Boeses Spiel in Oxford
und wechselte damit zu Kates großer Erleichterung erneut das Thema. Die Art und Weise, wie die Fosters versuchten, sie aus der Reserve zu locken, musste für ihn fast ebenso peinlich sein wie für sie.
»Richtig. Ich schreibe Romane. Und was machen Sie beruflich?« Wenn sie sich geschickt anstellten, konnten sie Laura vielleicht davon abbringen, weiter nach Kates Liebesleben zu forschen, zumal sich auf diesem Gebiet momentan ohnehin nicht viel tat.
»Ich bin nur ein unbedeutender Wissenschaftler«, gab Jeremy zurück.
»Er ist längst nicht so unbedeutend, wie er behauptet«, platzte Laura dazwischen. »Immerhin ist er Dozent an einem der Colleges. Also, ich finde das ganz schön beeindruckend. An welchem College noch gleich, Jeremy?«
»Ich bin nicht Dozent, sondern ich habe einen Lehrauftrag«, korrigierte Jeremy. »Und ich arbeite im Bartlemas, also keinem der berühmten Colleges. Genau genommen ist es sogar ziemlich mittelmäßig.«
»Ach Jeremy, Sie sollten Ihr Licht nicht immer so unter den Scheffel stellen. Wie können Sie nur solche Dinge sagen?«
Jeremy lächelte verlegen.
»Bartlemas?«, warf Kate in dem Versuch ein, Laura zu beschwichtigen. »Da habe ich auch mal gearbeitet.«
»Auch ein Lehrauftrag?«, fragte Jeremy.
»Nein, in der Verwaltung, und zwar in Zusammenhang mit einer Sommervorlesung für amerikanische Bildungstouristen. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, Sie dort gesehen zu haben.«
»Wir bescheidenen Lektoren haben während der Sommerferien keinen Zugang zu den Collegegebäuden. Es ist, als ob wir bis eine Woche vor Semesterbeginn überhaupt nicht existierten.«
Kate hatte genügend verbitterte Bibliothekare kennen gelernt, um die Enttäuschung hinter Jeremys Worten zu begreifen.
»Das ist doch nicht möglich«, erklärte Laura entrüstet. »Sie waren doch gestern und heute den ganzen Tag in Ihrem College!«
»Welches Fach lehren Sie?«, erkundigte sich Kate in der Hoffnung, das Gespräch ein wenig ablenken zu können.
»Ich bin Wirtschaftswissenschaftler«, antwortete Jeremy, »und arbeite als wissenschaftlicher Mitarbeiter am European Institute .«
»In diesem neuen Gebäude draußen an der Umgehungsstraße?«
»Genau da. In der berühmten Zwiebel aus Beton«, bestätigte Jeremy.
»Na, so hässlich, wie dieser Name vermuten lässt, ist es doch auch wieder nicht!«, protestierte Kate.
»Doch, leider ist es das«, widersprach Jeremy. »Es wurde von einem Ausschuss konzipiert.«
»Sie müssen Kate unbedingt von der Recherche erzählen«, warf Edward eifrig ein, »die Sie zum Thema …«
Doch Jeremy hatte seine ganze Aufmerksamkeit einer kränklich aussehenden Grünpflanze zugewandt, die neben Kate stand. Er hörte nicht mehr zu.
»Was haben Sie denn mit dieser Azalee angestellt?«, fragte er Laura streng.
»Dieses braune Ding da? Na ja, ich gieße es und halte es einigermaßen warm«, antwortete sie abwesend. Kate amüsierte sich über Jeremys besorgte Miene. Wenn Laura erklärt hätte, ihr Kind zu vernachlässigen, hätte er nicht betroffener dreinblicken können.
»Sie dürfen eine Azalee niemals mit Leitungswasser gießen«, dozierte er ernsthaft. »Die Pflanzen vertragen nämlich keinen Kalk. Wenn es irgend möglich ist, sollten Sie Regenwasser nehmen. Und weg damit von der Heizung. Sie darf nicht zu warm stehen, liebt aber die Helligkeit, obwohl man sie auch nie direkter Sonnenbestrahlung aussetzen darf. Ich weiß nicht, ob diese noch zu retten ist, aber ein wenig Pflege erweckt sie vielleicht doch noch mal zum Leben.«
»Ach wirklich?« Laura sah verwirrt aus. »Eigentlich sind mir Grünpflanzen ziemlich egal. Wenn sie welken, werfe ich sie fort und kaufe einfach neue.« Jeremy blickte sie so entsetzt an, dass sie lachen musste. »Vielleicht sollten Sie mir ein wenig Nachhilfeunterricht in Pflanzenpflege geben. Einen grünen Daumen habe ich nämlich weiß Gott nicht.«
Jeremy sah aus, als ob er gleich jetzt und hier mit dem Unterricht anfangen wollte, doch er sagte bloß: »Wenn Sie möchten, kann ich Ihnen ein Buch leihen.«
»Wirklich nett von Ihnen«, murmelte Laura. »Aber jetzt müssen Sie erst einmal einen Happen essen. Haben Sie diese kleinen Käsedinger schon einmal gekostet?«
Jeremy nahm eines aus der Schale, die sie ihm hinhielt, und biss hinein. Es zerbröselte in tausend Krümel, die sich über ihn und das granatrote Sofa ergossen. Kate klopfte ihre Hose ab, und Laura kam mit einem Ministaubsauger.
»Entschuldigung«, sagte Jeremy und leckte
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