Bombe an Bord (Haie an Bord)
nicht, daß sich die kleinen Diebe nur aus einem Gefühl nationaler
Zusammengehörigkeit eingemischt haben, als der Messerheld parterre ging.“
„Er ist sicherlich der Boss der Diebe“,
meinte Klößchen.
„Genau.“ Tim legte den Arm um Gaby, was
weitere Klopf-Massage unmöglich machte. „Und er wußte inzwischen, daß wir das
Diebes-Pärchen auf dem Korn haben. Vorhin stand Pferdegebiß in unserer Nähe.
Bei der Vitrine nämlich. Deutsch spricht er prima, wie wir jetzt wissen. Also
konnte er uns belauschen. Daß er auf dich losging, Gaby, war sicherlich nicht
nur die reine Anmache. Sondern in diesem Fall ein Vorwand zur Keilerei. Wir
sollten eins auf den Deckel kriegen. Damit wir von den Kleinen die Finger
lassen.“
„Sieht irre nach organisiertem
Verbrechen aus“, sagte Gaby. „Und zwar nach schändlichstem, denn Kinder sind
beteiligt. Das bedeutet, sie werden ausgenutzt, wie es schlimmer nicht geht.
Das sind ja schon richtige Profis.“
Die Jungs nickten.
Klößchen wandte den Kopf ab und spuckte
ein Stück Tomatenhaut aus.
Dann deutete er zu Boden. „Das hat er
verloren. Ist ihm aus der Tasche gefallen, als du ihn gewirbelt hast, Tim.“
„Was?“ Tim sah nichts, weil der
Gegenstand hinter seinen Füßen lag.
Es handelte sich um ein kleines
Lederetui für Fotos.
Vier Klarsichthüllen zum Einschieben
der Bilder befanden sich zwischen den Lederdeckeln. Alle Hüllen waren mit je
zwei Fotos belegt. Die Fotos lagen Rücken an Rücken und zeigten Mädchen, die es
offenbar auf nahtlose Sonnenbräune abgesehen hatten.
Klößchen wurde rot, sah aber nicht weg.
„Ach, so einer ist das“, meinte Karl
und putzte seine Brille.
Gaby sagte: „Das geht uns nichts an.
Wirf es weg, Tim. Außerdem ist es hier verboten, sich so zu sonnen.“
„Stimmt!“ Tim holte bereits aus, um die
Foto-Sammlung dem nächsten Papierkorb zu übergeben, hielt dann aber inne und
sah abermals nach.
„Heh, was ist?“ fragte Gaby.
Triumphierend zog Tim das achte und
letzte Foto aus der Klarsichthülle.
„Ich glaube, hier haben wir was. Eine
Spur.“
Alle Köpfe beugten sich über das Foto.
„Ein Schiff!“ stellte Klößchen fest.
„Wahrscheinlich ein Hochseedampfer.“
„Blödsinn!“ wies ihn Tim zurecht. „Das
ist eine Motorjacht, aber keine sonderlich große. Waaaaaassss? Ich glaub, mein
Borkenkäfer tanzt Samba! Erkennt ihr die Frau?“
Klößchen konnte nur grunzen.
Karl sonderte ein Zischen ab durch
mehrere Zahnzwischenräume.
Gaby setzte zweimal zum Sprechen an.
„Das ist... ist das... etwa... diese Carina Tegati?“
„Jaaaa“, röhrte Klößchen. „Ist sie.“
Tim nickte. „Ich stand ja vor ihr. Nie
werde ich den Blick vergessen. Die hat Hexenaugen. Aber wer sind die andern?“
Es war ein Farbfoto, aber die
Motorjacht ziemlich blaß. Überwiegend grau und weiß. Vielleicht brauchte sie
einen neuen Anstrich.
Jedenfalls lag sie an einem Pier, und
der Liegeplatz schien sich in totaler Einsamkeit zu befinden, denn hinter und
zu beiden Seiten der Jacht sah man viel Wasser, aber kein zweites Schiff.
Auf dem Pier hatten sich zum
Gruppenfoto fünf Personen aufgestellt. Alle lächelten in die Kamera. Vielleicht
war das Foto mit Selbstauslöser gemacht worden.
Ganz links stand Pferdegebiß. Er
grinste wie ein Hai. Neben ihm nahm Carina Tegati eine elegante Haltung ein,
kreuzte nämlich die Beine und stützte eine Hand auf die Hüfte.
In der Mitte postierte sich ein großer,
knochiger Typ mit tiefliegenden Augen. Er hatte ein fahles Raubvogelgesicht und
konnte kein Italiener sein. Eher war’s ein Mitteleuropäer, vielleicht ein
Deutscher.
Der nächste war ein hünenhafter
Italiener mit pockennarbigem Gesicht. Den Abschluß rechts machte ein
vierschrötiger Typ mit niedriger Stirn und groben Zügen.
„Ich wette, der in der Mitte ist der
Skipper ( Kapitän eines Sportbootes )“, sagte Tim.
„Die andern sind die Leicht- und die
Vollmatrosen“, meinte Klößchen.
„An Bord einer kleinen Motorjacht braucht
man keine Matrosen“, wurde er von Karl belehrt. „Die andern sind wahrscheinlich
seine Gäste.“
„Schöne Gäste!“ brummelte Klößchen.
„Ein Messerstecher und eine Diebin.“
„Ist euch eigentlich klar“, sagte Tim,
„was wir hier in der Hand haben? Man braucht keinen sechsten Sinn, um zu
merken: Diese fünf Gestalten sind kein Verein zur Pflege italienischen Liedguts
und auch kein Freundeskreis für Denkmalpflege oder bleifreies Motorbootfahren.
Willi sagte es: Eine Diebin;
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