Böses Herz: Thriller (German Edition)
zusammengebrochen.«
»Das wäre möglich.« Ihre Miene verriet, dass sie nur zu gut wusste, wie leicht man unter einer Last zerbrechen konnte.
Tom nahm eine Getränkedose aus dem Kühlschrank. »Ich muss los. Fred wartet schon auf mich. Falls du mich brauchst, dann ruf an. Ich habe das Handy dabei.«
»Wir kommen zurecht.«
»Ich habe Lanny auf die andere Seite gedreht, als ich ihn sauber gemacht habe, du kannst ihn also eine Weile liegen lassen.«
»Mach dir unseretwegen keine Sorgen, Tom. Fahr schon. Mach deine Arbeit. Ich schlage mich schon durch, bis du heimkommst, ganz egal, wann das sein wird.«
Er zögerte, suchte nach einer Bemerkung, mit der er ihren Tag aufhellen konnte, und wünschte sich, es gäbe etwas, das ihren Tag aufhellen würde. Aber weil er genau wusste, dass es nichts dergleichen gab, stapfte er müde aus dem Haus über den viel zu langen Rasen, halb erdrückt von der Last, die auf ihrem gemeinsamen Leben lag und die umso schwerer wog, weil er nicht wusste, wie er sie lindern konnte.
Und in Tambour sah es bestimmt nicht weniger düster aus.
7
H onor zerrte die verschlossene Plastikkiste aus dem Bettkasten unter ihrem Bett.
Coburn schob die Matratze mitsamt dem Rost wieder in Position, kippte den Inhalt der Kiste ohne weitere Umstände auf die schneeweiße Tagesdecke und begann, in Eddies persönlichen Dingen zu wühlen.
Zu Anfang nahm er sich Eddies Abschlusszeugnisse von der Highschool, der Universität und der Polizeischule vor. Zuerst nahm er das Highschool-Zeugnis aus der Ledermappe und durchsuchte dann die Mappe selbst. Als er auch noch das Moiré-Innenfutter aufriss, protestierte Honor: »Das muss wirklich nicht sein.«
»Muss es wohl.«
»Ich bewahre die Dokumente für Emily auf.«
»Die Dokumente bleiben unversehrt.«
»Im Futter ist nichts versteckt.«
»Nicht in dem hier.« Er schleuderte die erste Mappe beiseite, griff nach der nächsten und zerfetzte sie ebenfalls. Als er damit fertig war, wog er prüfend Eddies Armbanduhr in der Hand.
»Ziemlich raffinierte Uhr.«
»Die habe ich ihm zu Weihnachten geschenkt.«
»Wo haben Sie die gekauft?«
»Wieso interessiert Sie das?«
»Hier im Ort?«
»Ich habe sie online bestellt. Es ist eine Kopie einer Markenuhr.«
»Wie viel hat sie gekostet?«
»An die dreihundert Dollar.«
»Nicht dreitausend?«
»Soll ich Ihnen die Quittung zeigen?«
»Nein, aber Sie haben sich gerade widersprochen. Sie haben behauptet, Sie würden keine Geschäfte am Computer erledigen.«
Sie seufzte müde. »Ich habe ab und zu was bestellt.«
»Eddie auch?«
»Nicht dass ich wüsste.«
Er hielt ihren Blick gefangen, wandte sich dann wieder ab und griff nach Eddies Sterbeurkunde. »Genickbruch?«
»Er war auf der Stelle tot. Hat man mir jedenfalls versichert.«
Sie hoffte, dass er wirklich sofort gestorben war und nicht gelitten hatte. Der Pathologe hatte ihr und Stan damals erklärt, dass Eddie wahrscheinlich seinen vielen inneren Verletzungen erlegen wäre, noch bevor er die Klinik erreicht hätte, selbst wenn er den Genickbruch überlebt hätte.
Nachdem Coburn die Sterbeurkunde studiert hatte, blätterte er in dem Gästebuch, das bei der Trauerfeier ausgelegen hatte.
»Was Sie auch suchen, Sie werden es darin bestimmt nicht finden.« Es brach ihr das Herz, dass diese Dinge, die ihr so lieb und teuer waren, von einem Mann durchwühlt wurden, an dessen Händen im eigentlichen wie im übertragenen Sinn Blut klebte.
Als er auch noch Eddies Ehering untersuchte, konnte sie sich nur noch mit Mühe beherrschen. Seit sie vor dem Altar gestanden und sich Treue gelobt hatten, hatte Eddie ihn bis zu dem Augenblick, als sie in der Pathologie seinen Leichnam identifizieren musste, an seinem Finger getragen.
Coburn hielt den Ring vor sein Gesicht und las die Inschrift. »Aha. Was steht da?«
»Unser Hochzeitsdatum und unsere Initialen.«
Er studierte die Gravur erneut und ließ den Ring dann nachdenklich in seiner Hand hüpfen. Schließlich sah er sie wieder an und streckte nach kurzem Zögern die Hand vor. Sie streckte ihre ebenfalls aus. Er ließ den Ring in ihre Handfläche fallen, und ihre Finger schlossen sich darum.
»Danke.«
»Ich brauche ihn nicht mehr. Ich habe mir die Gravur eingeprägt.«
Eddies Portemonnaie durchsuchte er gleich mehrmals und wendete zuletzt sogar das Leder. Trotzdem förderte seine Suche nur ein paar abgelaufene Kreditkarten zutage, dazu Eddies Führerschein – auch hier prüfte er das Laminat, um
Weitere Kostenlose Bücher