil des Glases hängt noch im Rahmen. Es knirscht, als sie näher hingeht. Sie streckt sich und kommt zumindest an den unteren Rahmen. Sie kann sogar einen der Gitterstäbe fassen. Mehr aber auch nicht. Sie braucht irgendwas, auf das sie sich draufstellen kann. Um die Stäbe auseinanderzubiegen. Sie schaut sich um. In dem Raum steht der Ekeleimer. Auf der Treppe liegen die Decken. Sie wendet sich den Decken zu, versucht diese so klein wie möglich zu falten. Sie legt die Quadrate aufeinander, stellt sich darauf und fasst durch den Rahmen. Sie tastet und schreit auf. Ihre Finger haben irgendwas Weiches, Schleimiges gefühlt. Es fühlte sich tot an. Sie zieht den Arm zu schnell zurück. Ein Glasstück, das noch im Rahmen steckte, schlitzt ihr den Arm auf. Sie starrt auf das Blut, das aus der Wunde flieÃt. Ihr wird schwindelig â als sie von dem Stapel steigen will, kommt sie ins Taumeln und fällt in den Dreck. Da liegt sie schmutzig, blutend, durstig. Direkt vor ihren Augen liegt eine weitere Glasscherbe. Sie fixiert sie. Ihre Hand tastet danach. Ist das die Lösung? Einfach einen weiteren Schnitt schlitzen? Einmal längs hoch vom Handgelenk bis zur Beuge. Das müsste reichen, oder? Sie dreht die Scherbe in der Hand, guckt sie nachdenklich an.
Traut sie sich?
Traut sie sich, es nicht zu tun?
Oder zumindest noch nicht?
Erster Freund, beste Freundin
M atsâ Mutter öffnet schlecht gelaunt die Tür. Sie ist ein fröhlicher witziger Mensch. Nach zehn Uhr. Um acht Uhr wird sie normalerweise von niemandem angesprochen. Alle wissen, dass sie einfach kein Morgenmensch ist. Sie wird noch ein bisschen ärgerlicher, als sie feststellt, dass da schon wieder
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