Boeses mit Boesem
Szenarien waren nicht gut: Ich hatte angenommen, mein Bravourstück im Tunnel sei einer der Operationen der Spezialeinheit in die Quere gekommen und er werde mir den Marsch blasen. Keine der Möglichkeiten, die mir durch |58| den Kopf gegangen waren, hatte ein Gespräch über einen längst verstorbenen englischen Philosophen miteingeschlossen.
»Ich versuche zu erklären, warum wir diesen Krieg verlieren. Haben Sie sich je gefragt, warum die Iraner nicht aufgeben?«
Ich zögerte.
»Sie können offen mit mir sprechen, mein Sohn«, sagte Glass. »Der Rang bedeutet hier nichts.«
In diesem Moment hätte ich wissen müssen, dass er ein Lügner war. Glass konnte sich jovial geben, weil er wusste, dass der Respekt für den Adler auf seinem Kragen tief in mein Unterbewusstsein eingegraben war. Wenn ein Offizier auf Kumpel machte, wusste man, dass er entweder unfähig oder gefährlich war.
»Das hier ist ihr Zuhause, Sir. Sie können sonst nirgends hingehen.«
»Das ist nur die halbe Wahrheit. Sie haben doch Geschichte studiert; Sie wissen, dass die Welt voller besiegter Völker ist. Wir haben die Städte der Iraner in Schutt und Asche gelegt. Sie müssen dort in ihren Bergen wie die Tiere hausen: kein Strom, kein fließendes Wasser, nichts. Und trotzdem kämpfen sie.« In seiner Stimme lag Bewunderung, ob Glass das nun wusste oder nicht.
»Die Iraner wissen, wie unser Land vorgeht: Einmarschieren, ein paar hübsche Worte sagen, ein oder zwei Gebäude zerstören, und schon geht es weiter zur nächsten Station. Sie wissen, dass die amerikanische Öffentlichkeit wie ein großes Baby ist: selbstsüchtig und leicht abzulenken. Sie müssen nur abwarten, dann werden uns schon die Liberalen mit ihrem Gejammer über Zivilisten in den Rücken fallen oder die Pfennigfuchser werden sich über die Kosten beschweren. So oder so werden wir innerhalb eines Jahres zusammenpacken. Dann werden die Mullahs aus ihren Löchern kriechen und |59| den Sieg erklären, wie sehr auch immer das Land gelitten haben mag.
Im Irak haben wir mit einer Hand auf dem Rücken gekämpft. Jedes Mal, wenn wir versuchten, die Glacéhandschuhe auszuziehen und zu tun, was nötig war, hat so ein schwuler Liberaler sie uns wieder angezogen. Unsere neue politische Führung ist genauso, vom Präsidenten einmal abgesehen. Der weiß, was zu tun ist, aber er ist von Feiglingen umgeben. Wissen Sie, warum kein umfassender Angriff auf das Alborz-Gebirge befohlen wird?«
»Wegen der Verluste, Sir?«
»Sicher, es würde Verluste geben. Wir würden einen stärkeren Feind auf seinem eigenen Territorium bekämpfen; ich behaupte gar nicht, dass wir völlig ungeschoren bleiben würden. Aber das ist nicht der eigentliche Grund für die Sorge der Verantwortlichen.« Glass sah auf die brennende Spitze seiner Zigarre und hielt inne, als legte er sich seine Rede gerade erst zurecht.
»Unsere Führung hat Angst. Wenn wir einen massiven Angriff auf das Gebirge unternehmen und mit leeren Händen zurückkommen, machen wir uns lächerlich. Wenn wir angreifen und zurückgeworfen werden, machen wir uns lächerlich und wirken schwach. Der Gedanke ist ihnen unerträglich. Aber was meinen die wohl, was für einen Eindruck es macht, dass wir wie kopflose Hühner um diese Scheiße herumrennen?«
Glass fluchte in sich hinein und spuckte ein verirrtes Tabakblatt aus. »Wissen Sie, was wir hier tun, Corporal?«
Noch so eine scharfe Gesprächswendung und wieder war ich unvorbereitet.
»Die Mission der Spezialeinheit Siebzehn besteht darin, lohnende Zielobjekte zu ermitteln und nach Massenvernichtungswaffen zu suchen, Sir«, sagte ich.
»So lauten unsere Befehle, Corporal, aber wir haben eine |60| wichtigere Aufgabe: Ich bin hier, um diesen Krieg zu Ende zu bringen. Die Mullahs denken, im Gebirge könnten wir ihnen nichts anhaben. Solange das Kabinett die Hosen voll hat, haben sie recht. Vielleicht können wir mit Glück ein paar von ihnen töten, aber der Schaden reicht nicht, um wirklich etwas zu bewirken.« Glass beugte sich ein wenig weiter über den Schreibtisch vor, als verriete er mir ein Geheimnis. »Die Waffen sind das, was wir wirklich brauchen.«
Ich beschloss zu testen, wie ernst Glass seine Aufforderung, offen zu reden, gemeint hatte. »Das mit den Atomwaffen habe ich nie verstanden, Sir.« Er gab mir ein Zeichen weiterzusprechen. Ich konnte sehen, dass er neugierig war, und ein solches Interesse vonseiten eines richtigen Colonels war schmeichelhafter, als ich zugeben wollte.
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