Böses Herz: Thriller (German Edition)
Er hatte sie auf der Kommode arrangiert.
»Im Kühlschrank liegt nichts, was verderben könnte, daraus schließe ich, dass sie länger wegbleiben wollen. Immerhin habe ich eine einsame Orange gefunden.« Er hatte sie schon geschält und zerteilt. »Und die hier.« Er hielt eine Küchenschere hoch, mit der man Geflügel zerteilen konnte. »Für deine Jeans. Die Hosenbeine sind eigentlich nur unten schmutzig.«
Die Hose ihres Dads hatte er damit schon gekürzt. Genauer gesagt, an den Knien abgesäbelt.
Sie nahm die Schere. »Danke.«
»Hau rein.« Er deutete auf das Essen, verschwand dann im Bad und zog die Tür hinter sich zu.
Obwohl sie seit dem Frühstückssandwich aus der Raststätte nichts mehr gegessen hatte, war sie nicht hungrig. Dafür bearbeitete sie die Jeans mit der Schere und schnitt sie knapp über den Knien ab. Es war eine Wohltat, den mit getrocknetem Sumpfwasser und verkrustetem Schlamm durchsetzten Stoff loszuwerden.
Weil ihr das Deckenlicht zu grell war, schaltete sie es aus und dafür eine kleine Leselampe auf dem Nachttisch an. Anschließend trat sie ans Fenster und teilte die billigen, schlichten Vorhänge.
Tagsüber war es bedeckt gewesen, aber inzwischen dünnten die Wolken allmählich aus. Nur ein paar Schlieren trieben noch vor dem Halbmond. Ich sehe den Mond, und der Mond sieht mich. Bei dem Lied, das sie so oft mit Emily gesungen hatte, krampfte sich ihr Herz vor Sehnsucht nach ihrer kleinen Tochter zusammen. Inzwischen schlief Emily bestimmt tief und fest, Elmo und ihre Schmusedecke umklammernd.
Honor fragte sich, ob sie beim Schlafengehen, wenn das Heimweh immer am schlimmsten ist, wohl weinend nach ihrer Mutter verlangt hatte. Ob Tori ihr eine Gutenachtgeschichte erzählt und sie beten lassen hatte? Natürlich. Selbst wenn sie es vergessen haben sollte, hatte Emily sie bestimmt daran erinnert.
Lieber Gott, pass auf Mommy und Grandpa auf und auf meinen Daddy im Himmel . Jeden Abend sagte Emily dasselbe Gebet auf. Nur gestern hatte sie noch hinzugefügt: Und pass auch auf Coburn auf.
In diesem Moment hörte ihn Honor aus dem Bad kommen, wischte sich hastig die Tränen vom Gesicht und drehte sich vom Fenster weg. Er hatte die Khakihose und das übergroße T-Shirt angezogen, das er aus der Kommode geklaut hatte. Er war barfuß. Und offenbar hatte er etwas gefunden, um sich zu rasieren.
Er sah erst auf die dunkle Deckenleuchte, dann auf die Lampe auf dem Nachttisch und zuletzt wieder sie an. »Warum weinst du?«
»Ich vermisse Emily.«
Er hob verstehend das Kinn. Dann richtete sich sein Blick auf die Lebensmittel auf der Kommode. »Hast du was gegessen?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wieso nicht?«
»Ich bin nicht hungrig.«
»Warum weinst du?«, fragte er noch einmal.
»Ich weine nicht. Nicht mehr.« Aber noch während sie das sagte, rollten neue Tränen über ihre Wangen.
»Warum hast du dein Leben aufs Spiel gesetzt?«
»Was?«
»Warum bist du aus der Garage gelaufen? Was wolltest du bei dem Zug?«
»Ich hab’s dir doch erklärt. Ich wollte … ich … ich weiß es nicht.« Die letzten vier Worte gingen in einem Schluchzen unter.
Er kam auf sie zu. »Warum weinst du, Honor?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß es nicht.« Dann stand er vor ihr, und sie wiederholte heiser flüsternd: »Ich weiß es nicht.«
Eine Ewigkeit tat er nichts weiter, als ihr tief in die tränenverhangenen Augen zu schauen. Anschließend legte er die Hände an ihre Wangen, schob die Finger in ihr feuchtes Haar und hielt ihren Kopf fest. »Oh doch, das weißt du wohl.«
Er legte den Kopf schief und küsste sie genauso leidenschaftlich wie in der Nacht zuvor, aber diesmal kämpfte sie nicht gegen die Empfindungen an, die er damit auslöste. Selbst wenn sie gewollt hätte, hätte sie es nicht gekonnt. Die Gefühle schienen sie wie in einer Explosion zu überrollen, und sie ließ sich davon mitreißen.
Das Streicheln seiner Zunge, die Geschmeidigkeit seiner Lippen, selbst der Druck seiner großen Hände, die sich langsam auf ihre Hüften senkten und sie an ihn zogen, verwandelten den Kuss in etwas unbeschreiblich Sinnliches und ließen dunkle, verlockende Flammen der Begierde in ihrem Unterleib aufzüngeln. Und als er leise über ihren Lippen murmelte: »Willst du, dass ich aufhöre?«, schüttelte sie den Kopf und drückte sich an ihn, um den Kuss noch inniger werden zu lassen.
Er hob den Saum ihres T-Shirts an und zog es über ihren Körper, dann hakte er ihren BH auf und wog ihre Brüste in
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