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Böses Blut

Böses Blut

Titel: Böses Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Ich versuche nicht, sie zu belästigen, Viggo, ich versuche, sie zu schützen.«
    Norlander schnitt eine müde Grimasse. »Dann laß sie doch überwachen.«
    »Dafür ist alles noch zu vage. Ich muß erst klarer sehen. Wenn ich die Chance bekomme.«
    Norlander breitete die Arme aus. »Entschuldige tausendmal«, sagte er und versuchte, sich wieder auf sein Obduktionsprotokoll zu konzentrieren. Es gelang ihm nicht richtig. Die Gedanken an seinen unbekannten Sohn, der sich im Stadium der Entstehung befand, waren hartnäckig und ließen ihn nicht los. Er starrte aus dem Fenster.
    Es war später Nachmittag, bald Zeit, nach Hause zu gehen. Das Dunkel draußen war kompakt, der Regen ergoß sich mit unverminderter Stärke über Stockholm. Er dachte an die Überschwemmung in Polen vor ein, zwei Jahren, die die Ostsee verunreinigt hatte. Wieviel war nötig, um den Mälarsee überlaufen zu lassen?
    Die Tür wurde aufgerissen, Chavez schaute herein. »Hej, weiße Männer mittleren Alters«, sagte er fröhlich. »Wie geht's?«
    »Hej, finsterer Jüngling«, sagte Söderstedt. »Und selbst?«
    »Total mies. Ich war gerade in Hall und habe Andreas Gallanos alte Unterhosen beschnüffelt. Was macht ihr?«
    »Ich versuche, diesen John Doe auf die Reihe zu kriegen«, sagte Norlander mißmutig. »Wenn ich eine Chance bekomme.«
    »Okay, okay«, sagte Chavez und schlug die Tür zu. Er ging den Flur entlang, kam an Hultins Tür, klopfte, erhielt ein undefinierbares Grummeln zur Antwort und trat ein. Hultin schob sich die Eulenbrille in die Stirn und betrachtete ihn kalt.
    »Hast du etwas aus den USA gehört?« fragte Chavez.
    »Noch nicht«, antwortete Hultin. »Gib ihnen Zeit. Wie kommst du voran?«
    »Ich war gerade in Hall. Keiner der Mitgefangenen hatte etwas Vernünftiges zu sagen. Keiner wußte, ob Gallano Kontakte in den USA hatte. Hier ist eine Liste der Dinge, die er bei seiner Flucht hinterließ: Unterhosen, ein paar Zahlungsaufforderungen verschiedener Behörden, Rasierapparat und so weiter. Ein echter Schuß in den Ofen. Dann war ich in der Hütte in Riala und habe mit den Kollegen von der Spurensicherung geredet. Sie haben jetzt aufgegeben, glaube ich, total frustriert, weil sie keine einzige Spur gefunden haben. Bis auf das, was im Kühlschrank war, und hier ist die Liste: Butter, ein paar Packungen Fladenbrot, Hamburger, Philadelphiakäse, Honig, Petersilie, Mineralwasser, Bananen.
    Hultin seufzte und nahm die Brille ab. »Und die Autos?«
    »Das dauert ein bißchen. Als wir anfingen, waren es in Stockholm und Umgebung achtundsechzig. Mit Hilfe des Fußvolks habe ich zweiundvierzig eliminieren können, die größtenteils untersucht worden sind. Ich selbst habe mir acht dunkelblaue Volvo Kombis mit dem Kennzeichen B angeschaut, und die waren schneeweiß. Wenn das kein Widerspruch in sich ist. Zwei, die uns immer noch fehlen, sind einigermaßen interessant, einer gehört einer Firma, die an einer nicht existierenden Adresse nicht existiert, der zweite gehört einem rückfällig gewordenen Kriminellen mit Namen Stefan Helge Larsson. Die restlichen vierundzwanzig haben wir noch nicht geschafft, weil ich nach Norrköping mußte.«
    Hultin würdigte so viel Eifer mit auffallender Neutralität und sagte: »Wegtreten.«
    »Okay«, sagte Chavez und stürzte hinaus in den Korridor. Vor dem Zimmer der weißen Männer mittleren Alters konnte er der Versuchung nicht widerstehen, die Tür aufzureißen und »Buh!« zu rufen.
    Söderstedt rutschte der Filzstift aus und zog einen breiten Strich quer über das Flipchart. Norlander hüpfte einen halben Meter hoch. Die Tür war schon wieder geschlossen, als er das Obduktionsprotokoll dagegen schleuderte.
    »Arschgeige«, murmelte Norlander und bückte sich, um es wieder aufzuheben. Söderstedt kicherte in sich hinein, während er das Flipchart mit großer Präzision sauberwischte.
    Norlander nahm Anlauf, um sich ein weiteres Mal durch das Obduktionsprotokoll zu quälen. Vier Schüsse ins Herz, jeder einzelne auf der Stelle tödlich. Keine Kugeln vorhanden, Kaliber wahrscheinlich neun Millimeter. Im übrigen gute physische Verfassung. Ein paar alte Narben, vermutlich Rasierklingennarben, an den Handgelenken, mindestens zehn Jahre alt, eine Serie noch älterer kreisförmiger Narben über den Körper verteilt. Zigarettenglut? hatte Qvarfordt mit seiner gespreizten Altmännerschrift notiert. Hatte der alte Sack völlig die Computerisierung des Weltalls verpaßt? Auf welchem Planeten lebte

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