Bokeh
so fotogen.
„Der wahre Joschi ...“, murmelt er, hält mich noch immer, „ist hier bei mir und viel stärker, als er selbst glaubt. Nicht nur außen eine Schönheit, sondern auch innen.“
Kann nicht mehr sprechen, kann dem Druck nicht standhalten. Mauern zerbröseln, gehen in Flammen auf, zerbersten im heißen Gefühl der Liebe zu ihm.
„Ich habe immer geahnt, dass mehr hinter deinem hübschen Gesicht steckt“, raunt Dirk, die Stimme belegt. „Aber wie unglaublich schön der wahre Joschi ist, habe ich nicht mal im Ansatz geahnt. Danke, dass du ihn mir gezeigt hast.“
Meine Wange ist feucht. Entkommene Tränen. Lautlos rinnen sie hinab, versiegen gleich wieder. Zu ungewohnt. Die ganze Situation. Fliehen ist keine Option.
Eigentlich habe ich gar keine mehr.
„Sei dieser Joschi für mich. Zeige der Welt von mir aus, was sie sehen will, aber verstecke dich nicht länger vor mir“, raunt er. „Ich liebe genau diesen, den sensiblen, den verletzlichen, den starken, den stolzen, den unglaublich schönen Joschi hinter der Schlampe. Nach dir habe ich gesucht und ich danke dir so sehr, dass ich ihn entdecken durfte.“
Feuchte Spuren in meinem Gesicht. Der Rest Tränen wird fortgeküsst. Verdunstet im Feuer seines Blickes, seiner Gegenwart.
Ich falle nicht mehr.
Kann nicht untergehen, denn er hält mich fest.
Leb wohl Jamie und nimm den ganzen Müll mit, den du bei mir hinterlassen hast. Ich brauche nichts davon. Ich habe etwas viel Besseres gefunden.
27 Bokeh
Die Sonne wandert weiter, die Welt dreht sich. Irgendwo fernab unserer Höhle.
Wir werden komplett ignoriert.
Genug Zeit, um beieinanderzusitzen, die Hände immer wieder auf Wanderschaft zu schicken, den Lippen neue Nahrung zu geben.
Ich beginne, diese Gegend zu mögen. Die Ruhe und die Gewissheit nicht gestört zu werden. Natur mit Dirk zu erleben ist einzigartig und ich verstehe ein wenig, was ihn daran reizt. Das Licht ist anders und es gibt keine einzige künstlich erzeugte Fläche hier.
Natur pur.
Raue Steine und mit der wandernden Sonne leider auch mehr Schatten. Es wird ungemütlicher.
„Wollen wir vielleicht noch einmal zum ... Wasserfall?“, schlage ich vor. Mir ist gerade danach. Ins Hotel zurück habe ich keine Lust. Ich möchte mit ihm alleine sein. „Vielleicht kriegst du da noch schöne Aufnahmen? Wenigstens ein paar?“
„Keine schlechte Idee.“ Dirk hebt die Arme in die Luft und streckt sich. Mit Bedauern gebe ich unsere innige Zweisamkeit auf, erhebe mich und ziehe ihn schwungvoll zu mir hoch. Ein Kuss muss noch sein. Oder auch mehrere.
Dirk gönnt mir noch einen letzten Blick auf seinen wundervollen Körper, bevor wir uns ankleiden. Heißer Besitzerstolz durchdringt mich. Mein Mann. Ein rundum tolles Paket. Ich habe mich nicht in ihm getäuscht: Er ist in jeder Hinsicht ein Traummann.
Nun ist es an mir, ihm zurückzugeben, was er mir schenkt. Und ich kann so viel für ihn tun, weiß um seine kleinen Schwächen, die ich perfekt ausgleichen kann. Wir sind füreinander geschaffen.
„Los, großer Fotograf, zeig mir mal, was du kannst“, fordere ich ihn auf und drücke ihm seine Tasche in die Hand. „Wie werden aus öden, grauen Felsen wunderbare Bilder? Und setz bloß die rosarote Brille ab. Reicht schon, wenn ich sie aufhabe.“ Lachend nimmt er seine Kamera und wir machen uns auf den Weg zu dem Miniwasserfall.
Dieser Ort gefällt mir ganz besonders. Ich mochte Wassertropfen schon immer, liebe dieses Funkeln. Wie kleine Edelsteine, die man nie festhalten kann. Unter den Wasserfall drunterstellen möchte ich mich heute allerdings nicht. Das war wirklich arschkalt. Obwohl mein feuriger Dirk mich danach ja aufwärmen könnte …
„Oh nein, du bleibst heute hübsch außerhalb des Wassers“, ermahnt er mich mit einem Kopfschütteln. „Aber du könntest dich … da auf den Felsen setzen.“ Er deutet darauf. Die Sonne wird von der glatten Oberfläche reflektiert und im Hintergrund glitzert das Wasser - eine perfekte Lokation.
Ich wende das Gesicht der Sonne zu, die Augen geschlossen, den Kopf ganz leicht in den Nacken gelegt und lasse die Wärme auf mich wirken.
Dieser Ort gehört uns, wird immer mit dem ersten Tag unserer frei eingestandenen Liebe verbunden sein. Gerade fühle ich mich unsagbar wohl.
„Joschi, dass ist … wow!“ Ich höre es mehrfach klicken, rühre mich nicht. Nur meine Mundwinkel heben sich zu einem zärtlichen Lächeln. Also bekommt er doch seine Fotos. Dabei mache ich nichts Besonderes,
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