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Boeses Spiel

Titel: Boeses Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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bis sie glänzten, wie sie fingerdick den Lipgloss auf die Lippen schmierten, und wie sie ihre Pullis hochschoben, um den Sitz des BHs zu korrigieren.
    Sie schubsten und drängelten und dabei lachten und plapperten sie, riefen sich irgendetwas zu, was ich nicht verstand, und es sah aus, als amüsierten sie sich prächtig. Heute denke ich, dass ich bereits hier im Waschraum hätte begreifen können, welch gnadenloser Konkurrenzkampf unter ihnen herrschte. Wie alles, auch das kleinste Detail, bei ihnen zu riesiger Bedeutung anwuchs. Wie wenig Selbstbewusstsein sie wohl eigentlich besaßen, wenn der Lippenstift oder die Wimperntusche so wichtig waren.
    Und vor allen Dingen die Klamotten. Ich betrachtete die Mädchen, die sich vor den Spiegeln drängten. Eine war teurer gestylt als die andere. So als wollten sie sich ständig
gegenseitig übertrumpfen. Als seien die Klamotten von lebenswichtiger Bedeutung.
    Ich passte nicht dazu. Ich hatte nicht einmal einen Lippenstift dabei. Wie konnte ich auch ahnen, dass so was so wichtig sein würde. Jedenfalls nahm ich mir vor, nie wieder ohne Schminkset in die Schule zu kommen.
    Ich wartete, bis die Erste den Raum wieder verließ. Das war Tilly.
    Die Tür zum Saal war immer noch verschlossen. Inzwischen warteten schon mindestens fünfzig Schüler davor und veranstalteten einen Heidenkrach.
    Tilly erzählte mir, dass es an diesem Tag Putengeschnetzeltes geben würde.
    »Es schmeckt ziemlich eklig«, sagte sie. »Das Fleisch ist in so einer schleimigen Soße und der Reis dazu ist immer viel zu pappig. Aber manchmal sind Bananen- oder Ananasstückchen dabei.«
    Dann auf einmal wurde die Tür von innen geöffnet, beide Flügel, und die Masse strömte hinein. Ich ließ mich einfach mitziehen und stand zum ersten Mal in diesem riesigen Raum, von dessen Decke zwei gewaltige Lampen aus weißem Pergamentpapier herabhingen. An diesem Tag war es drau ßen so dunkel, dass auch mittags hier das Licht brannte. Es war irgendwie ein kaltes Licht, das die Gesichter noch bleicher machte als sie ohnehin schon waren.
    Auf den Tischen waren jeweils Gedecke für acht Personen. Die Schüler stürzten sofort auf die Tische zu, ohne dass ich herausbekam, nach welchen Regeln das vor sich ging. Immer mehr Schüler, jüngere und ältere, drängten herein und ich spürte ein paar aufmerksame und neugierige Blicke. Deshalb zwang ich mich die ganze Zeit zu einem
freundlichen Lächeln, während ich innerlich geradezu mit den Zähnen knirschte. Ich entdeckte Tilly nicht mehr und auch niemanden sonst aus meiner Klasse, dessen Gesicht ich vielleicht wiedererkannt hätte.
    Oder doch? Ja. Da war Felicitas. Sie saß an der Stirnseite eines der Tische und hängte ihre Tasche über die Stuhllehne. Sicher würden auch andere Schüler der Klasse dort Platz nehmen. Aber als ich auf sie zusteuern wollte, entdeckte sie mich und machte sofort mit den Armen hektische abwehrende Bewegungen. »Alles besetzt!«, rief sie, um zu verhindern, dass ich überhaupt noch einen Schritt in ihre Richtung machte. Nun war es auch nicht gerade mein innigster Wunsch, mit Felicitas das Essen einzunehmen. Also drehte ich mich achselzuckend weg.
    Ich war froh, als ich Marcia entdeckte, an einem anderen Tisch, an dem es sicher noch freie Plätze gab. Auch Simon und Tilly saßen hier. Ich war richtig erleichtert.
    Ich ging also hinüber und Tilly blickte mir die ganze Zeit entgegen. Ich deutete das als Einladung, dann aber wurde mir klar gemacht, dass sie einfach nur signalisieren wollte: Bleib bloß weg!
    Ich fragte: »Glaubt ihr, dass ich mich hierhersetzen kann?«
    Tilly machte eine ausholende Geste. »Siehst du das nicht?«, fragte sie.
    Ich starrte auf den Tisch. Ich hatte keine Ahnung, was sie meinte.
    »Die Wassergläser«, erklärte nun Simon. »Wenn sie umgedreht sind, heißt es, diese Plätze sind belegt.«
    »Die anderen kommen gleich«, meinte Tilly. »Sind noch auf dem Klo.«

    »Aha. Gut.« Ich war irgendwie ratlos.
    »Also ist hier kein Platz mehr für mich frei?«, fragte ich hilflos.
    »Sieht wohl so aus«, schnappte Tilly. Ich weiß nicht, warum sie so unfreundlich war. Ich hatte vorher das Gefühl gehabt, dass sie mich eigentlich mochte. Ich tat, als prallte ihre Unhöflichkeit an mir ab. Erst später, auf dem Nachhauseweg, merkte ich, wie sehr mich das angestrengt hatte, dieser Strudel von widerstreitenden Empfindungen und Wahrnehmungen, in den ich geraten war und den es auszuhalten galt.
    »Habt ihr eine Ahnung, an welchen

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