Böses Herz: Thriller (German Edition)
angenommen haben, keine Geisel ist.«
»Ich höre da ein Außerdem .«
»Außerdem haben wir bislang keine Hinweise darauf gefunden, dass sie versucht hat, Coburn zu entkommen.«
»Wie sollte sie das auch schaffen, ohne dabei das Leben ihres Kindes zu gefährden?«
»Mag sein, aber wie Crawford anmerkte, hatte sie offensichtlich Zugriff auf ihr Handy, hat es aber nicht benutzt, um einen Notruf abzusetzen.«
Alles, was Tom sagte, bestärkte das, was Hamilton gestern während ihres Telefonats aus dem Mund der Witwe selbst gehört hatte. Offenbar hatte Honor Gillette sich von Recht und Gesetz, von engen, lebenslangen Freunden und sogar ihrem persönlichen Wachhund in Gestalt ihres Schwiegervaters losgesagt und sich stattdessen Lee Coburn angeschlossen.
»Was ist mit den Reifenspuren?«
»Die Fußspuren führten über ein paar Hundert Meter vom Boot aus dorthin. Die Reifenspur ist klar definiert und wurde bereits analysiert. Die Reifen wurden von Ford in den Jahren 2006 und 2007 standardmäßig an verschiedenen Pick-up-Modellen montiert.«
»Super. Das beschränkt die Auswahl auf ein paar Tausend Pick-ups allein in Louisiana.«
»Die Anzahl der Fahrzeuge ist entmutigend, da gebe ich Ihnen recht, Sir.«
»Ich nehme an, die örtliche Polizei überprüft bereits, ob ein solcher Pick-up gestohlen gemeldet wurde.«
»Bis jetzt liegen keine Anzeigen vor.«
Das überraschte ihn nicht. Bestimmt hatte Coburn das Fahrzeug mit Bedacht ausgewählt.
»Die Behörden von Louisiana haben angeordnet, dass alle Ford Pick-ups aus diesen Modelljahren angehalten und kontrolliert werden«, sagte VanAllen gerade. »Gleichzeitig macht sich Mr. Gillette große Sorgen um seine Schwiegertochter und seine Enkelin. Er kam direkt von dem Krabbenkutter hierher und wollte …«
»Erklären Sie mir, was er dort tat, als die Polizei eintraf.«
VanAllen erzählte ihm von Deputy Crawfords Vermutung, dass Doral Hawkins und Stan Gillette über einen direkten Draht ins Police Department von Tambour verfügten. »Crawford glaubt, dass sie auch im Sheriffbüro einen Maulwurf sitzen haben. Und im Gericht. Einfach überall.«
»Die alten Verbindungsseilschaften«, bemerkte Hamilton.
»Genau, Sir.« VanAllen erklärte ihm, wie er Stan Gillettes geistige Verfassung einschätzte. »Als Crawford andeutete, seine Schwiegertochter könne mit Coburn unter ›einer Decke stecken‹ – das waren seine Worte –, explodierte Gillette. Er machte eine ziemliche Szene in unserer Eingangshalle, verlangte mich persönlich zu sprechen und nahm mich in die Mangel, weil ich diesen ›vorwitzigen Hilfssheriff‹ nicht in die Schranken wies. Er meinte, ich würde meine Pflichten vernachlässigen und das Blut seiner Familie an meinen Händen kleben haben, falls Mutter und Tochter irgendwo tot aufgefunden würden. Was er mir«, ergänzte er unter einem leisen Seufzer, »nicht erst zu erklären brauchte.«
Hamilton bedachte seinen Entschluss ein paar Sekunden und sagte dann: »Tom, Mrs. Gillette und ihre Tochter sind tatsächlich in Gefahr, aber die droht ihnen nicht von Coburn. Er ist einer von uns. Er ist Agent.«
Nach kurzer Pause antwortete VanAllen: »Crawford hat mich rundheraus gefragt, ob Coburn für das FBI arbeite. Ich habe das verneint.«
»Wie kam er auf die Idee?«
»Es gäbe Gerüchte, sagte er.«
Das war beunruhigend. Das Gerücht musste sich von Tom VanAllens Büro aus verbreitet haben und gestern nach Hamiltons Anruf in Umlauf gekommen sein. Offenbar waren seine Nachfragen nicht so unauffällig gewesen, wie er geglaubt hatte. Er schob das Problem einstweilen beiseite und informierte Tom über Coburn.
»Ich habe ihn direkt von den Marines abgeworben und persönlich ausgebildet. Er gehört zu unseren besten Undercoveragenten. Er arbeitet sich immer tief vor, aber noch nie hatte er sich so weit vorgearbeitet wie in Marsets Firma.
Er hat Mrs. Gillette und ihre Tochter zu ihrem eigenen Schutz aus ihrem Haus entfernt. Ich habe gestern mit ihr telefoniert. Coburn hat weder ihr noch dem Kind Schaden zugefügt. Und er wird es auch nicht tun. Was das betrifft, können Sie ganz beruhigt sein.« Nach einer kurzen Pause ergänzte er: »Dafür sollten Sie sich Sorgen wegen des Informationslecks in Ihrem Büro machen.«
VanAllen blieb sehr lange still, doch Hamilton spürte, wie seine glühende Wut langsam durch die Leitung kroch. Als VanAllen schließlich antwortete, bebte seine Stimme vor Zorn. »Warum haben Sie mich absichtlich falsch über Coburn
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