Böses Herz: Thriller (German Edition)
Schmiere vom Gesicht und von den Händen. Als er damit fertig war, war der Stoff blutverschmiert. Er warf einen prüfenden Blick in den Rückspiegel. Es war nicht zu übersehen: Er war ein Mann, der nur nicht zur lebenden Fackel geworden war, weil er sich im letzten Moment unter einem Güterzug verkrochen hatte.
Er fasste nach hinten und holte die Baseballkappe hervor, die er in dem Pick-up gefunden hatte. Damit ließ sich das Gesicht notdürftig verdecken. Aber mit etwas Glück würde sich ganz Tambour in der nächsten halben Stunde ausschließlich für die Explosion interessieren und nicht für einen Mann mit einer Baseballkappe am Steuer einer alten Familienkutsche.
Er sah Honor an. Ihre Zähne klapperten, und sie hatte die Arme um den Leib geschlungen, als wollte sie gegen das heftige Schlottern ankämpfen, das ihren Körper durchlief. Er versuchte gar nicht erst, sie aus ihrer Trance zu holen. Vorerst schadete es nicht, wenn sie sich gegen die Außenwelt abschottete.
Er stieg aus und schob das Werkstatttor wieder auf. Nachdem er sich erneut hinters Steuer gesetzt hatte, legte er die Hand auf Honors Scheitel und drückte ihren Kopf unter Fensterhöhe. »Lass dich nicht sehen.« Er ließ den Motor an und fuhr los, an den einzigen Ort, an den er noch fliehen konnte.
Es war ein Drecksjob.
Diego hätte schon längst Coburns Blut von seinem Rasiermesser waschen sollen.
Stattdessen hatte er den ganzen Tag vertrödelt.
Er hätte ihn mit Isobel verbringen können. Er hatte sogar schon überlegt, ob er es inzwischen riskieren konnte, sie ins Freie mitzunehmen. Sie hätten in einen Park gehen, sich auf eine Bank setzen und die Enten füttern können, oder sie hätten sich auf einer Decke unter einen Baum legen können. Oder sonst was tun.
Er hatte gesehen, dass andere Leute solche Dinge taten, und er hatte sie für diese unproduktiven Vergnügen verachtet. Jetzt begriff er, warum die Menschen sie so genossen. Es ging dabei ausschließlich darum, einem anderen Menschen nahe zu sein und sich durch nichts von der Freude ablenken zu lassen, dass man in dessen Nähe war.
Am liebsten hätte er sich den ganzen Tag in Isobels bezaubernden Augen verloren, ihr immer wieder ein kleines, schüchternes Lächeln entlockt und irgendwann vielleicht sogar den Mut aufgebracht, ihre Hand zu halten. Er hätte zum ersten Mal sehen können, wie ihr Haar und ihre Haut im Sonnenschein aussahen, wie eine vom Fluss her wehende Brise die Kleider an den zierlichen Körper schmiegte, der ihm so süße Qualen bereitete.
Das hätte ihm gefallen.
So wie es ihm gefallen hätte, den FBI-Fuzzi kaltzumachen.
Stattdessen hatte er den Tag damit zugebracht, das Auto dieses Fettsacks anzustarren.
Nicht einmal zum Mittagessen hatte Bonnell Wallace die Bank verlassen. Er hatte am Morgen den Wagen auf dem Angestelltenparkplatz abgestellt und ihn dort stehen lassen, bis er um zehn nach fünf damit nach Hause gefahren war. Nachdem Diego den Wagen nicht aus den Augen lassen durfte, war er ihm durch den Stoßverkehr hinterhergezockelt. Bonnell Wallace war auf direktem Weg nach Hause gefahren.
Fünfzehn Minuten nach seiner Rückkehr in die Villa war eine Schwarze in Hausmädchenuniform in einem SUV weggefahren. Sie war durch das Tor zum Anwesen herausgefahren, das sich automatisch hinter ihr geschlossen hatte.
Das war vor Stunden gewesen, und seither war niemand mehr gekommen oder weggefahren.
Diego starb fast vor Langeweile. Aber wenn man ihn dafür bezahlte, ein geschlossenes Tor anzuglotzen, würde er genau das tun. Wenigstens dieses eine Mal. Aber nie wieder. Nachdem er den Lohn für diesen Job eingesackt hatte und dazu die fünfhundert, die ihm für den nicht ausgeführten Mord an Isobel zustanden, würde er sich erst ein neues Handy und dann neue Geschäftsverbindungen zulegen.
Als hätte sein Auftraggeber seine Gedanken gehört, begann das Handy zu vibrieren. Er zog es vom Gürtel und nahm das Gespräch an.
»Bereit für etwas Action, Diego?«
»Mehr als das.«
Es folgten neue Anweisungen, die aber nichts mit dem zu tun hatten, worauf er den ganzen Tag gewartet hatte. »Ihr wollt mich doch verscheißern, oder?«
»Nein.«
»Ich dachte, ich würde nur auf das Kommando warten, den FBI-Typen zu erledigen. ›Halte dich bereit, Diego. Damit du sofort zuschlagen kannst, Diego‹«, äffte er die Stimme nach. »Was ist daraus geworden?«
»Es gab eine Planänderung, aber dies hier hat damit zu tun.«
»Inwiefern?«
»Ich habe einen stressigen
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