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Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition)

Titel: Bolero - Ein Nick-Sayler-Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanie McDonell
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die alte Geschichte, was passiert, wenn ein arroganter kleiner Rabauke sich für kugelfest hält. Er wird immer dreister, bis er schließlich, wenn er Glück hat, erwischt wird, bevor ihn jemand umbringt.
    Vermutlich hat sich die Glücksgöttin von mir scheiden lassen, als mich drei Bullen in der Herrentoilette einer Bar auf der Rivington Street festnahmen. Eine halbe Stunde zuvor hatte ich gerade eine gewaltige Menge verscherbelt, daher hatte ich nicht genügend Kokain dabei, um als Dealer angeklagt zu werden. Bloß als User, was schon schlimm genug war.
    Die Nonnen waren schockiert über die Nachricht von meiner Verhaftung und benötigten eine göttliche Erklärung, also machten sie sich samt und sonders ans Beten.
    Alle außer Schwester Mary A. Sie hatte mich einen harten Kampf mit Gott ausfechten lassen, weil sie sich gewiss war, dass er stets gewinnen würde. Sie hatte nicht erwartet, dass meine Verhaftung in seinem Plan gelegen hatte, und sie war wütend auf uns beide. Sie ließ das Gebet sausen und rief Sloane an. Er war bereits enttäuscht gewesen, als ich mich weigerte, aufs College zu gehen, selbst wenn er für mich die Kosten übernahm. Er war ebenso wütend wie Schwester Mary A, heuerte trotzdem einen Anwalt an, den ich feuerte, weil ich mich zu sehr schämte, etwas von ihm anzunehmen.
    Der Richter ließ mir die Wahl, entweder ins Gefängnis oder zur Armee zu gehen. So oder so wäre ich ein Gefangener. Bei den Marines wäre ich wenigstens an der frischen Luft.
    Drei Tage nach der Gerichtsverhandlung tauchte Don King, der Boxveranstalter mit der berühmten Frisur und den Millionen-Dollar-Abschlüssen, in der Turnhalle auf, um nach einem seiner Jungs zu schauen, der dort trainierte.
    Ich schlug auf den Speed Bag ein und bemerkte ihn erst, als er unmittelbar vor mir stand.
    »Ich habe dich früher schon beobachtet«, sagte er. »Im Ring.«
    »Habe ich nicht gewusst«, erwiderte ich.
    »Ja, ich habe so meine Art«, sagte er. »Und du hast die Kämpfer gesehen, die ich betreue? Geht nicht drum, ob er einen Burschen k.o. schlägt. Geht drum, wie er den Burschen k.o. schlägt. Stil, Improvisation. Also habe ich dich mal näher unter die Lupe genommen. Einen solchen linken Haken habe ich seit Basilio nicht gesehen. Und solche blauen Augen seit Cooney nicht.« Er tätschelte mir die Wange. »Zu dumm, dass du nichts in der Birne hast.«
    Er verlor kein Wort darüber, dass ich hopsgenommen worden war. Er meinte, dass ich gerade mal sechs Monate hätte sitzen müssen, wenn ich schlau genug gewesen wäre, jemanden zu finden, der mit dem System umgehen konnte. Er sollte es wissen; er hatte bloß vier Jahre runtergerissen, nachdem sein Anwalt die Anklage wegen Mordes auf eine wegen Totschlags herabgestuft hatte.
    »Melde dich, wenn du nach deiner Rückkehr immer noch heil und ganz bist. Ich bin hier.«
    Ich ging in der Hoffnung zu den Marines, nach meiner Entlassung Profiboxer werden zu können. Ich wäre bloß ein paar Jahre älter. Stärker. Und bereit, klein anzufangen, wie viele andere gute Boxer. King würde mich weiterbringen, weil eine so gute Linke wie die meine einen Idioten alle Tage aufwog.
    Diese Hoffnung, die mich aufrecht gehalten hatte, starb zusammen mit den beiden Burschen aus meiner Kompanie in einer saudischen Grenzstadt namens Khafji. Alle sagten, ich hätte Glück gehabt, bloß mit einem zerschmetterten Bein rausgekommen zu sein.
    Und ich hatte Glück gehabt, aber das Bein wäre nie mehr dasselbe. Boxen sollte meine Zukunft sein. Kaputtes Bein, keine Zukunft. Kein Ziel.
    Ich würde nie zu den Nonnen zurückkehren, die ihre eigenen Probleme hatten. Sie alle wurden älter, und weil sie exkommuniziert worden waren, hatten sie sämtliche Vergünstigungen seitens der Kirche verloren. Nur Sloane, der sich bei meiner Rückkehr im Auftrag von »Ärzte ohne Grenzen« in Afrika aufhielt, stand zwischen ihnen und der Armut.
    Ich war verloren, und dass der Abgrund, wenn man nur lange genug hineinsieht, deinen Blick erwidert, das stimmt so nicht. Nichts erwidert deinen Blick. Ich habe den ersten Job angenommen, den ich kriegen konnte, und nach fünf Jahren bei Owen Security Inc. war ich an den Abgrund gekettet.

14
    Das Klingeln meines Handys war eine willkommene Ablenkung von der Erinnerung, bis ich die Stimme von Fallons Partnerin hörte, Linda Goode.
    »Ich warte auf dich«, sagte sie.
    »Lass mich mit Fallon reden«, sagte ich.
    »Er ist nicht hier.«
    Ich schwieg und wartete, dass sie ausführlicher wurde.

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