Böser Wolf: Kriminalroman (German Edition)
Freude es auch machte.
Bei der Autobahnabfahrt Hattersheim verließen sie die A66 und bogen auf die L3265 Richtung Kiesgrube ab. Schon von ferne sahen sie den Ort des Geschehens, denn auf einer Wiese stand ein Rettungshubschrauber, dessen Rotorblätter sich träge im Leerlauf drehten.
Am Rand eines benachbarten Weizenfeldes standen Einsatzfahrzeuge von der Polizei, ein Notarzt- und ein Rettungswagen. Sie bremste ab und blinkte, doch bevor sie in den Feldweg einbiegen konnte, bedeutete ihnen ein uniformierter Kollege, am Straßenrand anzuhalten. Sie stiegen aus, um die letzten fünfzig Meter zu Fuß zu gehen. Eine Wand aus feuchter Hitze schlug Bodenstein entgegen. Er folgte Pia auf dem schmalen Grasstreifen, denn der vom Gewitterregen aufgeweichte Weg war der Länge nach abgesperrt. Der Weizen hatte die Nacht nicht unbeschadet überstanden, die heftigen Regengüsse hatten viele Halme abgeknickt oder zu Boden gedrückt.
»Geht bitte da außen rum!«, rief Christian Kröger und zeigte mit dem Arm in Richtung Feld, in dem ein schmaler Pfad mit Flatterband gekennzeichnet war. Der Chef der Spurensicherung und seine drei Mitarbeiter trugen schon ihre weißen Overalls mit Kapuze, kein beneidenswerter Job bei dieser sengenden Hitze. Weit und breit war kein schattenspendender Baum in Sicht.
»Was haben wir hier?«, erkundigte sich Bodenstein, als sie neben Kröger standen.
»Eine Frau im Kofferraum eines Autos, nackt und bewusstlos«, erwiderte Kröger. »Kein schöner Anblick.«
»Sie ist nicht tot?«, fragte Bodenstein.
»Meinst du, sie bringen die Leichen jetzt schon mit dem Hubschrauber in die Rechtsmedizin?«, entgegnete Kröger sarkastisch. »Nein, sie lebt noch. Zwei Leute von der Autobahnmeisterei haben von der Raststätte aus das Auto gesehen und fanden das seltsam. Sie sind hingefahren – leider ohne Rücksicht auf irgendwelche Spuren zu nehmen.«
Eine absolute Todsünde in Krögers Augen. Aber wer außer einem Polizisten dachte schon sofort an ein Verbrechen, wenn ein herrenloses Auto irgendwo im Feld herumstand?
»Das Auto war nicht abgeschlossen, und der Zündschlüssel steckte. Und dann haben sie sie gefunden.«
Im Vorbeigehen schaute Bodenstein in den geöffneten Kofferraum des schwarzen Porsche Panamera und sah große dunkle Flecken, wahrscheinlich Blut. Gleich zwei Notärzte waren im Rettungswagen beschäftigt.
»Die Frau ist sehr schwer verletzt«, antwortete einer der beiden auf Bodensteins Frage. »Dazu völlig dehydriert. Ein, zwei Stunden länger in dem geschlossenen Kofferraum bei dieser Hitze, das hätte sie nicht überlebt. Wir versuchen gerade, sie transportfähig zu kriegen. Ihr Kreislauf ist total im Arsch.«
Bodenstein störte sich nicht an diesem wenig qualifizierten Ausdruck. Notärzte waren Frontkämpfer, und gerade die Besatzung eines Rettungshubschraubers musste mehr Grauen sehen, als ein normaler Mensch eigentlich verkraftete. Er erhaschte einen kurzen Blick auf das von Blutergüssen und Platzwunden entstellte Gesicht der Frau.
»Sie ist zusammengeschlagen und vergewaltigt worden«, stellte der Notarzt nüchtern fest. »Und das ausgesprochen brutal.«
»Mein Kollege sagte, sie sei nackt gewesen«, sagte Bodenstein.
»Nackt, mit Kabelbindern an Händen und Füßen gefesselt und mit Gewebeband geknebelt«, bestätigte der Notarzt. »Was es für Dreckschweine gibt.«
»Chef?«
Bodenstein wandte sich um.
»Ich habe mit den beiden Jungs gesprochen, die die Frau gefunden haben«, sagte Pia mit gesenkter Stimme und trat in den Schatten des Rettungswagens. »Sie haben mir erzählt, dass der Parkplatz hinter der Raststätte in gewissen Kreisen bekannt ist als Treffpunkt für Leute, die anonymen Sex haben wollen.«
»Du meinst, sie könnte sich hier mit irgendjemandem getroffen haben und dabei an den Falschen geraten sein?« Bodensteins Blick schweifte über die Felder bis hinüber zu der Raststätte. Es liefen so viele kranke und perverse Menschen auf dieser Erde herum, manchmal wurde der bloße Gedanke daran schier unerträglich.
»Wäre möglich.« Pia nickte. »Außerdem haben die Kollegen das Kennzeichen überprüft. Das Fahrzeug ist auf eine Firma in Frankfurt zugelassen. Herzmann production in der Hedderichstraße. Im Auto waren weder eine Tasche noch irgendwelche Papiere. Aber der Name Herzmann sagt mir etwas.«
Sie legte nachdenklich die Stirn in Falten.
Der Name war plötzlich in Bodensteins Kopf. Er war kein großer Fernsehgucker, aber vielleicht hatte er ihn erst
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