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Bombe an Bord (Haie an Bord)

Bombe an Bord (Haie an Bord)

Titel: Bombe an Bord (Haie an Bord) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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wurde umfriedet von einem hohen
Drahtzaun, den oben Stacheldraht krönte. Auf dem Gelände hätten zwei
Fußballplätze nebeneinandergepaßt — allerdings ohne die Tribünen.
    Die Gebäude ordneten sich O-förmig an —
mit einem Platz in der Mitte: zwei schmucklose Häuser, die sich
gegenüberstanden, Flachbauten, ehemalige Ställe.
    Nur die Eingeweihten wußten, welche
menschlichen Tragödien hier Tag für Tag stattfanden, wieviele Tränen flössen
und wieviel Böses gesät wurde.
    Carina fuhr durch das Tor. Es stand
offen. Auf dem Platz parkten ein Alfa Romeo, ein Lancia und ein Jeep. In einem
der Häuser dudelte ein Radio. Carina stellte ihren Wagen neben den Jeep und
stieg aus.
    Sie blieb stehen, um sich einen
Zigarillo anzuzünden. Hinter den spiegelnden Gläsern ihrer Sonnenbrille waren
die dunklen Augen nicht zu sehen.
    Während sie den Blick wandern ließ,
dachte sie nach.
    Als Diebin hatte sie gearbeitet, seit
sie denken konnte. Das hatte Tradition in ihrer Familie, wurde betrachtet wie
jeder andere Beruf. Sie war viel herumgekommen in Europa — als Taschen- und
Hoteldiebin — und niemals aufgeflogen. Ihre Fingerfertigkeit hatte sie gut
ernährt. Sie wollte Gianni, ihren Sohn, in die Geheimnisse einweihen. Aber der
hatte keine Neigung gezeigt, sondern nur von Motorrädern geträumt — und davon
gesponnen, eines Tages als Rennfahrer in die Weltspitze vorzustoßen. Nun, das
war vorbei, ihr Sohn tot; und seit anderthalb Jahren gab es dieses LAGER.
    Was sich hier abspielte, war sicherlich
einmalig auf der Welt.
    Die Idee dazu stammte vom Chef, einem
Deutschen. Die meiste Zeit des Jahres lebte er in Isoputavabella. Er galt als
reicher Müßiggänger, besaß im Villenviertel einen schicken Bungalow und im
zweiten Jachthaften einen Liegeplatz für seine Poseidon, eine Motorjacht.
    Sie war nichts Großartiges, kein Schiff
zum Angeben und bestimmt kein Regatta-Sieger. Aber den Katzensprung über die
Adria nach Jugoslawien schaffte sie allemal. Was sie bei Nacht — und
hoffentlich auch Nebel — von dort herüberschmuggelte, mußte vor Staat und
Polizei verborgen bleiben.
    Der Chef schmuggelte Kinder: Jungen und
Mädchen. Sie waren zwischen acht und zwölf Jahre alt und belastet mit dem
grausigsten Schicksal: Ihre Eltern hatten sie verkauft.
    Ein unvorstellbarer Gedanke. Trotzdem
wahr.
    Die Kinder stammten aus dem südlichen
Jugoslawien. Ihre Eltern waren armselige Bauern oder Tagelöhner — die kaum
genug zum Leben hatten. Selbstverständlich entschuldigt das ihre
grausam-herzlose Entscheidung, die Kinder zu verkaufen, nicht. Wie später festgestellt
wurde, führten die meisten Eltern als Rechtfertigung an, daß ihr Kind es
anderswo keinesfalls schlechter, aber sicherlich besser haben würde als daheim.
Freilich: Was tatsächlich mit ihnen geschah — danach fragten sie nicht.
    Für Geld also wurden die Kinder
verkauft — an einen Mittelsmann, der sich in den abgelegenen Gegenden des
Landes nach Kindersklaven umsah. Von ihm übernahm der Chef der EINGEWEIHTEN,
wie die Verbrecher-Organisation ihre Mitglieder nannte, die menschliche Ware.
An Bord der Poseidon wurden die Kinder über das adriatische Meer nach
Isoputavabella verschifft, hier im zweiten Jachthafen entladen und ins LAGER
gebracht. Verstörte, weinende, zutiefst entsetzte Kinder.

    Noch ahnten sie nichts von ihrem
Schicksal.
    Zunächst wurden sie wie Gefangene
gehalten, bewacht von drei Typen, für die Mitleid ein Fremdwort ist: Carlo
Pratolini, Massimo Alvaro und Marko Kovic, dem Jugoslawen. Der deutsche Chef
trat als Wächter kaum in Erscheinung.
    Zug um Zug wurden die Kinder dann auf
ihre künftige Aufgabe vorbereitet. Das Endziel war, sie zu kleinen Verbrechern
zu erziehen. Zu Taschendieben, Einbrechern, Raubtätern, sogar zu Bankräubern.
Nicht jedes Kind eignete sich für jede Tätigkeit. Deshalb erfolgte die
Ausbildung schwerpunktartig.
    Carina bildete die Taschendiebe aus,
die drei Männer machten vertraut mit den Techniken der Einbrecher. Raub und
Bankraub waren zunächst noch Fernziele. Erst mit höherem Alter, körperlicher
Robustheit und bei entsprechender Eignung wollte man das in Angriff nehmen.
    Um die Kinder gefügig zu machen, waren
Schläge mit dem Rohrstock, Ohrfeigen und Einzelarrest (Haft) in dunklen
Zellen an der Tagesordnung.
    Nach erfolgreicher Ausbildung zum Dieb
— was acht bis 14 Monate dauerte und ein umfassendes Training beinhaltete —
wurden die bedauernswerten Geschöpfe auf die Menschheit losgelassen. Nicht nur
in

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