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Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Bomann, Corinna - Clockwork Spiders

Titel: Bomann, Corinna - Clockwork Spiders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Corinna Bomann
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Gabeln aus dem Werkzeugkasten gefischt hatte, warf sie einen beiläufigen Blick aus dem Fenster. Dort meinte sie, den Umriss eines Mannes zu sehen, der sich in dem Durchgang herumdrückte, durch den sie gekommen waren. War ihnen einer der Räuber gefolgt? War vielleicht die gesamte Bande wieder auf den Beinen?
    »Alfred?«, wandte sich Violet an den Butler, der immer noch damit beschäftigt war, die Messer und Gabeln aus den Wänden zu ziehen.
    »Ja, Mylady?«
    »Schauen Sie mal aus dem Fenster. Sehen Sie den Mann da hinten?«
    Alfred richtete sich auf, blickte dann wie zufällig zur Seite. Ein Moment reichte ihm aus, um zu erkennen, was Violet sah. Gerade, als wäre nichts, wandte er sich wieder der Wand zu, sagte dann aber: »Da steht tatsächlich jemand. Wünschen Sie, dass ich mir den Burschen einmal näher ansehe?«
    »Vielleicht wäre das nicht schlecht, allerdings sollten Sie diskret vorgehen.«
    »Selbstverständlich, Mylady.«
    Alfred verharrte noch einen Moment vor der Wand, bückte sich dann und hob den Abfalleimer auf, in den die Besteckteile gewandert waren, die nach ihrem Abschuss nicht mehr zu identifizieren waren. Sich den Anschein gebend, lediglich den Müll hinausbringen zu wollen, eilte er durch die Halle in den kleinen Vorraum.
    Während er sich der Tür näherte, schossen tausend Gedanken durch Alfreds Hirn. Meist gelang es ihm gut, die Bilder der Vergangenheit in den geheimen Winkeln seines Verstandes unter Verschluss zu halten, doch in Augenblicken wie diesem überfielen sie ihn wie Buschräuber. Vor nicht allzu langer Zeit hatte er sich noch selbst in dunklen Ecken herumgedrückt, hatte Leute beobachtet und unliebsame Personen auf der Straße angehalten.
    Das, was er vorhin mit den Räubern gemacht hatte, war im Gegensatz zu seinen früheren Taten nur eine kleine Gymnastikübung gewesen.
    Irgendwann hatte er es sattgehabt, wie ein Todesengel durch die nächtlichen Straßen von Shanghai zu wandern, und beschlossen, in die Heimat zurückzukehren – auch wenn das bedeutete, dass er nie wieder der alte sein, nie wieder zu den geliebten Plätzen und Menschen würde zurückkehren können. Und von nun an stets den Atem des Todes im Nacken zu spüren. Auf das, was er getan hatte, stand die Todesstrafe.
    Als er die Tür leise öffnete, stand der Mann immer noch im Durchgang. Wartete er auf ihn?
    Alfred kämpfte seine Angst nieder und verlegte sich auf das, was er dank seiner Zeit in Shanghai am besten konnte: seine Gedanken vollkommen ausschalten und sich nur auf die jeweilige Situation konzentrieren.
    Als der Mann kurz seinen Kopf senkte, schlüpfte Alfred nach draußen und verbarg sich im Schatten. Sein pochendes Herz schärfte seine Sinne, sodass er Tabakrauch bemerkte. Eine glühende Spitze sah er nicht, wahrscheinlich hatte der Beobachter seine Zigarre gerade auf dem Boden ausgetreten, doch der Rauch haftete ihm an und war wegen seines Aromas deutlich von dem Qualm der Stadt zu unterscheiden.
    Ostindien, ging es Alfred durch den Kopf. Die Zigarren mussten von dort stammen. Waren sie wirklich hier?
    Seine Hand wanderte unter seine Jacke, wo er die nützliche Waffe verstaut wusste, die ihm schon so manch guten Dienst geleistet hatte. Wenn es nötig war, würde er kämpfen, allerdings ohne die junge Herrin in Gefahr zu bringen. Er würde den Mann entweder rasch erledigen oder in eine Gasse locken. Das beruhigende Metall an seinen Fingerspitzen schlich er durch den Schatten. Der Rauchgeruch kam näher. Der Beobachter scharrte mit den Füßen. Dann schnellte sein Kopf auf einmal nach oben. Hatte er etwas bemerkt?
    Alfred ärgerte sich darüber, dass er offenbar aus der Übung war. Früher hatte er sich so leise an einen Menschen heranschleichen können, dass dieser seine Präsenz erst spürte, wenn er bereits sein Messer zwischen den Rippen hatte. Doch diese Zeiten waren offenbar vorbei.
    Tatsächlich musste der Mann ihn bemerkt haben, denn nachdem er kurz gelauscht und seinen Kopf in Richtung des Labors gewandt hatte, machte er auf dem Absatz kehrt und rannte plötzlich wie von der Tarantel gestochen los. Alfred schoss aus dem Schatten, doch er war zu langsam. Ehe er aus dem Durchgang heraus war, war der Beobachter bereits verschwunden.
    Einen saftigen Fluch ausstoßend blickte sich der Butler um, sah aber nur noch eine alte Katze, die über die Straße humpelte. Rasch zog er sich wieder in den Torbogen zurück.
    Was war das nur für ein Kerl?, fragte er sich, während er seine Waffe wieder

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