Böses Herz: Thriller (German Edition)
hätte.« Sie zuckte mit den Achseln. »Ich habe ihn gefragt, ob er bekifft ist.«
»Es gibt also keine Geheimnisse?«
Sie starrte ihn sekundenlang fassungslos an und schaute sich dann in ihrem Wohnzimmer um, als würde sie darauf warten, dass ihr eine Flammenschrift an der Wand verriet, warum alle Welt plötzlich den Verstand verloren hatte. Schließlich sah sie ihn wieder an: »Ich habe nicht den leisesten Schimmer, wovon du redest, Stan.«
»Ich lasse nicht zu, dass man meinem Sohn etwas unterstellt.«
»Der Deputy wollte ihm also mit seinen Fragen etwas unterstellen?«
»Nicht unbedingt. Trotzdem klingt es für mich so, als würde er versuchen, eine Verbindung zwischen Eddie und der Schießerei in Sam Marsets Lagerhalle zu ziehen. Das ist anmaßend. Ich weiß nicht, warum Coburn bei Honor auftauchte und warum er ihr Haus auf den Kopf stellte, aber er täuscht sich genauso wie Crawford, wenn er glaubt, dass Eddie etwas …«
Tori sprach das Wort aus, das er nicht über die Lippen brachte: »Illegales getan hat.« Sie wartete ab. Stan widersprach nicht. »Ich bin ganz deiner Meinung. Eddie war ein Pfadfinder, ein Musterbürger, ein durch und durch ehrlicher Polizist. Wieso bist du also so besorgt?«
»Bin ich nicht.«
»Das sieht aber anders aus.« Sie verschränkte die Arme und musterte ihn nachdenklich. »Normalerweise würden dich keine zehn Pferde in das Haus der schlimmsten Männerjägerin von Tambour bringen. Trotzdem stehst du jetzt mitten in meinem Sündenpfuhl und stellst mir Fragen, die für mich keinen Sinn ergeben, für dich aber offenbar sehr wohl. Genauso wie für Doral.«
Er blieb eisern stumm.
Sie ließ sich nicht beirren. »Heute Morgen wurde Dorals Bruder umgebracht. Deine Schwiegertochter und deine Enkelin sind verschwunden. Aber statt da draußen jeden Stein umzudrehen und nach meiner Freundin und ihrer kleinen Tochter zu suchen, steht ihr zwei plötzlich bei mir auf der Matte und erkundigt euch nach einem angeblichen Geheimnis, das sich um einen seit zwei Jahren toten Mann rankt. Was ist los, Stan?«
Wortlos marschierte er zur Haustür und zog sie auf.
»Warte!« An der Schwelle hatte sie ihn eingeholt. Er bedachte sie mit einem Blick, der Milch gerinnen lassen konnte. Sie ließ sich zwar nicht einschüchtern, aber sie mäßigte ihren Tonfall. »Es ist mir scheißegal, was du von mir hältst. Im Gegenteil, eigentlich gefällt es mir ganz gut, dir ans Bein zu pinkeln. Aber ich liebe Honor. Ich liebe Emily. Und ich will alles tun, damit sie gesund und wohlbehalten zurückkommen.«
Er blieb steif und ungerührt stehen, aber er stürmte auch nicht aus dem Haus.
Sie gab sich Mühe, besonders ruhig und vernünftig zu klingen. »Nur damit du es weißt, ich habe Vorkehrungen getroffen, damit ich einen großen Geldbetrag zur Verfügung habe, falls irgendwann eine Lösegeldforderung eintreffen sollte. Bitte sei nicht zu stolz, Stan. Spring über deinen Schatten. Niemand braucht zu wissen, dass das Geld aus meinen sündigen Händen kommt. Lass mich das tun. Nicht für dich. Sondern für Honor und Emily.«
Seine Miene blieb verschlossen wie immer, aber dann sagte er: »Danke. Ich werde es dich wissen lassen.«
22
D en Blick unverwandt auf Coburn gerichtet, hörte Honor zu, wie ihr die Stimme am Telefon noch einmal erklärte, wie gefährlich er war. Als sie nicht reagierte, hakte Hamilton nach: »Mrs. Gillette?«
»Ja«, antwortete sie heiser. »Ich … ich bin noch dran.«
»Coburn ist extrem gefährlich. Genau dafür wurde er ausgebildet. Allerdings hat er Sie nicht umgebracht, sondern nur entführt, was dafür spricht …«
»Er hat mich nicht entführt, Mr. Hamilton. Ich bin freiwillig mitgekommen.«
Mehrere Sekunden verstrichen, ohne dass Hamilton einen Ton sagte. Dann räusperte er sich und erkundigte sich höflich, ob Coburn sie und Emily gut behandelte.
Sie dachte an Coburns Drohungen, ausgesprochen oder angedeutet, an seinen Klammergriff und an den erbitterten Ringkampf um die Pistole, aber gleichzeitig konnte sie nicht vergessen, wie er Emilys Decke und Elmo geholt hatte, bevor sie aus dem Haus geflohen waren. Sie wusste, welches Risiko er eingegangen war, als er Wasser und Lebensmittel für sie eingekauft hatte.
Und sie musste daran denken, dass er sie nicht im Stich gelassen hatte, sondern zurückgekommen war.
Sie sagte zu Hamilton: »Es geht uns so weit gut.«
»Das freut mich zu hören. Geben Sie mir noch mal Coburn.«
Sie reichte das Handy zurück. Coburn sagte
Weitere Kostenlose Bücher