Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)
Hadley gebracht hatte, nachdem er sie in sein Taxi verfrachtet hatte.
Was war also geschehen?
Er hatte es sich anders überlegt.
Er war unterbrochen worden und zu seinem bereitstehenden Wagen gerannt.
Er würde sie niemals umbringen.
Es spielte wirklich keine Rolle. Das war vorüber.
Während ich im strömenden Regen herumlief, war ich nicht mehr bloß nass, sondern durchgeweicht. Und gerade, als ich entschieden hatte, dass ich keine Skateboarder zu sehen bekäme, bevor das Unwetter abgeflaut wäre, materialisierten sich vier, alles weiße Jungs. Sie kamen aus vier verschiedenen Richtungen direkt auf mich zu, wie Tiere, den Blick auf ihr Opfer gerichtet. Als Zuschauer hätte ich gelacht; sie sahen aus wie etwas aus dem alten Film
West Side Story
– ein choreografiertes Klischee.
Es wurde weniger komisch, als sie rasch und sehr nah auf mich zukamen, aber alle flogen in einem Zickzackmuster an mir vorüber. Dann sammelten sie sich, weil sie glaubten, ich würde davonlaufen. Wahrscheinlich hatten sie dieses Spiel schon viele Male zuvor gespielt. Es perfektioniert.
Ich musste mit ihnen reden und wollte nicht herumhängen. Die rascheste Weise, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, bestand darin, eine neue Variante von Feigheit zu zeigen.
Ich rührte mich nicht. Gab bloß ein Zeichen, das bedeuten sollte:
Tut’s doch, ihr kleinen Arschlöcher.
Und sie taten es – ein Junge in schwarzem Trainingsanzug und einer schwarzen umgedrehten Baseballkappe mit einem Schädel und gekreuzten Knochen darauf schnappte das Hinterteil seines Bretts und sprang über meine linke Schulter. Der Nächste, der so etwas wie Cowboykleidung trug, mit Sporen an den Skaterschuhen, tat dasselbe. Nur fuhr er rückwärts und sprang über meine rechte Schulter. Die anderen beiden, regenfest gekleidet, mit flatternden Windjacken, kamen direkt auf mich zu. Da glaubte ich, ich würdetatsächlich einen Schlag abbekommen, sodass die kürzlich erworbenen Nähte reißen würden – aber beide schwangen zur Seite, wobei das Wasser hochspritzte, sprangen mit ihren Brettern hoch in die Luft und packten sie, als sie herabwirbelten.
Alle vier begannen von vorn, aber als der Cowboy auf einen Gully unter einem kleinen Regenwasserteich traf und unzeremoniell von seinem Brett getrennt wurde, gebot ich dem Spiel Einhalt.
Der Junge in dem schwarzen Trainingsanzug sauste heran und blieb einen Zentimeter vor meinem Gesicht stehen.
»Alter, bist du bekloppt – oder was?«, fragte er.
»Ich möchte mit euch reden«, erwiderte ich.
»Ich«, sagte er, »ich hab nie nix gemacht.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Ich möchte mit dir und deinen Freunden da drüben reden.«
Die drei anderen Jungs hatten sich etwa sechs Meter weiter platziert.
»Du siehst nicht wie ’n Bulle aus«, sagte er.
Zum einen gehen Bullen wahrscheinlich nicht mit verbundenen Händen zur Arbeit, aber ich akzeptierte seine Meinung als etwas einsichtigere Beobachtung.
»Danke«, sagte ich.
»Bist du vom Reality-Fernsehen?«, fragte der Junge. »Wir haben voll was drauf.«
»Nein«, entgegnete ich. »Tut mir leid. Nur ein paar Fragen. Ich zahle.«
»Wir sin keine Schwulen«, sagte er.
»Nur ein paar Fragen«, wiederholte ich.
»Un was?«, fragte er.
»Hol deine Freunde, und ich sag’s euch.«
»Dann rück mal die Kohle raus, Alter«, sagte er.
Ich gab keine Antwort.
»Okay«, sagte er und fuhr zu seinen Freunden hinüber.
Nach einem kurzen Wortwechsel machten sich die beiden in den Windjacken davon, und der Rodeo-Skateboarder kehrte mit seinem Freund zurück.
»Wohin sind die?«, fragte ich.
»Die haben dich für ’n Bullen gehalten«, erwiderte Trainingsanzug.
»Und was sind sie, Schwerverbrecher?«
Cowboy lachte, und Trainingsanzug zuckte die Schultern.
»Du bis ’n Filmscout?«, fragte er.
»Nein«, erwiderte ich. »Ich bin ein Privatdetektiv.«
Überrascht sahen sie einander an. Die einzigen Detektive, denen sie wahrscheinlich begegnen würden, wären diejenigen, die sie einbuchteten.
»Hübsche Uhr«, sagte ich, als ich die Rolex bemerkte, die Cowboy trug. Sie war so groß, dass man sie kaum übersehen konnte. »Sieht aus wie ’ne gute Fälschung. Woher hast du die, Canal Street?«
»Das is kein Fake«, sagte der Junge. Der andere Junge warf ihm einen Blick nach dem Motto »halt doch das Maul, verdammt!« zu, und er redete nicht weiter.
Zwei Minuten und zwei Zwanziger brachten mir die Namen der Jungen ein, die Narinder Singh beschrieben hatte. Die beiden
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