Boeses Spiel in Oxford
Augen waren kornblumenblau und entsprachen haargenau der Farbe seines Hemdes. Er sprach mit weicher Stimme und einem an der Themsemündung beheimateten Dialekt. »Roz, ich glaube, Mr Kenrick ist ein Beamter der obersten Polizeibehörde. Vielleicht hat er etwas Wichtiges mit Kate zu besprechen – möglicherweise sogar etwas Vertrauliches.«
»Nicht schon wieder ein Polizist!«, rief Roz. »Allerdings würde das natürlich erklären, warum du uns unbedingt loswerden willst.«
»Komm, Roz«, sagte Barry. »Wir sollten jetzt wirklich gehen und den Besuch bei deiner hübschen Tochter einfach auf später verschieben. Schön, Sie kennen gelernt zu haben, Kate. Auf Wiedersehen, Kenrick.«
Höflich schüttelte er beiden die Hand. Manikürte Nägel, stellte Kate fest. Sogar farblosen Nagellack hatte er aufgetragen. Sie begleitete die beiden zur Haustür. Plötzlich blieb Roz stehen.
»Du weißt doch jetzt sicher, womit Sam Dolby zusätzliches Geld verdient, oder?«, fragte sie leise.
»Nein. Womit denn?«
»Ich erzähle es dir beim nächsten Mal«, sagte Roz und küsste ihre Tochter auf die Wange.
Kate sah ihnen nach. Barry fuhr einen großen Wagen. Zwar konnte sie die Marke nicht erkennen, doch das Auto war nagelneu, auf Hochglanz poliert und sah sündhaft teuer aus. Nur Drogenhändler fahren solche Autos, dachte sie und hoffte inständig, dass sie sich irrte.
»Tut mir wirklich leid«, sagte sie, nachdem sie ins Wohnzimmer zurückgekehrt war. »Mir erschien es einfacher, sie in dem Glauben zu lassen, dass Sie Polizist sind, um sie schneller loszuwerden. Ich fürchte, meine Mutter benimmt sich manchmal unmöglich.«
»Schon in Ordnung«, entgegneten Kenrick. »Wissen Sie Näheres über diesen Barry Frazer?«
»Nein, ich habe ihn heute zum ersten Mal gesehen. Irgendwann hat sie zwar erwähnt, dass es einen neuen Mann in ihrem Leben gibt, aber seinen Namen hat sie mir nicht verraten. Warum? Kennen Sie ihn?«
»Ich bin nicht ganz sicher. Vielleicht nicht unter diesem Namen. Aber wenn er der ist, von dem ich denke, dass er es sein könnte, dann sollten Sie Ihre Mutter überreden, die Finger von ihm zu lassen.«
»Sie würde nie und nimmer auf mich hören.«
»Na ja, vielleicht täusche ich mich ja auch.«
Doch Kate hatte ohnehin nicht verstanden, was ihre Mutter an dem Kerl fand, und war nur allzu gern bereit, ihn für einen Kriminellen zu halten. Schnell schob sie den Gedanken von sich und konzentrierte sich auf das, was Kenrick zu sagen hatte. Sie musste aufmerksam bleiben, denn der Mann war bestimmt nicht den ganzen Weg von London gekommen, ohne eine Gegenleistung von ihr zu erwarten.
»Lassen Sie uns zu Jester zurückkehren«, schlug sie vor. »Und wissen Sie, wer die Fosters getötet hat?«
»Nachdem wir die Datei durchgelesen haben, wissen wir zumindest, warum sie getötet wurden«, sagte er. »Es war ein sehr professionell ausgeführter Auftragsmord. Niemand hat etwas gesehen – dazu ging es viel zu schnell. Der Mörder kam, feuerte und verschwand. Die ganze Angelegenheit dauerte nur Sekunden, nicht einmal eine Minute.«
»Und vermutlich hat er Jeremy und Alec Malden ebenfalls auf dem Gewissen.«
»Gut möglich. Es könnte aber auch sein, dass Jester für die verschiedenen Gelegenheiten drei unterschiedliche Leute angeheuert hat. Bei näherem Hinsehen sind wir allerdings der Ansicht, dass alle drei Morde auf das Konto eines Mannes aus Reading gehen. Wir kennen ihn, aber wir haben keine ausreichenden Beweise, um ihn des Mordes anzuklagen. Zumindest noch nicht. Er fährt ein Motorrad, und auf ihn passt übrigens auch die Beschreibung des Mannes, der Sie am Wochenende angegriffen hat.«
Unwillkürlich griff sich Kate mit der Hand an den Hals. Die Male waren noch deutlich sichtbar gewesen, als sie sich am Morgen im Badezimmerspiegel betrachtet hatte, und sie würden sicher auch noch ein paar Tage lang nicht verblassen.
»Unser Problem besteht darin«, fuhr Kenrick fort, »dass wir die Verbindung zwischen den einzelnen Mitgliedern der Clique hieb- und stichfest nachweisen müssen, sodass sie einem ordentlichen Gerichtsverfahren standhalten.«
»Da gibt es vielleicht eine Möglichkeit«, sagte Kate langsam. »In meinem Arbeitszimmer liegt etwas im Ablagekorb.«
»Ja?«
»Jeremy und Grigg haben sich Notizen auf dem gleichen Schmierpapier gemacht. Es war ein hellgrüner Flyer für ein Fernkolleg.«
»Das muss nichts bedeuten. Möglicherweise sind Tausende davon in den Briefkästen gelandet.«
»Nein,
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