Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman
mit bunten Blüten lenkten mich ab, und ich dachte an die Zeit zurück, als wir als Kinder die Blumen in Gärten und auf Feldern selbst gepflückt hatten und die Farben von den Jahreszeiten bestimmt worden waren. Nie hatte ich meiner Mutter eine Orchidee geschenkt. Es gab keine, bei uns wuchsen keine. Hier im Fenster hielten sie mir ihr geflammtes Bunt elegant und exotisch entgegen.
Ich sah, wie sich im Spiegellicht des Schaufensters ein Mann neben mich stellte.
»Ein Tennismatch?«, hörte ich die Stimme, und ich wusste, dass es Kommissar Feenwegen war, der mich zufällig ansprach oder mir nach unserem Gespräch auf dem Friedhof aufgelauert hatte. Ich drehte mich um, blickte in sein Gesicht und erkannte sein kühles, berechnendes Lächeln.
»Nein, Herr Kommissar«, sagte ich. »Im Gegenteil, ich will zwar schwitzen, aber nicht aktiv, sondern passiv. Mein Freund Gregor, der Rechtsanwalt Groeneling, erwartet mich in der Sauna.«
Ich verließ das Schaufenster und bog um den Kiosk in den Bismarckplatz ein.
Feenwegen stutzte kurz und begleitete mich. Um seine etwas versetzte Nase, sicherlich die Folge eines nicht abgedeckten Boxhiebes, lag ein Zucken. Bisher hatte ich ihn mir nicht näher angesehen, und ich studierte seine äußere Erscheinung, als er mich fragte: »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Sie bis zur Sauna begleite?«
»Warum sollte ich?«, antwortete ich.
Sein kurz gestutztes Kraushaar und seine asketischen Gesichtsfalten verrieten seine Zielsicherheit. Er war ein Mann von hohem Selbstbewusstsein.
»Herr Oberstudienrat, Sie hatten doch sicherlich einen guten Kontakt zu diesem Selbstmörder?«, fragte er so nebenbei.
Eiskalte Schauer liefen mir über den Rücken. »Enno Warfenknecht war mein Schüler! Er besaß mein volles Vertrauen«, antwortete ich verärgert. »Ich hätte ihm mein Vermögen – gut, es ist wenig – anvertraut! Das Wort Mörder stört mich deshalb gewaltig.«
Der Kommissar schwieg für Sekunden, während wir uns dem Parkzugang näherten. »Herr Beruto«, murmelte er schließlich, »was ich jetzt sage, zählt zu den wenigen Fakten, die uns bleiben. Sie waren Zeuge seines Freitodes! Nur Sie hatte er sprechen wollen! Was wollte er vor Ihnen loswerden? Seine Freundin platzte in Ihr Gespräch und wirkte als das auslösende Moment!«
Wir nahmen den Pfad in den Park, der wie eine grüne Lunge mitten in der Stadt lag. Der alte Wasserturm, den man vergessen hatte und den heute Denkmalschützer mit Aktionen zu erhalten versuchten, lag seitlich, von mannshohen Sträuchern wild umwuchert.
Ich war verärgert. »Herr Kommissar, ich nehme an, dass wir uns zufällig treffen. Aber in Ihrem schäbigen Verhörzimmer duldeten Sie nicht, dass ich mit meinem Schüler alleine reden konnte.«
»Gut, das stimmt«, antwortete er und fuhr fort: »Aber seine Freundin hat ausgesagt, dass Sie in Begleitung des Jungen kurz vor seinem Tode mit ihm in Ihrer Wohnung war.«
Ich war verwirrt. »Allerdings!«, sagte ich empört. »Beide kamen mit Blumen als Vertreter der Klasse zu meinem Geburtstag, den ich wegen eines tragischen Geschehens allein feiern wollte.« Ich war wütend, dass der Kommissar in meinem privaten Bereich herumschnüffelte. »Ich kümmere mich auch nicht um Ihre Geburtstagsgäste, Herr Kommissar!«, sagte ich zornig.
»Herr Beruto, so war das auch nicht gemeint. Ich suche nach Kontaktstellen des Jungen. Warfenknecht erschoss sich nicht aus schulischen oder familiären Gründen. Dennoch zielt sein Tod darauf hinaus, dass er ein Geheimnis mit sich nehmen wollte.«
Unser Pfad führte uns an der »Radauauster« vorbei, die leer im trüben Nachmittagslicht lag. Im Sommer spielte hier das Marine-Musik-Corps der Bundeswehr vor Tausenden flankierenden Zuhörern im Rahmen der Kurkonzerte im regensicheren Pavillon, der die Form einer Muschel hatte.
»Da ist guter Rat teuer, Herr Kommissar, und Sie können mir glauben, mein Kopf ist überlastet vom vielen Grübeln. Ich mochte Enno und finde keinen winzigen Grund für seine verrückte Tat.« Während ich das sagte, glitten die vielen unbeantworteten Fragen durch mein Gehirn.
»Herr Oberstudienrat, dann haben Sie bitte Verständnis für meine Position. Ich muss jeden Kontakt, den Enno Warfenknecht gehabt hat, überprüfen. Wir haben bisher nichts Konkretes in den Händen, wissen aber, dass da irgendwo etwas schwelt.«
Wir näherten uns der Kieler Straße. Das Schwimmbad lag wie ein eckiger Klotz vor uns. Die Bäume auf der breiten Allee wirkten
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