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Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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Kleinigkeiten wie den Preis von Pias Kleid – neunundfünfzigneunzig – nicht vergaß. Das kosteten schätzungsweise zehn Quadratzentimeter von Miriams Kleid.
    »Dieses Kind bringt mich vorzeitig ins Grab.« Pia rollte die Augen.
    »Du, Pia, guck mal, den einen Jungen da, den kenn ich vom Opelzoo!« Das Mädchen deutete auf ein Paar, das mit einem etwa achtjährigen Jungen bei einer Gruppe von Leuten stand.
    »Man zeigt nicht mit dem Finger auf andere Leute«, tadelte Pia.
    »Mit was denn sonst?«, fragte Lilly.
    Pia holte tief Luft, dann zuckte sie die Schultern.
    »Vergiss es. Geh spielen. Aber bleib bitte in der Nähe und melde dich jede Viertelstunde bei mir.«
    Gehorsam zog das Mädchen ab und steuerte direkt auf den Jungen zu. Scheu kannte sie keine.
    »Sag mal, Henning, der Mann neben dem Jungen, ist das nicht Staatsanwalt Frey?«, fragte Pia und kniff die Augen zusammen. »Was macht der denn hier?«
    »Markus Frey ist im Kuratorium der Finkbeiner-Stiftung«, erklärte Miriam an Hennings Stelle und löffelte ein geeistes Gurkensüppchen mit karamellisierter Schalentierkruste aus einem Schnapsgläschen. »Kennst du ihn?«
    »Wie ich halt die Frankfurter Staatsanwälte kenne«, erwiderte Pia. »Er war neulich an einem Leichenfundort und am Tag darauf sogar bei der Obduktion.«
    »Seid ihr in der Angelegenheit eigentlich schon weitergekommen?«, erkundigte sich Henning, dann senkte er die Stimme. »Da kommt übrigens Charlotte. Greif schnell zu. Ich erkenne deutlich die nur mühsam beherrschte Gier in deinen Augen.«
    Pia warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Zum Zugreifen war es zu spät, Miriams Großmutter hatte sie erspäht. Aus unerfindlichen Gründen hatte die alte Dame Pia vor vielen Jahren in ihr Herz geschlossen, und seitdem sie vor ein paar Jahren den Mord an einem engen Bekannten aufgeklärt hatte, lud sie sie zu jedem erdenklichen Anlass ein. Es dauerte eine geschlagene halbe Stunde, bis Pia endlich wieder in die Nähe des Buffets kam.
    Die Luft war drückend geworden, die Mücken aufdringlich. Für die Nacht hatte der Wetterdienst ein heftiges Gewitter angekündigt. Bevor es losging, wollte Pia zu Hause sein. Rasch lud sie einen Teller voll mit Köstlichkeiten und machte sich auf die Suche nach Miriam, die sie schließlich mit Henning und ein paar anderen Bekannten in einem der Pavillons unter den herrlichen alten Kastanien im Garten fand. Die Stimmung war fröhlich, man kannte sich untereinander gut, Neckereien flogen hin und her. Wieder einmal war Pias Kleid bevorzugtes Ziel von Hennings stichelnden Bemerkungen, schließlich reichte es ihr.
    »Jemand, der mit einer solchen Brille durch die Gegend läuft, sollte mal besser den Mund halten, wenn es um das Thema Mode geht«, sagte sie, und die Umstehenden lachten.
    »Da sieht man wieder, dass du keine Ahnung hast.« Henning verzog das Gesicht. »Allein das Gestell hat achthundert Euro gekostet, von den Gläsern ganz zu schweigen.«
    »Wo hast du sie her?« Pia grinste. »Etwa Nana Mouskouri abgekauft?«
    Die Runde brüllte los vor Lachen, und Henning, der Späße auf seine Kosten nicht sonderlich schätzte, war beleidigt.
    Plötzlich fiel Pia Lilly ein, die sie schon seit einer geraumen Weile nicht mehr gesehen hatte.
    Viele Gäste hatten sich ins Haus begeben oder waren bereits gegangen, denn morgen war ein Arbeitstag, außerdem blieb man unter der Woche nicht bis Mitternacht. Das war unhöflich. Im Park war keine Spur von Lilly, und Pia wurde sofort wieder nervös. Eine Aufregung dieser Art pro Tag reichte ihr voll und ganz.
    »Vielleicht sollte ich diesem Kind einen Peilsender unter die Haut implantierten lassen«, sagte sie zu Miriam und Henning, die ihr bei der Suche halfen. »Der Tag heute hat mich um zehn Jahre altern lassen.«
    Schließlich fanden sie Lilly im Gartensalon. Sie und ihr Spielkamerad aus dem Opelzoo lagen schlafend auf einem der Sofas, und Lilly hatte sich ausgerechnet den Oberschenkel von Oberstaatsanwalt Frey als Kopfkissen ausgesucht. Seine Hand ruhte leicht auf ihrem Kopf, während er sich mit zwei anderen Herren unterhielt, die in den Sesseln gegenüber saßen.
    »Die Schöne und das Biest«, murmelte Henning spöttisch. »Welch Idyll.«
    »Ah, Frau Kirchhoff, Dr. Kirchhoff.« Der Oberstaatsanwalt lächelte entspannt. »Die Kleine gehört zu Ihnen. Ich hätte sie nur ungern geweckt, aber ich muss jetzt auch langsam aufbrechen.«
    »Ich befreie Sie sofort.« Pia war es ein bisschen peinlich, quasi als Rabenmutter ertappt

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