Boeser Traum
zwei Polizeibeamte stören.
»Sie haben schon zweimal mit unserem Sohn gesprochen. Wollen Sie ihn jetzt ein drittes Mal verhören?«
»Wir möchten ihn gar nicht verhören. Wir würden gerne noch einmal kurz mit ihm reden«, sagt die Beamtin ganz freundlich.
»Glauben Sie im Ernst, ihm ist jetzt doch auf einmal eingefallen, dass er Charlotta am Samstagabend zufällig noch in einer Kneipe gesehen hat, oder was?«
»Das nicht. Aber wir haben Hinweise, dass die beiden sich doch wohl sehr gut verstanden haben. Und vielleicht hat Charlotta Ihrem Sohn ja etwas erzählt, dass sonst keiner weië, sagt die Beamtin ganz ruhig.
»Was meinen Sie genau mit âºsehr gut verstandenâ¹? Mein Sohn und Charlotta waren kein Paar.« Die Mutter ist echt genervt. Sie sieht, dass die Polizisten ihren Dienstwagen wieder direkt vor der Haustür geparkt haben. Zum dritten Mal in kürzester Zeit. Das wird in der Nachbarschaft ein schönes Getuschel geben.
»Könnten wir jetzt vielleicht kurz mit Mats reden?«, mischt sich der Kollege ein und macht einfach einen Schrit t in den Hausflur.
Zehn Minuten später sitzt ein verschlafener Mats am Esstisch. Er trägt einen Pyjama mit blauen Bündchen.
Der Beamte kommt gleich zur Sache. Er legt Mats ein Foto von Jenny vor, das er aus dem Netz hat. »Kennst du dieses Mädchen?«
Mats wuschelt sich durch die Haare, schüttelt leicht den Kopf, guckt dann hoch. »Doch, stimmt. Die kenne ich. Die war letzten Sommer immer im Freibad.«
»Und?«
»Nichts und. Die hing immer am Becken neben den Sprungtürmen ab. Saà da einfach nur rum und hat die Beine ins Wasser baumeln lassen.«
»Das ist alles?«
»Ja. Einmal hat sie so dämlich gequietscht, weil sie nass geworden ist, als ich vom Fünfer gesprungen bin. Ich habe ihr gesagt, dass sie vielleicht besser woanders chillen soll.«
»Und das hat sie dann gemacht?«
Mats guckt angestrengt. »Kann ich mich nicht mehr dran erinnern. Kann sein.«
Seine Mutter hat ihm mittlerweile einen Kakao gebracht. Die Beamtin muss ein Grinsen unterdrücken. Dieser groÃe Junge mit seinen blauen Bündchen und einem Kakaobart sieht nun wirklich nicht wie ein gemeiner Triebtäter aus.
»Wusstest du eigentlich, dass Charlottas beste Freundin am Samstag einen schweren Unfall hatte?«
»Ich habe davon gehört. Echt übel«, kommentiert Mats ruhig.
Die Beamten verabschieden sich. Im Auto lacht die Polizistin los. »Dieser Mats ist echt eher der Typ, der einer Prostituierten seine Jeansjacke leiht, damit sie sich so freizügig nicht erkältet«, kichert sie.
»Ich würde jetzt am liebsten diese Jenny aufsuchen und die mal genauer befragen«, brummt ihr Kollege. Er ist auch eher der Typ Morgenmuffel.
»Das machen wir auf gar keinen Fall. Dieses Schätzchen hat mehr als dreihundert Freunde im Netz und zwanzig verschiedene Fotos in den obskursten Situationen von sich hochgeladen. Die lassen wir schön in Ruhe weiterchatten.«
»WeiÃt du übrigens, was ich komisch finde? Wenn er und Charlotta so enge waren und Emilia und Charlotta angeblich eher so siamesische Zwillinge, warum interessiert dieser Mats sich nicht stärker für Emilia und wie es ihr so geht«, überlegt ihr Kollege.
»Erster Freund und beste Freundin, das geht oft nicht gut«, erinnert sich die Polizistin an ihre eigene Jugend.
»Und liegt da vielleicht genug Potenzial für ein Verbrechen?«
»Was willst du sagen? Diese Emilia hat ihre Freundin versteckt, damit der böse Konkurrent, auf den sie so eifersüchtig ist, eingelocht wird und sie die Freundin wieder befreien kann? Klingt ein bisschen merkwürdig, oder?«
Der Polizist hinter dem Steuer brummt nur beleidigt.
»Vielleicht könnte der Fernsehsender hier vor Ort eine Botschaft von uns senden? Wir werden dem Entführer alles versprechen, was er haben will. Wir werden an sein Mitgefühl appellieren.« Claudine Brandt ist ganz aufgeregt. Die Idee ist ihr gerade gekommen und sie ist davon ganz begeistert.
»Wir wissen ja noch gar nicht, ob es sich um eine Entführung handelt. Immerhin haben wir noch keine Lösegeldforderung. Und wenn Charlotta doch eher in der Gewalt einer psychisch kranken Person sein sollte, könnte das kontraproduktiv wirken. Diese Person könnte sich bedroht fühlen«, kommentiert Klaus Peters.
»Sie meinen, wenn ein
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