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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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tatsächlich eine Parklücke zwischen einem Lieferwagen und einer dunklen Limousine. Sie setzte den Blinker, gab Gas und zog nach links. Das wütende Hupen und Gestikulieren des Autofahrers hinter ihr, den sie zur Vollbremsung gezwungen hatte, ignorierte sie geflissentlich. Höflichkeit und Rücksichtnahme waren unangebracht im innerstädtischen Krieg um freie Parkplätze. Für ihr Auto wäre die Lücke zu klein gewesen, aber der Mini passte problemlos hinein.
    Hanna stieg aus und klemmte die Aktentasche unter den Arm. Sie hatte den Panamera morgens gleich abholen und in die Werkstatt bringen lassen. Der Werkstattleiter hatte sie eine Stunde später angerufen und gefragt, ob sie nicht Anzeige gegen Unbekannt wegen Sachbeschädigung stellen wolle.
    »Ich denke darüber nach«, hatte sie geantwortet und zugestimmt, dass die verunstaltete Motorhaube und die vier zerstochenen Reifen als Beweismaterial aufgehoben werden sollten. FOTZE . Wer hatte das getan? Norman? Vinzenz? Wer sonst wusste, wo sie wohnte? Den ganzen Vormittag hatte sie diesen beängstigenden Gedanken aus ihrem Kopf verbannt, aber nun drängte er sich wieder in den Vordergrund.
    Hanna entschloss sich, eine Abkürzung zu nehmen und bereute diese Entscheidung Sekunden später, denn auf der Fressgass war die Hölle los. Vor den Cafés und Restaurants waren alle Plätze unter den großen Sonnenschirmen besetzt, Mitarbeiter der umliegenden Büros und Läden nutzten ihre Mittagspause für ein Sonnenbad, knapp bekleidete Teenager, Mütter mit Kinderwagen und Rentner schlenderten ohne die übliche Frankfurter Eile die Einkaufsmeile entlang. Die Hitze entschleunigte die ganze Stadt.
    Hanna passte ihre Schritte dem gemächlichen Trott an. Auf hohe Absätze und ein Kostüm hatte sie heute verzichtet, stattdessen trug sie eine weiße Jeans, T-Shirt und bequeme Sneakers. Sie überquerte die Neue Mainzer in einem Pulk japanischer Touristen und betrat die Terrasse des KUBU vom Opernplatz aus. Neunzig Prozent des mittäglichen Publikums waren Anzugträger aus den benachbarten Bankentürmen, wenige Frauen in Businesskostümen und ein paar Touristen bildeten die Minderheit. Wolfgang saß an einem Tisch am Rande der Terrasse im Schatten einer Platane und studierte die Speisekarte.
    Als sie an den Tisch trat, blickte er auf und lächelte erfreut.
    »Hallo, Hanna!« Er stand auf, küsste sie links und rechts auf die Wangen und rückte formvollendet den Stuhl für sie zurecht. »Ich habe mir erlaubt, schon mal eine Flasche Wasser zu bestellen. Und etwas Brot.«
    »Danke. Sehr gute Idee, ich habe nämlich einen Riesenhunger.« Sie griff nach der Karte und überflog die Tagesangebote. »Ich nehme das Tagesmenü. Bärlauchschaumsuppe und Seezunge.«
    »Klingt gut. Ich schließe mich an.« Wolfgang klappte seine Karte zu, Sekunden später war die Kellnerin da und nahm ihre Bestellung entgegen. Zweimal Tagesmenü und eine Flasche Pinot Grigio.
    Wolfgang stützte die Ellbogen auf den Tisch, verschränkte die Finger ineinander und blickte sie forschend an. »Ich bin jetzt wirklich neugierig, was du dir ausgedacht hast.«
    Hanna gab etwas Olivenöl auf den kleinen Teller, streute grobkörniges Salz und Pfeffer darüber und tunkte ein Stück Weißbrot hinein. Durch die Aufregung heute Morgen hatte sie nicht einmal gefrühstückt, ihr Magen knurrte, und sie war kurz davor, aus Hunger schlechte Laune zu bekommen.
    »Wir gehen in die Offensive«, erwiderte sie kauend, nahm ihre Tasche auf den Schoß und zog die Klarsichthülle hervor. »Mit den Leuten, die sich über uns beschwert haben, haben wir schon Kontakt aufgenommen. Ich treffe mich morgen in Bremen mit dem Mann und nachmittags mit dieser Frau in Dortmund. Sie waren beide ausgesprochen zugänglich.«
    »Das hört sich doch schon mal gut an.« Wolfgang nickte. »Unser Aufsichtsrat und die Aktionärsvertreter sind ziemlich nervös. Schlechte Publicity können wir uns im Moment nicht erlauben.«
    »Ich weiß.« Hanna strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn und trank einen Schluck Wasser. Hier im Schatten waren die Temperaturen noch erträglich. Wolfgang nahm seine Krawatte ab, rollte sie zusammen und steckte sie in die Innentasche seines Jacketts, das er über die Stuhllehne gehängt hatte. Hanna erklärte ihm ihre Strategie in knappen Sätzen, und er hörte aufmerksam zu.
    Als die Suppe serviert wurde, waren sie sich einig, dass sie versuchen würden, den angerichteten Schaden zu begrenzen.
    »Und wie geht es dir sonst?«,

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