Bold, Emely
Inbrunst hinter mir herrief:
„Du musst dich deinem Schicksal stellen! Du kannst nicht davon laufen!“
Und obwohl sie in einer mir fremden Sprache rief, konnte ich jedes einzelne Wort ihrer Prophezeiung verstehen. Eine Gänsehaut überzog meinen ganzen Körper. Ich suchte panisch nach einem Fluchtweg. Ich konnte nirgendwo hin. Doch als ich mich erneut nach ihr umdrehte, war sie verschwunden. Wo war sie hin? Ich suchte die felsige, karge Landschaft nach ihr ab. Sie blieb verschwunden. Erleichtert atmete ich auf, sank erschöpft auf die Knie und versuchte zu verstehen, wovor ich solche Angst hatte. Ein kalter Windhauch wehte von den Bergen herab und trug die Worte der Alten mit sich davon.
„Lauf!“
Paytons Warnruf brachte mich zurück in die Realität. Die Angst aus dem Traum hatte sich auf mich übertragen – und ich rannte los. Ich hatte kaum Vorsprung und der Hüne hinter mir würde mich mit Leichtigkeit einholen. Zum Glück hatte sich nun auch Payton wieder aufgerappelt und versuchte sich zwischen mich und Alasdair bringen. Ich schlug einen Haken, um Alasdair zu entkommen und tatsächlich wurde der Abstand wieder etwas größer. Ich hatte schon fast den Wagen erreicht, da entglitt meiner regennassen Hand der Schlüssel. Schnell ging ich hinter einem geparkten Wagen in Deckung und suchte den matschigen Boden ab. Wo war er nur?
Die Männer schlugen sich wieder. Ihre dumpfen Schmerzenslaute waren nicht weit entfernt. Dann war es still. Ich hörte nur noch meine eigenen panischen Atemzüge, die mich bestimmt verraten würden. Ich versuchte die Luft anzuhalten, aber sofort wurde mir schwarz vor Augen. Hektisch holte ich Atem und suchte weiter nach dem Schlüssel.
„Was verloren?“
Hämisch grinsend hielt Alasdair den Schlüsselbund in die Höhe.
Wo sollte ich jetzt noch hin? Ich konnte nicht fliehen, und von Payton war nichts zu sehen. Meine Beine zitterten vor Angst und Anstrengung, doch ich würde auf keinen Fall kampflos aufgeben. Ich musste Zeit gewinnen, bis Payton mir helfen konnte.
„Was willst du? Wer bist du?“, versuchte ich ein Gespräch zu beginnen, während ich mich weiter zurückschob und mir die nassen Haare aus dem Gesicht wischte.
„Viel interessanter ist doch, wer du bist, nicht wahr? Vielleicht verschone ich dich, wenn du mir alles sagst, was ich wissen will.“
„Was? Das muss eine Verwechslung sein, ich weiß überhaupt nicht, was hier los ist.“
„Lügnerin! Du glaubst wohl ich bin blind! Du kannst deine Abstammung nicht verleugnen!“
Er kam auf mich zu, zog mich an den Armen hoch und schrie mich an. Plötzlich verdrehte er die Augen und riss mich mit sich zu Boden. Payton stand schwer atmend mit einer Eisenstange hinter ihm. Da Alasdair halb auf mir lag, musste Payton den bewusstlosen Körper von mir herunterrollen, um mich hochziehen zu können.
„Schnell, bring dich in Sicherheit!“, rief er.
Doch noch immer hielt der Hüne den Schlüssel in der Hand.
„Payton, der Schlüssel!“, ich deutete auf die riesige Pranke.
Ich würde mich diesem Kerl auf keinen Fall nähern, selbst wenn er gerade so wehrlos aussah. Und das war auch gut so, denn als Payton sich zu ihm hinab beugte, hieb ihm Alasdair die Faust in den Magen. Schnell warf Payton mir den Schlüssel zu, ehe er sich erneut auf den Gegner stürzte. Ich wartete nicht, wie der Kampf ausging, sondern rannte zum Wagen. Obwohl ich in Europa mit siebzehn Jahren eigentlich nicht fahren dürfte, schwang ich mich hinters Steuer. Immerhin hatte ich ja einen Führerschein, aber eben nur in den Staaten. Der Motor sprang an und ich verriegelte die Türen von innen. Mit durchdrehenden Reifen preschte ich durch den Regen. Ich konnte nichts sehen, wo war der Scheibenwischer? Hektisch kippte ich die Hebel am Lenkrad vor und zurück, bis die Sicht endlich klar wurde. Dann schlug etwas gegen die Beifahrertür. Ich stieß einen spitzen Schrei aus und verriss das Lenkrad. Es war Payton. Er hing am Wagen, krallte sich an der Dachreling fest und versuchte, die Autotür zu öffnen. Erleichtert öffnete ich die Verriegelung und verlangsamte meine Fahrt. Ich hatte ohnehin keine Ahnung, wohin ich fuhr.
Als sich Payton auf den Sitz schwang, fühlte ich mich sofort besser. Wir waren zumindest vorerst in Sicherheit – und zusammen.
„Fahr da lang, und dann nach drei Meilen rechts in einen Feldweg.“, wies mich Payton an.
„Was war denn das? Was ist hier los? Wer war das, und was wollte er?“
Ich stand kurz vor einer
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