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Boeses Spiel

Titel: Boeses Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Blobel
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ihre Knöchel, man sah ihre Oberschenkel und braune Flecken auf den weißen Schuhen.
    Ich wollte sie gerade fragen, ob ich ihr helfen könne oder ob ich Bescheid sagen sollte, dass man sie vielleicht auf die Krankenstation bringen sollte (das Internat hat so etwas, natürlich), als Naddel auftauchte. Naddel sah auch schon ziemlich mitgenommen aus, aber sie hatte immer noch ihr Handy dabei, sie fühlte sich ja stets als Reporterin.
    Sie kam also rein, sah mich und das Mädchen und begann, Fotos zu machen von dem armen Ding, das da auf der Kloschüssel hockte und gleichzeitig kotzte und pinkelte.
    Ich war so wütend, ich wollte ihr das Gerät aus der Hand schlagen, aber sie war schneller und sprang zurück.
    »Wie kannst du so was fotografieren!«, schrie ich. »Das ist doch gemein!«
    »Wieso denn? Ich fotografiere alles, was ich schräg finde«, sagte Naddel. Und grinste. Und machte auch gleich von mir noch ein Foto.
    Ich konnte nur den Kopf schütteln. »Weißt du«, sagte ich, »ich versteh euch nicht, irgendetwas läuft bei euch total falsch.«
    Sie lachte girrend. »Und bei dir? Läuft da alles richtig?«
    »Ich glaub schon«, sagte ich.
    Da lachte sie noch lauter. Sie hatte bestimmt was getrunken oder irgendwelche Pillen genommen. »Dann schau doch mal in den Spiegel!«, rief sie. Und war wieder weg.
    Ich half dem Mädchen jedenfalls vom Klo, wusch ihr noch das Gesicht und wischte ihr die Schuhe sauber. Sie war mir dankbar.
    Sie gab mir die Hand. »Ich bin die Anna«, hauchte sie.

    Daran erinnere ich mich, weil meine Mutter ja auch Anna heißt.
    »Und ich bin Svetlana«, erwiderte ich.
    »Schöner Name«, murmelte sie, aber da wurde ihr schon wieder schlecht, und mit dem Schwall schoss erneut gallig grünes Zeug aus ihrem Mund, direkt auf mein Kleid.
    Das Mädchen war so entsetzt, dass sie sich auf den Boden fallen ließ, sich zusammenkrümmte und nur noch wimmerte wie ein kleines Kind. »Tut mir so... Oh, tut mir so leid... aber mir ist so verdammt schlecht.«
    Das Komische ist, ich war Anna nicht böse. Es war okay, dass sie das Kleid ruiniert hatte, so musste ich es wenigstens nie wieder anziehen. Es war auch okay, dass ich nicht mehr auf die Party zurückkonnte, es vermisste mich sowieso keiner. Und Ravi musste mich so nicht sehen.
    Meine Eltern hatten mir Geld fürs Taxi gegeben. Ich brauchte mich nur irgendwo im Dunkeln in der Einfahrt aufzuhalten und zu warten, dass ein Paar Scheinwerfer auftauchten und mich aus dem Albtraum erlösten.

    Am Samstag nach dem Fest wurde es gar nicht richtig hell. Es regnete stundenlang, ein leiser, feiner Regen, und die Luft war von einer Feuchtigkeit, die einem bis in die Knochen kroch. Die Wolken hingen so tief, dass man nicht einmal die Windräder auf der Wiese am Ende unseres Dorfes sehen konnte. Es war ein total deprimierendes Wetter und es gab für den Sonntag keine Aussicht auf Besserung. Dabei hatte ich mir für den Tag vorgenommen, an den Chiquita-See zu fahren, um meinen neuen Bikini auszuprobieren. Das Wasser war zwar noch zu kalt zum Schwimmen, aber man hätte eine Decke auf dem Boden
ausbreiten und sich sonnen können. Aber daraus wurde nun nichts.
    Meine Mutter musste an diesem Samstag arbeiten und Oleg schrubbte nun tatsächlich wieder Kilometer in seinem Laster. Ich war allein zu Haus und ich langweilte mich. Nur deshalb hab ich mich an den Computer gesetzt und Erlenhof angeklickt.
    Das war ein Fehler.
    Denn sie hatten ein neues Spiel, und das hieß: »Beauty Contest«. Also Schönheitswettbewerb.
    Wenn man die Seite öffnete, baute sich eine Fotogalerie auf.
    Tilly war darunter, natürlich Marcia und Felicitas, dann Justine mit ihren roten Haaren und den Sommersprossen, Babs und Cleo, Zwillingsmädchen aus der Neunten, beide so unglaublich blond... dann Vanessa (sie hat einen Superbusen) und, ebenfalls »gelistet«, Franzi aus der Zehnten. Ihre Mutter war Modedesignerin und deshalb hatte Franzi schon als Model für sie gearbeitet. (Das erzählte sie jedem, sogar mir.) Viele Schülerinnen - quer durch alle Klassen -, von denen ich nicht einmal die Namen kannte, tauchten in dem Contest auf. Es gab echt tolle Fotos, manche waren ein bisschen unscharf und andere falsch belichtet. Ich zappte mich durch die Galerie, bis ich auf einmal ein Mädchen sah, das mir vage bekannt vorkam. Ich schaute mehrmals hin, bevor mir klar wurde, dass ich es selber sein musste. Sie hatten mein Foto manipuliert. Ich war breit wie ein Schrank und meine Augen waren nur Schlitze in

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