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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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erkundigte Wolfgang sich. »Du siehst ein bisschen müde aus.«
    »Das nimmt mich auch alles ziemlich mit«, gab sie zu. »Die Sache mit Norman und dieser ganze Ärger. Dazu hat sich Meike gestern Abend wieder furchtbar benommen. Ich glaube, es wird nie etwas mit ihr und mir.«
    Wolfgang gegenüber konnte sie aufrichtig sein, musste keine Rolle spielen. Sie kannten sich schon eine halbe Ewigkeit. Er hatte ihren steilen Aufstieg von der Nachrichtensprecherin beim Hessischen Rundfunk bis zum umschwärmten Fernsehstar miterlebt, und wenn sie irgendwohin musste und gerade keinen Mann an ihrer Seite hatte, konnte sie immer auf ihn als Begleiter zurückgreifen. Vor Wolfgang hatte sie keine Geheimnisse. Er war der Erste gewesen, dem sie damals erzählt hatte, dass sie schwanger war – noch vor Meikes Vater. Wolfgang war ihr Trauzeuge gewesen und Meikes Taufpate, er hörte ihr geduldig zu, wenn sie Liebeskummer hatte, und freute sich mit ihr, wenn sie glücklich war. Zweifellos war er ihr bester Freund.
    »Und als ob das nicht alles schon genug wäre, hat jemand heute Nacht alle vier Reifen von meinem Auto platt gestochen und die Kühlerhaube zerkratzt.« Sie sagte das bewusst leichthin, als würde es sie nicht besonders berühren. Wenn sie den Dämonen der Angst erst Platz in ihrem Leben einräumte, dann würden sie übermächtig werden.
    »Wie bitte?« Wolfgang war ehrlich erschrocken. »Wer macht denn so etwas? Hast du die Polizei gerufen?«
    »Nein. Bis jetzt nicht.« Hanna wischte den Teller mit einem Stück Brot aus und schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich war es nur irgendein neidischer Idiot, dem der Panamera ein Dorn im Auge ist.«
    »Du solltest das nicht auf die leichte Schulter nehmen, Hanna. Ich mache mir sowieso Sorgen, weil du alleine in diesem Riesenhaus am Wald wohnst. Was ist mit den Überwachungskameras?«
    »Die sollte ich mal austauschen lassen«, sagte sie. »Im Moment sind sie nur Staffage.«
    Die Kellnerin kam, schenkte Weißwein nach und räumte die Suppenteller ab. Wolfgang wartete, bis sie verschwunden war, dann legte er seine Hand auf Hannas. »Wenn irgendetwas ist, wenn ich dir irgendwie helfen kann … du weißt, du musst es mir nur sagen.«
    »Danke.« Hanna lächelte. »Ich weiß.«
    Ganz plötzlich schoss ihr der Gedanke durch den Kopf, wie froh sie sein konnte, dass Wolfgang nicht verheiratet oder ernsthaft liiert war. An seinem Aussehen lag es nicht. Er war zwar kein Adonis, aber auch nicht gerade unattraktiv. Im Gegensatz zu den meisten Männern, die sie kannte, hatten ihm die Jahre gutgetan und seinen jugendlich weichen Gesichtszügen eine kantige Männlichkeit verliehen, die ihm gut stand. Sein Haar wurde an den Schläfen grau, und die Lachfältchen um seine Augen waren tiefer geworden, aber auch das stand ihm gut.
    Vor ein paar Jahren hatte er mal eine Freundin gehabt, eine langweilige blasse Rechtsanwältin, mit der es ihm ziemlich ernst gewesen war, doch sie hatte vor den Augen von Wolfgangs Vater keine Gnade gefunden. Irgendwie war die Beziehung dann auseinandergegangen; Wolfgang hatte nie darüber gesprochen, aber auch nie mehr eine feste Freundin gehabt.
    Die Seezunge wurde serviert. Im KUBU dauerte es mittags mit dem Essen nie lange, man wusste, dass die Gäste, die zum Businesslunch kamen, nicht viel Zeit hatten.
    Hanna griff nach ihrer Serviette.
    »Ich lass mich nicht ins Bockshorn jagen«, sagte sie energisch. »Jetzt müssen wir erst mal die Kuh vom Eis kriegen, was meine Sendung betrifft. Denkst du, meine Strategie kann funktionieren?«
    »Ich glaube schon«, erwiderte Wolfgang. »Überzeugend kannst du ja sein, selbst wenn du nicht von irgendetwas überzeugt bist.«
    »Genau!« Hanna griff nach ihrem Weinglas und prostete ihm zu. »Wir kriegen das schon hin.«
    Er stieß mit ihr an. Die Besorgnis in seinem Blick war einer leisen Enttäuschung gewichen. Aber das bemerkte Hanna nicht.
    *
    Rings um das Institut der Rechtsmedizin an der Kennedyallee war kein Parkplatz mehr zu finden, Bodenstein parkte schließlich in der Eschenbachstraße, und sie gingen die paar hundert Meter zu Fuß. Pias Entscheidung, an die Öffentlichkeit zu gehen, hatte für beträchtliches Medieninteresse gesorgt. Die Presse drängte sich auf den Bürgersteigen, stürzte sich auf jeden, der ins Institut hineinging oder herauskam. Ein Reporter erkannte Bodenstein und Pia, und im Nu waren sie umzingelt und eingekesselt. Aus dem Geschrei und den Fragen entnahm Pia, dass irgendwoher das Gerücht

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