Bold, Emely
Panikattacke und meine Stimme überschlug sich.
„Später! Erst müssen wir sehen, ob er uns folgt.“
Wir rasten die Landstraße entlang und der Regen prasselte auf die Scheibe. Die Lichter der entgegenkommenden Autos wirkten bedrohlich und blendeten mich. Immer wieder warf ich einen Blick in den Rückspiegel, doch abgesehen von einem roten Transporter, der an der letzten Kreuzung abgebogen war, blieb es leer hinter uns. Langsam entspannte ich mich wieder etwas und meine Gedanken kreisten wieder um das Warum .
„Wir haben ihn abgehängt, oder?“
Payton saß mit gerunzelter Stirn da, dann nickte er.
„Ich denke schon. Fahr trotzdem weiter. Es ist nicht mehr weit.“
Er hatte etliche Platzwunden im Gesicht und hielt sich die rechte Rippe.
„Geht es dir gut?“, fragte ich vorsichtig.
„Hm, geht schon. Ich muss aber zugeben, dass es vorteilhaft gewesen wäre, wenn nicht gerade jetzt meine Selbstheilungskräfte geschwächt wären. Da vorne rechts.“
Die Einfahrt in den Feldweg hätte ich ohne Paytons Hinweis gar nicht gesehen. Eine alte Eiche verdeckte den schmalen Weg vor den Augen vorbeifahrender Autofahrer. Wie gut, dass wir einen Geländewagen fuhren, denn der Weg war als solcher kaum mehr zu erkennen. Als wir ein ganzes Stück fernab der Hauptstraße waren, bremste ich langsam ab. Vorsichtshalber ließ ich den Motor laufen, doch ich brauchte jetzt ganz dringend einige Antworten:
„Also, was ist hier los? Du sagst mir jetzt auf der Stelle die Wahrheit oder ich gehe zur Polizei. Dieser kranke Irre hat mich immerhin bedroht!“
Payton hatte die Lippen zusammengepresst und er sah nicht so aus, als wollte er mich einweihen.
„Payton, ich warne dich! Das geht auch mich etwas an!“
Bedauernd zuckte er die Schultern.
„Ja, du hast ja recht. Du wirst es sowieso erfahren, da kann ich dir die Sache auch selbst erklären. Es ist so: Dieser Mann war Alasdair, einer der Männer, die ebenso wie ich verflucht wurden.“
„Das habe ich mitbekommen, aber was will er von mir?“
„Ich weiß, ich hätte dir das schon längst sagen sollen, aber ich wusste nicht, wie!“
„Was denn?“
„Ich habe dir doch von der Nacht erzählt, in der wir verflucht wurden. Und ich habe dir gesagt, dass wir die Burg unserer Feinde gestürmt haben.“
„Payton bitte, was soll das? Das alles ist doch hunderte von Jahren her, was soll das mit mir zu tun haben?“
„Ganz einfach, dich sollte es eigentlich nicht geben.“
„Wie bitte? Was soll das heißen?“
„Der verfeindete Clan, es war der Clan der Camerons. Ganz offensichtlich stammst du von ihnen ab.“
„ Ich? Ich stamme doch nicht von einem schottischen Clan ab, meine Eltern sind beide Amerikaner.“
„Sam, du stammst ganz sicher von den Camerons ab. Das habe ich im ersten Moment erkannt, als ich dich sah. Auf dem Glenfinnan Monument hat mir die Ähnlichkeit die Sprache geraubt und darum musste ich ja auch herausfinden, wer du bist.“
„Was? Du musstest herausfinden, wer ich bin? Bist du irre? Hast du mich etwa verfolgt? War das alles, was du von mir wolltest? Mir nachsteigen, weil ich zufällig so aussehe, wie jemand, der vor etlicher Zeit gelebt hat? Ihr spinnt doch!“
„Sam, hör doch zu, du musst mich verstehen: Die Schmerzen, die Ähnlichkeit und dann noch das Amulett, ich musste wissen, was das für mich oder für uns alle bedeutet. Du bist immerhin der Grund, dass sich der Fluch verändert. Und nicht nur bei mir, sondern bei allen. Denn sonst hätte ich Alasdair heute niemals auch nur ein Haar krümmen können.“
„Der Fluch, der Fluch! Ich verstehe immer noch nicht, was mich euer Fluch angeht. Ich will, dass deine Leute mich in Ruhe lassen!“
„Das kann ich dir nicht versprechen, denn sie sind überzeugt, dass wir alle deinetwegen sterben werden.“
„Okay, okay, jetzt mal von vorne: Warum betrifft mich denn der Fluch, selbst wenn ich tatsächlich von den Camerons abstammen sollte? Was haben euch denn die Camerons getan?“
„Du stellst die falsche Frage: Was haben wir den Camerons angetan, das ist es, was du wissen musst, und das ist es auch, was ich dir am liebsten niemals sagen würde.“
„Warum? Was habt ihr denn getan? Ihr hattet einen Kampf, du hast gesagt das war damals an der Tagesordnung.“
„Nein, Sam, es war kein Kampf: Es war ein Massaker! Wir stürmten die Burg, die Camerons waren vollkommen überrascht, die meisten Bewohner wurden schlafend in ihren Betten ermordet. Cathal ordnete an, niemanden zu verschonen –
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