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Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman

Titel: Böses Spiel in Friesland - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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fragte ich mich, und mir kam mein Verdacht zu fantastisch vor. Weitere Fragen drängten sich mir auf. Konnten selbst Kollegen, die auf unsere Verfassung ihren Eid abgelegt hatten, solche Texte dazu benutzen, junge Menschen von den Problemen der Arbeitslosigkeit und der Verpflichtung zu den demokratischen Spielregeln der Mehrheiten abzulenken, um teuflische Gespenster zum Leben zu erwecken?
    Ich ging an mein Bücherregal, legte den Text ab und nahm mir vor, meiner überreizten Fantasie keine Nahrung in dieser Gestalt mehr zu bieten. Auf dem runden Tisch legte ich die Finnlandkarte aus, kontrollierte die Schiffsbillets und suchte nach den Nummern der gebuchten Kabine, in der ich mit Elke alles vergessen wollte, was mich in den letzten Monaten so sehr gefordert hatte.
    Ich rief Elke an, erkundigte mich nach dem Stand ihrer Semesterarbeit und flüsterte: »Elke, eine traumhafte Kabine, mit Blick auf die Ostsee von der höchsten Etage der ›Finnjet‹, mit Wettergarantie!«
    Ein paar Flaschen Bier, einige Blicke auf die historische Mühle, ein paar Gedanken an Erika und Anja und die Versuche, das Geschehen um Enno und Gregor zu vergessen.
    Das J. unter dem Gedicht konnte von meinem Kollegen Jannes stammen. Wenn dem so war, dann war er nicht rein zufällig beim Grafen auf Gut Birkenhain gewesen. Mit dieser Konsequenz schlich ich mich müde in mein Bett und wusste, dass mich Träume quälen würden, während ich mich mit einer nie gekannten Vorfreude auf unsere Reise nach Finnland in die Nacht entfernte.

11
    Was für ein Gefühl! Es war unbeschreiblich! Elke saß neben mir. Sie hatte, um sich mir nützlich zu erweisen, die Autokarte auf ihre in engen Jeans steckenden Schenkel gelegt, und ich folgte ihren Verkehrshinweisen, obwohl mir die Strecke vertraut war.
    Wir ließen für vier Wochen vieles zurück. Noch gestern hatten uns depressive Stunden zu Tränen getrieben, als wir auf den Rücksitz des Golfs, frische Sommerblumen, zu Sträußen gebunden, gestapelt hatten und mit ihnen eine seelisch ergreifende Friedhofsfahrt unternommen hatten.
    Vor Erikas und Anjas Grab hatte ich lange meditierend gestanden, und aus meinem tiefsten Inneren waren Bilder eines geballten Glücks in meine Vorstellungen gestiegen, die ich für ewig behalten werde.
    Elke hatte hinter dem Stein eine Vase gefunden, sie an der Wasserstelle gefüllt und die Blumen als einen Gruß der Unzertrennlichkeit von uns Lebenden mit den vor uns Verschiedenen zwischen die Grünpflanzen gestellt.
    Danach waren wir nach Upplewarf gefahren und hatten Enno in unsere Gedankenwelt einbezogen. Auf seinem Grab hatte ich den bunten Strauß platziert, während sich Elke ausgeweint hatte.
    Auch an den Gräbern der beiden uns persönlich nicht bekannten Schüler hatten wir Blumen abgelegt. Gott hatte über sie gerichtet. Irdische Unvollkommenheit hatte sie in den Selbstmord getrieben. Ihr Tun beschäftigte immer noch unsere Gedankenwelt.
    Gregor, der alte Fuchs, hatte genau das vermeiden wollen, was Elke und ich beabsichtigten. Trotz seines Alters hatte er sich mit seiner Intelligenz stets meinen Argumenten entzogen, wenn ich ihm mit meinen Vorstellungen vom Leben nach dem Tode näherrückte. Meine für mich reellen Gespräche mit meiner toten Frau und der kleinen Tochter Anja hatte er als Hirngespinste von sich gewiesen, und sein letzter Wunsch, die Reste seiner irdischen Hülle den elementaren Kräften der Nordsee anzuvertrauen, hatte einen dicken Strich unter seinen Glauben an eine einmalige Existenz gesetzt.
    Bisher war es mir nur einmal gelungen, den Hauch seiner Nähe zu spüren, als ich mich ernsthaft und verzweifelt bemühte, Lösungen für mich und Hartwig zu finden. Es war für uns selbstverständlich zu aufwendig, mit dem Kapitän der »Rara Avis« in See zu stechen und an der in der Seekarte mit einem Kreuz versehenen Stelle Blumen ins Meer zu werfen. Aber Elke und ich hatten uns entschlossen, die Fahrt nach Norddeich auf uns zu nehmen.
    Während der Fahrt waren unsere Gedanken mit den verflossenen Ereignissen verwoben, und als wir den Kai erreicht hatten, nahm ein Fischer den Blumenstrauß mit und versprach uns, ihn im Fahrwasser hinter Norderney in das Meer zu werfen. Lange hatten wir an der Mole gestanden, die ins Meer hinausreichte und den Fischkuttern nachgeblickt, die der untergehenden Sonne mit ihren Schiffen entgegengefahren waren.
    Wir erreichten den Hafen viel zu früh. Am Kai legte die »Nils Holgerson« an und beeindruckte uns mit ihren hohen

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