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Boeses Spiel in Oxford

Boeses Spiel in Oxford

Titel: Boeses Spiel in Oxford Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Stallwood
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hatte, die sich an ihren Bildern erfreuten. Unter dem fröhlichen Äußeren der Frau hatte Kate intensive Gefühle gespürt. Sie fragte sich, ob sie selbst auch eines Tages ihre Kinderlosigkeit bereuen würde. Würde ihre Zukunft vielleicht ebenso aussehen? Würde sie bedauern, keine Kinder zu haben, und sich übermäßig für das Leben anderer Leute interessieren? Nun mach aber mal einen Punkt, Kate! Du hast noch viele Jahre Zeit, ehe du dir über solche Dinge den Kopf zerbrechen musst. So viele Jahre auch wieder nicht , flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf.
    Als sie gerade in den Schlaf hinüberdämmern wollte, fiel ihr Sam Dolby mit seinen prall gefüllten Sporttaschen wieder ein. Was um alles in der Welt hatte der Mann am Flughafen Gatwick gemacht? Nie hätte Kate gedacht, dass der Mann auch nur einen einzigen Schritt ohne seine Frau oder eines seiner zahlreichen Kinder tun würde.

3
    Nachdem Kate sich am nächsten Morgen mit zwei großen Bechern Kaffee gestärkt hatte, packte sie die Waschmaschine voll und ging nach unten in ihr Arbeitszimmer. Seit mehr als neun Monaten hatte sie nicht mehr an ihrem Schreibtisch gesessen. Sie öffnete die Tür so vorsichtig, als erwartete sie, einen Fremden vorzufinden, der ihren Platz eingenommen hatte.
    Doch alles war in bester Ordnung. Sie schloss die Tür hinter sich. Alles war ihr vertraut. Sie fühlte sich zu Hause.
    Das Arbeitszimmer befand sich im Untergeschoss des Hauses. Vom Fenster aus hatte man einen Blick auf ein Stück aufsteigenden Stoppelrasen, das seinen Anfang an einem aus Beton gegossenen Viereck nahm, das man beim besten Willen nicht Veranda nennen konnte. Das Gras war hoch und unordentlich, und sie würde sich irgendwann darum kümmern müssen. Aber nicht jetzt. Später. Vielleicht morgen. Ein paar Gänseblümchen und verspätete Löwenzahnblüten brachten Farbtupfer ins Grün, und ein wild gewachsener Sommerflieder neigte seine violetten Dolden über die rechte Seite der Veranda – vielleicht konnte man sie ja doch so nennen, wenn einem danach war.
    Der Computer stand auf dem Schreibtisch, genau so, wie sie ihn verlassen hatte. Im Drucker daneben lag ein Stapel unberührtes, weißes Papier. Ein anderer Tisch, den sie als zweiten Schreibtisch benutzte, wenn sie mit der Hand schrieb oder ihre Entwürfe grafisch darstellte, wirkte ungewöhnlich aufgeräumt. Genau genommen war er völlig leer. Sie hatte die Recherchen für ihr nächstes Buch noch zu Ende gebracht, ehe sie George verlassen hatte. Während der Woche vor ihrer Urlaubsreise hatte sie nicht gearbeitet, sondern ihre Mutter Roz zu Ikea und John Lewis begleitet. Roz wohnte damals noch bei ihr, war aber bereits dabei, ihr eigenes Haus einzurichten. Während Kate dann in Frankreich Ferien machte, war Roz nach Ost-Oxford umgezogen und hatte Kates Katze mitgenommen.
    »Ich bringe sie dir zurück, sobald du in der Lage bist, dich wieder um sie zu kümmern«, hatte sie gesagt. Kate war ein wenig beleidigt gewesen, allerdings musste sie zugeben, dass Susanna bei Roz mehr Zuwendung erhielt, als sie selbst zu geben bereit war – zumindest im Augenblick.
    Jetzt aber musste sie sich erst einmal um ihr nächstes Buch kümmern. Sie öffnete die oberste Schublade ihres zweiten Schreibtisches, nahm einen A4-Block heraus, griff nach ihrem Lieblingsfüller und wog ihn versuchsweise in der Hand.
    Sie fühlte sich wie eine blutige Anfängerin. Wie sollte sie es je schaffen, neunzigtausend Wörter zu Papier zu bringen? Sie zeichnete ein paar schräge Striche auf die oberste Linie des Blocks und schrieb mehrmals »Ich weiß nicht, was ich sagen soll«. Nur tausend Wörter, versuchte sie sich zu überreden. Mehr brauchst du heute nicht zu schreiben. Na, sagen wir fünfhundert. Am besten, du fängst mit den Namen der handelnden Personen an. Alfred . Winnifred . Albert . Sie strich die Namen wieder aus und kaute auf dem Ende ihres Füllers herum.
    Es war die ungewohnte Ruhe, die ihr den Raum fremd erscheinen ließ. Sie hatte sich noch nicht auf die Lebensumstände ihrer neuen Nachbarn eingestellt. Im Venn’schen Haushalt tobte um diese morgendliche Stunde gewöhnlich ein wahres Pandämonium, wenn Tracey ihre Kinder zu überzeugen versuchte, endlich in die Schule zu gehen. Doch Tracey wohnte nicht mehr in Nummer 12. Jetzt lebten dort Laura und Edward Foster, und durch die gemeinsame Mauer drang nicht der geringste Laut. Entweder waren die beiden sehr ruhige Leute oder Langschläfer.
    Mrs Arden, die auf der anderen Seite

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