Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)
wartete einige lange Augenblicke, bis Fallon schließlich sagte: »Er trägt rote Schuhe. Rote Skaterschuhe.«
Der High Line Park liegt knapp oberhalb vom Standard, nur wenige Minuten per Skateboard von der Twenty-Sixth Street entfernt.
Östlich der Tenth Avenue, die parallel zum Hudson River verläuft, zehn Meter über dem Boden auf einer Strecke, die einmal die Güterzugstrecke der West Side Line war, ist der High Line der neueste, sauberste und merkwürdigste Park der City.
Sloane mag ihn, weil er ihn, wie er sagt, an die Promenade Plantée in Paris erinnert. Ich weiß nicht viel von Paris, aber ich weiß, dass für eine lange Zeit, nachdem der Eisenbahnverkehr auf der Hochbahn vor dreißig Jahren eingestellt wurde, Bäume und hohes Gras wild entlang der verlassenen Strecke wuchsen, und jedes Kind, auch ich, das jemals dorthin gezogen ist, war sich gewiss, sein eigenes geheimes Paradies gefunden zu haben. Und da nicht sehr viele Menschen von diesem städtischen Eden wussten, war es ein ausgezeichneter Ort, um meinen Stammkunden Drogen zu verkaufen.
Ich hatte die High Line in ihrer neuen Inkarnation nicht absichtlich gemieden, aber ich vermute, ich wollte nicht sehen, wie sie sich verändert hatte – insbesondere, nachdem ich jemanden hatte sagen hören, sie würden versuchen, die Romantik der Ruine beizubehalten.
Ich stieg die Treppe vom Eingang Fourteenth Street hinauf und entdeckte, dass der Ort nicht so schlecht aussah, wie ich gedacht hatte.
Sie hatten eine hübsche grüne Landschaft über der großen stählernen Plattform entworfen, die von riesigen Stahlsäulen gestützt wurde. Ein Springbrunnen hier, ein Springbrunnen dort, Betonsäulen, von denen jemand geglaubt haben musste, sie wären ein Widerhall der alten Eisenbahnschwellen. Hohes Gras, das genauso aussah wie eh und je, und jede Menge hübscher Blumen, die sorgfältig gesetzt waren, damit sie nicht so aussahen, als seien sie sorgfältig gesetzt worden.
Weil es überhaupt keine hohen Bäume gab, hatte man eine Rundumsicht auf die City. Und ein freier Blick auf den größtenTeil des Parks machte aus dem ersten Mord an der High Line einen sehr kühnen, ausgeführt von einem sehr dreisten Mörder.
Ich lehnte mich an eine Bank, rief Meriwether an und sagte ihm, er solle die Tänzerin nicht aus den Augen lassen. Dann versprach ich mir einen langen Besuch der Kalahari-Wüste, weil ich den verdient hatte, nachdem ich durch diesen Regen gegangen war, der niemals aufzuhören schien.
Eine größere Gruppe von Polizisten als üblich stand auf der anderen Seite des regennassen gelben Absperrbands. Etwas abseits sah ich Linda Goode unter ihrem großen schwarzen Regenschirm stehen, die mein Herannahen beobachtete.
Sie winkte mich an einigen Polizisten vorbei, die auf mich zukamen, und ich folgte ihr dorthin, wo Fallon in eine Debatte mit einem vorzeitig kahl werdenden Mann in einem leichten Sommeranzug verstrickt war, der trotz der Nässe viel zu gut aussah, um einem einfachen Detective zu gehören.
Vielleicht sollte ihm jemand sagen, dass es kahl nicht mehr gibt. Unglückliche, kahl werdende Männer sind heutzutage glückliche Hipster mit rasierten Köpfen. Wer meine Eltern auch gewesen sein mochten, sie reichten ihre guten Haargene weiter – oder zumindest behauptet Rue das. Also danke, Leute, wo ihr auch sein mögt.
»Aus dem Büro des Polizeipräsidenten«, flüsterte Goode. »Henry Kuzon. Sprecher der Task Force. Sie trauen uns nicht zu, etwas Gescheites zu sagen.«
»Und Sie, Detective Goode«, sagte der Sprecher und trat von Fallon weg.
»Ja«, sagte Goode ruhig.
»Sie werden uns alle neuen Erkenntnisse mitteilen. Und ich meine wirklich alles. Wer ist das?«
»Ich bin Nick Sayler«, erwiderte ich.
»Und wer hat ihm gestattet, herzukommen?«
»Er ist unser ziviler Beobachter«, erklärte Fallon.
»Ziviler Beobachter«, wiederholte der Sprecher säuerlich. »Ich habe noch nie von einem zivilen Beobachter gehört, und ich kenne sämtliche Programme.«
»Na ja, dann müssen Sie Ihre Hausaufgaben erledigen«, sagte Goode. »Das Department hat das vor etwa fünf Jahren eingerichtet. Es betrifft die professionellen Exekutivorgane und …«
»Na gut, Detective, schön, verstanden«, sagte Kuzon, der mich daraufhin anfunkelte und Fallon an seine Seite winkte.
Die beiden verschwanden außer Hörweite, und Kuzon redete ärgerlich auf Fallon ein, der nickte.
Nachdem er seine Gardinenpredigt beendet hatte, nickte Kuzon uns knapp zu und eilte
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